Öl-Connection
gewisser Reeder abhängig. Warten wir es ab …« Er klopfte Dumarche freundschaftlich auf die Schulter. »Bis Rotterdam halte ich den Mund und bin der gehorsame Kapitän von Mr. Bouto.«
Am späten Abend stellte Funker Chu Yungan ein Gespräch mit Jesus Malinga Bouto zu Heßbach durch. Schon am Klang der Stimme merkte Heßbach, daß Bouto ungehalten war.
»Was feuern Sie da in den Äther?« fragte er unwirsch. »Kapitän, Sie machen ja die ganze Schiffahrt um die Kanarischen Inseln verrückt!«
»Das war auch meine Absicht«, antwortete Heßbach.
»Verdammt, Sie sollten still und heimlich die Kanaren umschiffen.«
»Leider«, jetzt wurde Heßbachs Stimme schneidend, »verfügen auch Teneriffa und Gran Canaria über gute Radarstationen! Ich kann einen Tanker mit 200.000 Tonnen Öl nicht unsichtbar machen. Ich sagte: unsichtbar, nicht unsinkbar. Und um ersteres zu verhindern, habe ich alle gewarnt, meinen Kurs zu kreuzen. Ich denke, in Ihrem Sinne gehandelt zu haben.«
»Ich bin vom spanischen Verkehrsminister angerufen und tief beleidigt worden!«
Heßbach grinste zufrieden. Die erste Ohrfeige für Bouto, dachte er genüßlich. Warte nur, du Halunke, es wird nicht die letzte sein.
»Sind Sie noch am Apparat?« rief Bouto erregt, weil Heßbach schwieg.
»Aber ja, Mr. Bouto.«
»Der spanische Minister hat mir mit dem Einsatz von Kriegsschiffen gedroht.«
»Die Reaktion ist vollkommen unangemessen und erhöht höchstens das Risiko. Es war sicher das Vernünftigste, alle über die Situation aufzuklären. Jetzt wird das Meer um Teneriffa geräumt, nur die kleinen Küstenrutscher fahren noch. Mit denen aber kommen wir nicht in Berührung.«
»Der Name Maringo ist in aller Munde …«, bellte Bouto.
»Besser als auf dem Meeresgrund.« Heßbach lachte.
»Ich verbitte mir Ihre Frechheiten!« schrie Bouto. Heßbach hörte, wie er dabei auf den Tisch schlug. »Ab sofort senden Sie nur noch normale Funksprüche!«
»Ich sende, was ich für richtig halte. Das Schiff führe ich!«
»Sie versauen meinen Namen!«
»O Gott!« Heßbach seufzte. »Ob man ein schwarzes Schwein weiß oder rosa oder lila anstreicht – es bleibt ein Schwein.«
Als Bouto zu brüllen begann, legte er auf.
Bevor er schlafen ging, rief er noch einmal zur Brücke hinauf. Es meldete sich Sato Franco. »Alles in Ordnung, Sir!« sagte er sofort, bevor Heßbach fragen konnte.
»Die letzten Wetterberichte?«
»Atlantik auf unserem Kurs ruhig, kaum bewegte See, bei Teneriffa aufkommender Wind zwischen zwei und drei. Klare Sicht.«
»Das ist ja fabelhaft, Sato.«
»Dagegen große Scheiße in der Nordsee, Sir. Orkanstärken bis zwölf, Nebel, überall Überschwemmungen, Bildung von Katastrophenkommißionen, eine Menge Schiffe in Seenot, Auslaufen von Hilfsschiffen unmöglich …«
»Unsere Nordsee! Bist du schon mal dort gefahren?«
»Nein, Sir.«
»Dann bist du kein richtiger Seemann. Ich kenne den pensionierten Kapitän eines Kreuzfahrt-Luxusschiffes, der über alle Meere geschippert ist, der Taifune in der Südsee und Stürme bei Cap Horn erlebt hat, der im Chinesischen Meer mit seinem Riesenkahn Wellentanzen übte, und immer stand er wie eine Eins auf der Brücke, unbeeindruckt, ein Granitfelsen im Meer, das Urbild eines bärtigen Seemannes … aber wenn er in seinem Urlaub von Bremerhaven nach Helgoland fuhr, hing er über der Reling und kotzte. Das ist die Nordsee, Franco! Haben wir ein Glück, daß wir vor Teneriffa sind.«
»Aber wir kommen ja noch in die Nordsee. Durch den Kanal.«
»Bis dahin hat sich das Wetter gelegt …«
»In der Deutschen Bucht ist Großalarm.«
»Deutsche Bucht? Franco, das ist meine Heimat!« Heßbach war wie elektrisiert. »Was ist da los?!«
»Ein Kollege von uns treibt im Sturm!«
»Ein Tanker? Wer?«
»Das weiß man noch nicht. Totalausfall. Er ist völlig hilflos und manövrierunfähig.«
»Voll beladen?«
»Man schätzt nach dem Radarbild zwischen 60.000 und 100.000 Tonnen Öl! An Hilfe ist bei diesem Orkan nicht zu denken.«
»Das … das wäre eine Katastrophe für die Nordseeküste, Franco, wenn wir das wären!«
»Wir haben wirklich Glück, Sir.«
Heßbach legte auf und ließ sich von Chu Yungan mit Hamburg verbinden. Doch bei seiner Familie meldete sich niemand. Er rief Radio Norddeich an und geriet dort an einen scheinbar jungen Mann, der dem Sturm der Anfragen offensichtlich nur mit Mühe gewachsen war.
»Was ist in der Deutschen Bucht los?« rief Heßbach.
»Fragen Sie nicht so
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