Öl-Connection
ausführen.«
Wu und die anderen Chinesen trieben Smits und die Maschinisten vor sich her, durch die Gänge bis zum Vorschiff, wo die Vorratsbunker lagen. Hier stießen sie die Gefangenen in einen Bunker, in dem Gemüse und Wasserflaschen lagerten, und schlossen sie ein.
»Verhungern und verdursten werdet ihr nicht!« sagte Wu spöttisch, bevor er die Tür zuschlug. »Millionen Chinesen leben von Kohl.«
Auf der Brücke waren zufällig alle Offiziere versammelt und standen um Kapitän Hammerschmidt, der am Kartentisch saß. Der Rudergänger am Kommandostand döste vor sich hin. Das Schiff fuhr mit Autopilot, der Kurs war eingegeben, er mußte kaum korrigiert werden. Das Südchinesische Meer lag da wie ein unendlicher, blauer Teppich. So ruhig, hatte Hammerschmidt eben noch bemerkt, hatte er die See in diesem Gebiet noch nicht erlebt.
Plötzlich tauchten auf der Brücke vier Chinesen auf. Zwei hielten Pistolen in den Händen, ein anderer richtete einen der großen Schaumlöscher auf die Offiziere, Kang Yunhe hatte sich mit einer Axt bewaffnet.
»Die Hände hoch!« schrie er. »Wer sich rührt, wird erschossen! Herr Kapitän, das Schiff ist in unserer Hand.«
Fassungslos starrten die Offiziere die Chinesen an. Der Erste Offizier Jens Halbe, der seine letzte Fahrt auf der Else Vorster machte, weil Dr. Wolffers ihm einen neuen Frachtgutlaster geben wollte, tippte sich mutig an die Stirn.
»Ihr seid wohl besoffen?« sagte er heiser.
»Kang Yunhe«, Hammerschmidt erhob sich vom Kartentisch. Er trug jetzt auch nur ein kurzärmeliges Hemd, aber seine goldverzierte Kapitänsmütze. »Ich stelle fest, Sie sind verrückt geworden.«
Das Telefon klingelte. Bevor Hammerschmidt abnehmen konnte, griff Kang nach dem Hörer. Er lauschte ein paar Sekunden und legte ihn dann mit einem breiten Grinsen zurück.
»Die Funkstation ist auch in unserer Hand. Hakahiro, der Funker, spürt ein Messer im Nacken und gehorcht unseren Befehlen. Die Maschinen sind unter unserer Kontrolle. Sie wären verrückt, Kapitän, wenn Sie Widerstand leisten würden. Die Hände über den Kopf! Los, los!«
Der Rudergänger am Kommandostand tat so, als sei nichts geschehen. Er sah den Pistolenlauf an seiner Schläfe, spürte den kalten Stahl auf seiner Haut und hielt es für klug, kein Wort zu sagen, sondern weiter seine Arbeit zu tun.
Jens Halbe und Richard Botzke hoben die Hände hoch, nur Hammerschmidt blieb mit hängenden Armen stehen. Botzke starrte ihn an. Kapitän, dachte er atemlos, das ist kein Heldenmut mehr. Das ist sinnloser Selbstmord. Früher war es Tradition, daß der Kapitän als letzter das Schiff verläßt oder mit seinem Schiff untergeht. Diese Seemannsehre ist der Logik gewichen, daß das eigene Leben mehr wert ist als ein Schiff, das hoch versichert ist. Ein Schiff kann man neu bauen, aber Ihr Leben nicht, Kapitän. Mein Gott, reizen Sie Kang nicht, heben Sie die Hände hoch. Die Kerle spielen kein Theater, die schießen wirklich.
Hammerschmidt sah Kang lange an. Er rückte sogar an seiner Mütze, damit sie korrekt saß. Sein Blick war hart geworden. Er erkannte die Gefahr, aber er wollte sich ihr nicht beugen.
»Yunhe, du wirst die ganze Welt gegen dich haben …«
»Die ganze Welt kann mich am Arsch lecken.«
»Man wird dich finden.«
»Reden Sie keinen Unsinn, Kapitän.« Kang grinste Hammerschmidt siegessicher an. »Es gibt 1,3 Milliarden Chinesen. Wie könnte man mich unter 1,3 Milliarden Menschen finden?«
»Ach!« Hammerschmidt verzog die Mundwinkel zu einem Lächeln. »Ich denke, du bist Taiwaner? Auf einmal rechnest du die Volksrepublik China zu deiner Heimat?«
»In der Not sind alle Chinesen Brüder und Schwestern. Aber warum reden wir? Ich habe das Schiff übernommen und wiederhole Ihre Worte: Sie sind festgenommen.«
»Ich erkenne dich als Führer meines Schiffes, nicht an!«
»Sie haben recht – es fehlt mir noch etwas!« Kang riß Hammerschmidt blitzschnell die Kapitänsmütze vom Kopf und setzte sie sich auf. Die Entehrung Hammerschmidts war vollkommen.
Hammerschmidts Gesicht wurde dunkelrot. Er atmete tief ein, seine breite Brust weitete sich unter dem dünnen Tropenhemd, seine Hände zuckten. Jens Halbe starrte seinen Kapitän an.
»Herr Kapitän«, sagte er tonlos. »Nicht. Bitte nicht! Wir brauchen Sie noch. Das kann doch nicht das Ende sein.«
Hammerschmidt nickte nach einem Zögern. Es war, als habe der Verlust der Kapitänsmütze seinen inneren Widerstand gebrochen. Es hatte seine Seele
Weitere Kostenlose Bücher