Öl-Connection
sarkastisch. »Einen Ferienort werden auch Sie trotz Ihrer Brunnen nicht daraus machen. Wo liegt das Dorf der Yabido?«
»Genau zwischen Nefaré und Natonkpargou.«
»Also am Ende der Welt.«
»Sie werden staunen.«
»Das tue ich schon jetzt.«
»Abwarten.«
Nach ein paar Kilometern erreichten sie die ersten Felder des Stammes. Yabidos Wachen, kräftige, hochgewachsene Männer, eingehüllt in bunte Tücher oder nackt bis auf kurze, ebenfalls bunte Shorts, die Yabido in Dapaong für seine Leibwache gekauft hatte, ließen den Geländewagen unbesehen passieren. Aber sie meldeten sein Kommen. Nach uralter Art reichten die Buschtrommeln die Nachricht weiter. Heßbach lehnte sich in seinem Sitz zurück.
»Jetzt bin ich im wirklichen Afrika«, sagte er. Das dumpfe Hämmern der Trommeln begleitete sie auf der weiteren Fahrt. »Hier ist die Zeit wirklich stehengeblieben.«
»Irrtum. Diese Felder gab es vor drei Jahren noch nicht. Hier war Weideland und Jagdrevier wilder Tiere.«
»Sie haben den Tieren also die Heimat genommen?«
»So sollten Sie das nicht sehen. Für die Tiere ist immer noch Platz genug. Im Gegenteil, wir haben für sie künstliche Wasserstellen angelegt. Aber das werden Sie ja alles sehen, wenn Sie bei Yabido wohnen.«
Plötzlich, wie eine Luftspiegelung, tauchte das weiträumige Dorf des Stammes auf, ein Gewirr von Hütten, mit Palmblättern und Stroh gedeckt, umgeben von Gemüse- und Obstgärten. Ein Wasserturm stand in der Mitte, gleich neben einem langgestreckten Haus, das als einziges aus Steinen gebaut war: der ›Palast‹ des Häuptlings. Laute Musik klang ihnen entgegen, und vor dem Palast begannen einige hundert Männer und Frauen in bunten Gewändern zu tanzen, klatschten in die Hände, sangen aus voller Kehle und stampften auf den Boden. Der leichte Wind trug den Geruch von gebratenem Fleisch bis zu ihnen. Dr. Frisenius hielt den Wagen an und ließ das bunte Bild auf Heßbach wirken.
»Alles Ihretwegen«, sagte er dann und lachte. »Sie sind eine Art Staatsgast. Wenn Koto feiert, dann richtig.«
»Mir fällt da etwas ein.« Heßbach wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ich habe ein Geschenk für Yabido vergessen.«
»Ich habe genug bei mir.« Dr. Frisenius zeigte nach hinten zum Gepäck. »Zigaretten, Bierdosen, Glasperlen für die Frauen, schöne Baumwollstoffe in leuchtenden Farben, Schuhe für den Häuptling, Handspiegel für seine Frauen …«
»Vierzehn?«
»Fünf. Das sind seine Hauptfrauen. Die anderen neun hält er sich nur zum Vergnügen. Da herrscht eine strenge Hierarchie … die Rechte der Frauen sind genau abgestimmt. Das werden Sie gleich sehen: Nur die Hauptfrauen werden Sie begrüßen und die Lieblingssöhne und -töchter. Man wird Ihnen selbstgebrautes Bier anbieten. Seien Sie vorsichtig damit. Nur ein Schlückchen, nicht mehr. Es schmeckt etwas bitter, aber es hat es in sich. Ich kannte es auch nicht, als ich vor vier Jahren zum ersten Mal bei Yabido war. Ich habe das Zeug gesoffen wie er, aus Höflichkeit. Nachher war ich zwei Tage lang wie verblödet. Ich warne Sie, Yabido kann saufen wie ein durstiger Büffel! Sein Bier schüttet er in sich hinein wie Wasser … nur bei Schnaps fällt er nach drei Gläsern um.«
»Hat er denn welchen?«
»Ab und zu. Er bringt ihn aus Dapaong mit. Im Moment hat er bestimmt Schnaps, er war ja gestern in der Stadt.«
Vor seinem Steinhaus erwartete Koto Yabido die Gäste. Er hatte sein Staatskleid angelegt, ein wallendes Gewand aus hellblauem, mit Goldfäden durchwirkten Brokat. Auf dem Kopf trug er eine runde Kappe aus Leopardenfell, und um seinen Hals hing eine dicke Goldkette, das Zeichen seiner Herrscherwürde. Hinter ihm standen aufgereiht seine fünf Hauptfrauen und seine Söhne und Töchter. Eine Tochter trug wie er eine schwere goldene Kette um den Hals und hatte ein rotes, mit Goldornamenten besticktes Tuch um ihren schlanken Körper geschlungen. Ihre langen Haare waren zu lauter kleinen Zöpfchen geflochten, in denen frische Blüten leuchteten. Ihr Gesicht war schmal, die Lippen nicht so wulstig wie bei den anderen Frauen, die Augen groß und schwarz. Sie starte Heßbach neugierig an, als der Wagen hielt. Yabidos Lieblingstochter. Kind seiner vierten Frau vom Stamme der Ewe.
Würdevoll trat Yabido heran. Er wirkte jünger, als er war, ein kräftiger Mann mit kurzem schwarzen Bart und forschenden, wachsamen Augen. Er hob die Hand, was aussah, als wolle er die Ankömmlinge segnen, und seine tiefe Stimme schallte
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