Öl-Connection
Mehr!« Heßbach blickte auf das Meer, das sich jetzt, im aufdämmernden Tag, rötlich zu färben begann. Am Horizont entstand ein orangener Streifen: Die Sonne stieg aus der See auf. »Lieber schrottreife Maschinen, Chief«, sagte Heßbach. Seine sonst klare Stimme war heiser geworden, »aber aus der Gefahrenzone heraus, als mit 200.000 Tonnen Öl in die Luft gehen.«
»Ist es so ernst, Sir?«
»Theoretisch gibt es uns schon nicht mehr.«
Der Wettlauf mit dem Tod begann.
In allen Küstenstationen saßen die Radarüberwacher wie gebannt vor ihren Geräten. Jeder sah, was sich da vor ihren Augen anbahnte, und die Hilflosigkeit, die alle lähmte, verstärkte das Grauen bis zur Unerträglichkeit.
In Santa Cruz brach daraufhin hektische Geschäftigkeit aus. Die Hubschrauberstaffel der spanischen Garnison in La Laguna auf Teneriffa wurde alarmiert. Denn inzwischen hatte man zumindest festgestellt, warum das Motorschiff keine Antwort gab. Der Funk war abgestellt, und die gesamte Mannschaft schlief. Doch dann begann das Instanzengerangel.
»Señor, ohne einen Einsatzbefehl des Generalkommandos in Madrid können wir nichts machen. Zivile Einsätze müssen genehmigt werden«, winkte der Oberkommandierende der Garnison ab. »Wir müssen uns zunächst mit Madrid in Verbindung setzen, Señor.«
»Wir haben keine Zeit zu warten, jede Minute ist wichtig! O himmlische Jungfrau, Sie sollen doch nur das Motorschiff wecken! Noch können wir Teneriffa retten! Wir brauchen nur einen Ihrer Hubschrauber.«
»Wir melden uns sofort wieder, Señor.«
Von Santa Cruz und Las Palmas liefen Schlepper und Bergungsschiffe aus, obwohl man errechnen konnte, daß sie zu spät kommen würden. Auf eine Öl-Katastrophe war man auf Teneriffa überhaupt nicht vorbereitet.
Von panischem Stimmengewirr umgeben, saß Heßbach im Funkerraum der Maringo.
»Warum weichen Sie nicht aus?!« schrie man in Santa Cruz.
»Ich weiche ja aus!« brüllte Heßbach zurück. »Ich drehe mit äußerster Kraft hart Backbord! Aber ich brauche mindestens zehn Meilen, und das ist schon eine halbe Illusion! Der Rammbock ist aber auf acht Meilen herangekommen. Sie können doch rechnen, Mann!«
»Und … und es gibt keine andere Möglichkeit?«
»Doch: Der Frachter muß sofort hart abdrehen! Aber da meldet sich keiner. Da schläft alles! Santa Cruz, was können Sie tun?«
»Im Augenblick nichts! Wir warten auf den Hubschrauber aus La Laguna.«
»Zu spät …«
Heßbach hetzte zur Brücke. Das Riesenschiff bebte unter den stampfenden Maschinen. Unerträglich langsam zitterte der Kurszeiger auf Backbord.
Auf der Brücke erschien jetzt, von Sato Franco alarmiert, auch McCracker. Er rannte auf die Steuerbordnock und starrte ins Meer, aber noch sah er nichts. Auch die beiden Männer am Ausguck mit ihren scharfen Ferngläsern blickten nur über ein ruhiges, von der Morgensonne vergoldetes Meer. Jeder wußte, wenn am Horizont ein näherkommender Punkt erkennbar wurde, bedeutete das die größte Katastrophe der Seefahrt.
McCracker kam von der Nock zurück. »Käpt'n …«, stammelte er. »Käpt'n, was können wir noch tun?«
»Verteil die Schwimmwesten, mach die Rettungsboote klar und bereite die Rettungsinseln zum Wassern vor.«
»Und sonst, Käpt'n?«
»Beten …«
McCracker rannte davon und zuckte zusammen, als die Alarmsirene zu heulen begann. Gleichzeitig zog Dumarche an dem Nebelhorn. Weithin dröhnte der Alarm über das Meer, immer und immer wieder, ein so durchdringender Ton, daß das Trommelfell schmerzte. Dieses Nebelhorn mußte man meilenweit hören, aber ob es ausreichte, ein schlafendes Schiff zu wecken, blieb zweifelhaft.
Was niemand wußte: Kapitän, Offiziere und Mannschaft auf dem Küstenmotorschiff schliefen tatsächlich, der Funker hatte seine Bude geschlossen und seinen Wecker auf sieben Uhr morgens gestellt, aber auf der Brücke saßen der zweite Steuermann, der Rudergänger und ein Matrose und spielten Skat. Das Schiff lief mit Autopilot. Nachts war dieses Seegebiet praktisch unbefahren, bei halber Kraft konnte man es sich gemütlich machen, und das Radar konnte kein Land und überhaupt nichts erfassen – warum also immer auf den Monitor starren mit seinem dämlich herumkreisenden Leuchtfinger!
Einmal horchte einer der drei Skatspieler auf und hob den Kopf. »Was ist?« fragte ein anderer. »Spiel endlich dein Herz-As, ich weiß, daß du es hast! Hosen runter, Konstantin!«
»Da war so was wie ein … wie 'ne Nebelsirene …«
»Und
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