Öl-Connection
Kammer zurückgezogen und schlief. Es kümmerte keinen, daß der Malaye hilflos vor der großen Instrumententafel saß und keine Ahnung hatte, was all die vielen Zeiger, Uhren und Digitalangaben bedeuteten.
Über Nacht änderte sich das Wetter.
Die See wurde unruhiger, immer höhere Brecher schlugen gegen die Bordwand der Unico II. Andersen, der an seinem Navigationstisch eingenickt war, fuhr erschrocken hoch, als das Schiff deutlich zu schlingern begann. Er sprang auf und ging zu Pusenke an den Ruderstand. Ein Blick auf das im fahlen Dunkel bewegte Meer ließ ihn schätzen: Windstärke fünf.
Wo waren die Wetterberichte von der Funkstation? Warum hatte der Funker nicht die neuesten Meldungen durchgegeben? Warum hatte Pusenke ihn nicht geweckt, als das Wetter umschlug?
»Seit wann haben wir fünf?« schrie Andersen ihn an.
»Seit einer Stunde, Sir!« antwortete Pusenke ruhig.
»Und Sie melden nichts?«
»Fünf, Sir!« Pusenke grinste breit. »Jetzt merkt man erst, daß man ein Schiff unterm Hintern hat.«
»Arschloch!« Andersen konnte diesen Ausruf nicht unterdrücken. Er wandte sich ab, lief zur Funkstation und fand dort den Karibikneger friedlich an seinem Tisch schlafend. Mit einem Tritt weckte er ihn auf.
Der Neger schoß hoch, ballte die Fäuste und ging in Boxerstellung. Als er, noch schlaftrunken, den Ersten erkannte, versuchte er Haltung anzunehmen.
»Sir …« stammelte er. »Sir, nichts Neues.«
»Es kommt starker Wind auf!« schrie Andersen. »Wo sind die Wetterberichte? Was melden die Küstenstationen? Du schläfst, und draußen geht das Meer hoch!«
»Sir …« Der Kariber wischte sich mit beiden Händen über die Augen. »Ich bin zusammengebrochen.«
»Was bist du?« brüllte Andersen.
»Ich kann nicht vierundzwanzig Stunden Dienst machen, Sir. Ich bin zusammengebrochen.«
»Du bist siebzehn Stunden im Dienst.«
»Auch das ist zuviel, Sir.«
»Die Meldungen!« schrie Andersen. »Sing keine Gospels, sondern kümmere dich um die Wettermeldungen.« Er gab dem Neger einen Stoß in die Seite, den dieser ohne ein Schwanken hinnahm. Nur die Augen, diese runden, schwarzen Augen bekamen plötzlich ein glühendes Leuchten.
Er ging zurück zu seinem Pult, stellte die Funkapparate an und peilte die nächste Wetterstation an. Aus dem Schreibdrucker knatterte der Text auf einen Streifen Papier. Es war nicht die neueste und beste Funkanlage, die man der Unico II eingebaut hatte, aber sie erfüllte ihren Zweck: Verbindung mit der Außenwelt.
Andersen riß das Blatt Papier aus dem Drucker und überflog den Text: In der Norwegischen See, in der Nordsee zwischen Schottland und der Südspitze Norwegens Sturmwarnung. Auffrischender Wind von Nord-Ost bis zu Windstärke 8-9. Wetterlage noch unübersichtlich, aber Gefahr einer Verschlechterung der Großwetterlage. Schiffe in diesen Seegebieten wird empfohlen, mit Sturmböen von 9-10 zu rechnen.
»Und du schläfst!« schrie Andersen, nachdem er den Text gelesen hatte. Er hieb das Papier dem Neger ins Gesicht, der den Schlag ungerührt hinnahm. »Aber das ist typisch für euch: faul und verfressen! Ihr Nigger seid zum Kotzen!«
Der Kariber antwortete nicht. Als Andersen die Funkstation verließ, verfolgte ihn nur ein Blick der schwarzen Augen. Ein Blick, der hätte töten können. Und Tod war auch das einzige, was der Farbige jetzt dachte, denn das Wort Nigger konnte nur mit Blut weggewaschen werden.
Andersen hielt es für dringend notwendig, Kapitän Svensson zu wecken. Er klopfte solange an die Kabinentür, bis von innen schlürfende Schritte und eine mißmutige Stimme zu hören waren.
»Himmel und Arsch!« rief Svensson. »Was ist denn los?! Geh zum Ersten auf die Brücke!«
»Hier ist der Erste, Käpt'n.« Andersen klopfte noch einmal. Jetzt schien Svensson endgültig wach zu sein und merkte das Schlingern des Schiffes. Er schloß die Tür auf und ließ Andersen eintreten. In seinem rotweiß gepunkteten Schlafanzug sah Svensson ein wenig lächerlich aus; er wußte das, aber er trug ihn trotzdem, denn er war ein Geschenk seiner Frau Karin. »Damit du nachts an mich denkst«, hatte sie damals gesagt, »und mich nirgendwo auf der Welt vergißt.« Und er hatte mit einem Lachen geantwortet: »Wenn es nur am Schlafanzug hängt, Karin, wäre das traurig. Mit einer anderen Frau im Bett trage ich doch nur Haut.«
»Was ist so wichtig, Andersen?« fragte Svensson. Er setzte sich in einen Sessel und strich die zerwühlten Haare glatt.
Andersen reichte ihm die
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