Öl!
allein über die Berge und dachte nach. Endlich beschloss er, reinen Tisch zu machen. «Dad, ich fürchte, du wirst enttäuscht sein, aber es ist nun einmal so – ich möchte studieren.»
«Studieren? Menschenskind, Sohn, wozu denn das?» Dads Miene offenbarte Verblüffung, aber er war ein alter Heuchler, er hatte sehr wohl gewusst, dass Bunny ans Studieren dachte, und sich schon selbst Gedanken darüber gemacht.
«Ich glaube, dass ich noch nicht genug gelernt habe, Dad.»
«Was willst du denn noch lernen?»
«Na ja, das kann man im Voraus nicht sagen; solange es noch nicht da ist, weiß man nicht, was da noch alles kommt. Aber ich habe das Gefühl, dass ich noch mehr über alles Mögliche erfahren will.»
Dad machte ein betroffenes Gesicht – er wirkte, wenn auch gänzlich unschuldig und ungewollt, bemitleidenswert. «Das heißt, du hast einfach kein Interesse am Öl.»
«Nein, nein, Dad, das stimmt nicht ganz. Ich kann ja eine Zeit lang studieren und dann in die Firma zurückkommen.»
Aber Dad ließ sich nichts vormachen. «Nein, mein Sohn, wenn du auf die Universität gehst, dann blickst du danach von solchen Höhen auf uns Ölleute herab, dass du gar nicht mehr weißt, dass es uns gibt. Wenn du ein Ölmann sein willst, gibt’s nur eins, was du studieren musst: das Öl.»
«Na ja, Dad, genau genommen ist es so: Ich bin noch viel zu jung, um zu wissen, was ich werden will. Falls ich wirklich etwas anderes machen will, haben wir doch genug Geld …»
«Es geht nicht ums Geld, mein Sohn, es geht um den Beruf. Du weißt, wie ich da denk – ich möcht dich bei mir haben …»
«Ich werde nicht weggehen», warf Bunny eilig ein. «Es gibt viele Hochschulen hier in der Nähe, ich kann weiter zu Hause wohnen. Und an den Wochenenden und in den Ferien können wir wie immer hier rauffahren. Ich werde mein Interesse an Paradise nicht verlieren, Dad, aber ich wäre wirklich nicht glücklich, wenn ich mich jetzt aufs Geschäft verlegen müsste, bevor ich die Gelegenheit gehabt habe, mehr zu lernen.»
Dem musste Dad sich fügen. In seinem Innern spielte sich ein merkwürdiger Kampf ab, eine Mischung einerseits aus Respekt vor dem Wissen, aus Ehrfurcht vor gebildeten Leuten, und andererseits aus der Angst vor «hochgestochenen Ideen», vor seltsamen Anflügen von «Idealismus», denn dann würde Bunny nicht mehr zum Erben und Hüter der Zwanzig-Millionen-Dollar-Beteiligung an Ross Consolidated taugen!
** Im Original deutsch.
KAPITEL 10
Die Universität
1
Die Southern Pacific University war von einem kalifornischen Provinzkrösus als methodistische Sonntagsschule gegründet worden; alle Professoren mussten Methodisten sein, und es gab eine Unmenge an religiösen Lehrveranstaltungen. Sie war durch das Geld eines Ölbarons, der ein halbes Dutzend aufeinanderfolgende Regierungen in Mexiko und den Vereinigten Staaten bestochen hatte, sein Seelenheil in Gefahr glaubte und daher Unsummen für professionelle Seelenretter zur Verfügung stellte, gewaltig gewachsen. Da er offenbar im Ungewissen war, welche Gruppierung die richtige Parole kannte, stiftete er gleichermaßen für Katholiken und Protestanten, und diese benutzten das Geld, um sich gegenseitig schlechtzumachen und zu schwächen.
Wenn Dad gewusst hätte, dass sein Sohn mit Hilfe der Schenkungen von Pete O’Reilly unterrichtet werden würde, hätte ihn das gleichzeitig amüsiert und beruhigt. Aber er wusste es nicht und besuchte die Universität nur, um Bunnys künftige Umgebung zumindest von außen gesehen zu haben. Ursprünglich hatte die Universität weit draußen in einem Vorort von Angel City gelegen, jetzt aber war die Stadt darum herumgewachsen, und das bedeutete eine weitere umfangreiche Stiftung, zu der alle Steuerzahler beitrugen. Die imposanten Gebäude beeindruckten Dad, aber noch mehr beeindruckte ihn die Tatsache, dass sie mit fünftausend jungen Männern und Frauen bevölkert waren, denn wenn Dad sah, dass eine große Anzahl von Menschen dasselbe tat, so schloss er daraus, dass dies etwas Normales, Unbedenkliches war.
Noch beruhigender empfand er sein Treffen mit Präsident Alonzo T. Cowper, D. D., Ph. D., LL . D. 48 Dr. Cowper war im Umgang mit Vätern versiert; schließlich war er auch von seinen millionenschweren Treuhändern ausgewählt worden, weil er versiert im Umgang mit Treuhändern war. Dr. Cowper verstand es, als Gelehrter zugleich würdevoll und ehrerbietig aufzutreten. Unser geschäftstüchtiger Dad konnte die Gedanken des Doktors
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