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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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beschloss, zu warten. Zum ersten Mal fielen mir die Türen zur Rechten und Linken auf. Manche standen halb offen und Radioklänge drangen hinter flatternden Vorhängen hervor nach draußen. Rechts von mir ging eine Tür auf und eine Frau kam mit einem Eimer in der Hand heraus. Als sie an mir vorbeiging, sah sie mich flüchtig an, dann ging sie in eine Ecke, und ich hörte, wie das Wasser aus dem Hahn in ihren Metalleimer platschte. Ich drehte mich um und ging.
    Am nächsten Tag hockte ich auf meiner Matte, starrte zu Zaq hinüber, sagte nichts, aß, sobald die Frauen Essen brachten und ging auf die Latrine, wenn es mich drückte. Als die Sonne schon den ganzen Weg über den Himmel abgewandert hatte und immer noch nichts geschehen war, niemand mit uns geredet hatte, legte ich mich auf den Rücken und schloss die Augen. Ich schonte meine Kräfte, wie Zaq vorgeschlagen hatte. Boma machte sich inzwischen bestimmt Sorgen und fragte sich, ob mir etwas zugestoßen war.
    »Wenn wir die Frau suchen wollten, wie kämen wir von dieser Insel herunter? Wir haben kein Boot, wir wissen nicht, wo die Rebellen lagern …«
    Vielleicht sprach ich aus Verzweiflung und der Befürchtung heraus, dass meine Stelle nicht mehr auf mich wartete, wenn ich nach Port Harcourt zurückkam. Vielleicht war ich auch von Zaqs Vorschlag beeinflusst, eine richtige Zeitung zu gründen, aber möglicherweise hatte ein verborgener Teil meines Selbst immer auf so eine Gelegenheit gewartet. Ich wusste es nicht, aber mit einem Mal war ich aufgeregt. Ich wollte die entführte Frau suchen, herausfinden, was wirklich geschehen war, den Professor interviewen …
    »Aber wir haben Geld.«
    Zaq lächelte, als er seinen braunen Umschlag hervorholte.
    »Ich glaube, dass wir einen einheimischen Führer anheuern können, irgendeinen Fischer, der sich hier auskennt.«
    »Und dann …«
    »Das entscheiden wir, wenn es soweit ist.«
    Wie sich aber herausstellte, mussten wir gar nicht nach einem Boot suchen – es kam zu uns. Früh am Morgen, bevor noch die Hähne krähten, klopfte jemand zaghaft an die Tür. Zaq und ich sprangen gleichzeitig auf, aber ich war vor ihm an der Tür. Enttäuscht starrte ich unseren Besucher an. Keine Gloria. Es war der alte Bootsführer, und er sah so bescheiden und natürlich aus wie das Gras und die Bäume draußen. Das Morgenlicht fiel auf sein ausgefranstes, einfaches Hemd und die nackten Füße und das lange Ruder in seiner Hand, das er gegen die Brust presste.
    »Was willst du?«
    »Oga, Naman schickt mich. Er sagt, ich euch bringen, wo ihr wollt, aber schnell schnell weg.«
    Zaq und ich sahen einander an. Wir warteten nicht ab, dass er sein Angebot wiederholte. Wir folgten ihm zu seinem Boot, und kurz darauf lag Irikefe hinter uns, von der Entfernung verschluckt, und von einer Finsternis, die dieser Dunst, der wie Rauch von den Flussufern aufstieg, über uns warf. In der Flussmitte war das Wasser klar, näher an den Ufern aber stand es brackig, eingeschlossen von den Mangroven, in deren Zweigen der Dunst in Klumpen hing wie Baumwoll bällchen. Vor uns wölbte er sich wie eine Brücke über das Wasser. Manchmal, wenn wir in einen besonders schmalen Seitenarm ein bogen, wurde unser leichtes Holzkanu derart von diesem dichten, grauen Etwas umfangen, dass wir einander nicht mehr sehen konnten, während wir stumm durch das Wasser glitten.

16.
    Es war ein surreales Gefühl, wieder auf der Insel zu sein, erneut auf ihr gefangen, diesmal aber nicht von harmlosen Priestern und Glaubensanhängern, sondern von den Soldaten und ihrem Major bewacht. Zaq war in der Nacht oft aufgewacht, erregt und verschwitzt, und hatte mich angesehen, als versuchte er sich zu erinnern, wo wir uns schon einmal begegnet waren. Ich hatte jedes Mal seine Hand genommen und seinen Namen gerufen und versucht, durch den Nebel in seinen Augen zu dringen, die mich aber einfach nur anschauten, verwirrt und tränenverhangen, und von Minute zu Minute verschleierter aussahen. Und wenn Zaq schließlich wieder eingeschlafen war, hatte ich seine Hand losgelassen und mit gesenktem Kopf dagesessen. Mir war kalt und mir war schlecht. Vielleicht bekam ich Fieber. Ich bemühte mich wach zu bleiben, döste aber immer wieder ein, bis mich Zaqs schwache, tiefe Stimme, die aus einer endlosen Ferne zu dringen schien, mit ihrer Bitte um einen Drink zurück in die Wirklichkeit schreckte.
    »Einen Drink. Nur einen einzigen Schluck. Einen Schluck, bitte.«
    Es gliche einem Wunder, überstünde

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