Öl-Connection
Leckerbissen ausließ. Als zweites Dessert bestellte er das Zimmermädchen in seine Suite.
Es war ein Mittwoch, als Armand sein ›Werkzeug‹ packte und sich gegen 21 Uhr zur Rue des Roses bringen ließ. Er hoffte, daß er Frisenius antreffen würde. Wenn er selten in den Deutschen Club ging, mußte er wohl zu Hause sein. Frisenius war nicht der Typ, der sich in Bars oder anderen Etablissements herumdrückte, allein in Restaurants aß und sich mit willigen Frauen abgab.
War Frisenius eigentlich verheiratet? Diese Frage stellte sich Armand, als er vor dem Haus Nummer 45 stand und an der Fassade hinaufblickte. Die Fenster der Wohnungen waren ausnahmslos erleuchtet, also saß auch Frisenius in seiner Wohnung. Mit seiner Frau? Mit seinen Kindern?
Armand spürte wieder den schmerzhaften Stich in seinem Herzen. Das wäre mir früher nicht vorgekommen, dachte er. Ich hätte mich selbstverständlich nach den Lebensumständen erkundigt, ehe ich aktiv werde. Was ist, wenn er wirklich Frau und Kinder hat? Soll ich sie alle ›ausschalten‹?
Hier in Lomé bezahlte ihn keiner dafür, auch die Frau von Dr. Frisenius verstummen zu lassen. Und sollte er tatsächlich Kinder haben, so hatte er das Glück, wenigstens noch diesen Abend fröhlich zu verleben.
Armand ging in das Haus, fuhr mit einem Lift in den dritten Stock und drückte mit dem Zeigefinger auf den Klingelknopf. In der Tür war ein Spion, mit dem man von innen den Draußenstehenden beobachten konnte. Armand stellte sich voll vor die Tür, damit Frisenius ihn sehen konnte.
Ein Schlüssel drehte sich im Schloß, die Tür wurde geöffnet.
»Sie?« sagte er. Es klang nicht abweisend, sondern erfreut. »Kommen Sie herein. Verzeihen Sie, ich habe Ihren Namen vergessen.«
»Gérard Armand.« Armand betrat mit einem zufriedenen Lächeln die Wohnung. »Hoffentlich störe ich nicht die Abendstunden mit Frau und Kindern …«
»Ich lebe allein hier. Meine Frau ist in Deutschland, und Kinder habe ich keine.«
»Sie sind nur vorübergehend in Togo?« fragte Armand. Welch ein Glück ich habe, dachte er dabei. Er lebt allein. Und er ist kein gefährlicher Außenseiter, sondern nur ein armer Hund, den es aus beruflichen Gründen nach Togo verschlagen hat.
»Ich bin jetzt drei Jahre hier. Aber treten Sie doch näher, Monsieur Armand.«
»Drei Jahre?« Armand betrat das Wohnzimmer, das mit weißlackierten Holzmöbeln und bunten Polstern ausgestattet war. In einem breiten Schrank aus Mahagoniholz befand sich eine gutbestückte Bar. Der Beweis für Frisenius' Einsamkeit und Langeweile. »Eine lange Zeit …«
»Nicht, wenn man eine große Aufgabe hat.« Frisenius füllte zwei Gläser mit Rotwein und brachte sie zum Couchtisch. Armand setzte sich.
»Darf ich fragen, was Sie in Togo machen?« sagte er.
»Ich habe hier ein landwirtschaftlich-ökologisches Forschungszentrum aufgebaut und leite es jetzt. Wir wollen in Togo eine neue, bessere Bodennutzung durchsetzen. Wir erschließen neue Wasseradern, die aus der Savanne Äcker machen können. Togo könnte eines der reichsten afrikanischen Länder sein, wenn man alle Möglichkeiten ausschöpfte. Das ist ein hoffnungsvoller Weg in die Zukunft, aber es wird noch Jahre dauern, bis sich die ersten großen Erfolge zeigen werden.«
Die beiden Männer stießen miteinander an und tranken einen Schluck.
»Und Ihr Metier?« fragte Frisenius, nachdem Armand schwieg. »Sie sind Franzose?«
»Ja. Ich beschäftige mich mit der Kontaktpflege.«
»Wie soll ich das verstehen?« Frisenius konnte sich darunter nichts vorstellen. Kontaktpflege – was war das? Kann man davon leben, indem man fremde Menschen miteinander bekannt macht? Es muß sich dabei um einflußreiche Herren handeln, denen neue Verbindungen großen Nutzen bringen. Aber braucht man dazu Hilfe von außen? Hier in Togo kennt doch jeder jeden. »Ist das so eine Art Lobby?«
»Mehr Hobby, Monsieur.«
»Verzeihen Sie, ich bin vielleicht zu einseitig orientiert.« Frisenius trank wieder einen Schluck Rotwein. Es war ein leichter, trockener Landwein, bei dem es den Gourmet Armand innerlich schüttelte. »Erzählen Sie mir mehr von Ihrem sicherlich interessanten Beruf.«
»Er ist sehr interessant.« Armand griff in seine Hosentasche. »Manchmal muß ich auch ein wenig zaubern. So komisch es klingt, aber Kontaktpflege ist nah verwandt mit Zauberei. Sehen Sie hier …« Er zog das Nylonseil aus der Tasche und legte es neben seinem Rotweinglas auf den Tisch. »Erwarten Sie jetzt nicht,
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