Öl!

in den Appalachen («Hi, Fremder, was willst du hier? Steuern eintreiben?») All dies in Stummfilmen, und jetzt gab es sie hier in einem «Tonfilm»! 73 «Sie sind also Mr Ross!» Der Ton in diesem Film war ein seltsam piepsiger Diskant. «Papa hat mir so viel von Ihnen erzählt!» (Papa war Mr Roscoe.) «Ich freu mich sehr, dass Sie hier sind; fühlen Sie sich wie zu Hause. Tun Sie, wonach Ihnen der Sinn steht, denn dies ist eine Stätte der Freiheit.» Bunny erkannte den Untertitel wieder – aber kam er in «Herzen aus Stahl» vor oder in «Das Mädchen aus dem Herrenhaus»?
    «Da ist ja Harve», sagte nun die Gebieterin dieses Herrenhauses. «Harve, komm doch mal, das ist Bunny Ross; Harvey Manning. Mr Ross ist zum ersten Mal hier, sei nett zu ihm, damit er wiederkommt. Er geht auf die Universität und liest viel und weiß alles, verglichen mit ihm sind wir oberflächliche Banausen.»
    Harvey Manning trat durch eine der Terrassentüren herein, die in dieser Kathedrale die Kreuzwegstationen ersetzten. Er ging langsam und beschleunigte seinen Schritt nicht, und er sprach auch langsam, auf spröde Art schleppend – er hatte sich niemals beeilen müssen, weil er aus einer der alten Familien im Staat stammte. Er hatte ein wunderliches, hässliches Gesicht mit zahllosen Falten, und Bunny war sich nicht sicher, ob er nun alt oder jung war. «Hallo, Ross», sagte er, «angeneeehm. Ich hab einen Onkel, der hunderttausend Dollar zahlt, wenn einer Sie ins Gefängnis steckt.»
    «Tatsächlich?», fragte Bunny ein wenig erschrocken.
    «Aber ja! Er ist wie verrückt hinter den Roten her und behauptet, die Rosaroten sind die Allerschlimmsten. Ich hab mir schon Sorgen um Sie gemacht.»
    «Halb so wild», sagte Bunny, weil er merkte, dass er «verkohlt» wurde. Mit solchen Scherzen versüßten sich junge wie alte Faulenzer das Leben. «Dann zahlt Dad zweihunderttausend, um mich wieder rauszuholen.»
    «Na, wenn das so ist, wird Verne sicher was beisteuern – nicht wahr, Annabelle?»
    «Von meinen Gästen bleibt keiner lang im Gefängnis», erwiderte der Star. «Sie telefonieren mit Papa, der telefoniert mit dem Polizeichef, und der lässt sie auf der Stelle raus.»
    Sie sagte dies ohne zu lächeln, und Harvey Manning bemerkte: «Wie Sie sehn, Ross, hat Annabelle ein sehr prosaisches Gemüt.»
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    Ja, das war die Wahrheit über diesen strahlenden Stern am Filmhimmel, das wurde auch Bunny nach einer Weile klar; sie hatte ein prosaisches Gemüt. Alle Poesie und Romantik, die das Publikum mit Annabelle verband, existierten sozusagen nur in den Augen der Zuschauer. Sie selbst musste weiter nichts als eine jugendliche Erscheinung und ein wandlungsfähiges Gesicht dazu beisteuern; den Rest erledigten die hochbezahlten Regisseure. Sie betrachtete das Filmen als Geschäft, sie sprach über Produktionskosten und Tantiemen von Auslandsumsätzen, als handelte es sich um ein Ölbohrloch. Deshalb verstand sie sich auch so gut mit Vernon Roscoe, der ebenfalls ein prosaisches Gemüt hatte. Die Schlüsselblume dort im Moos war eine gelbe Blume bloß, 74 und für Annabelle war sie Bestandteil einer Filmausstattung oder Hintergrundmotiv eines Drehorts.
    Es lag eine gewisse grimmige Aufrichtigkeit in alledem, wie Bunny feststellte; Annabelle wollte lieber Schauspielerin sein als Mätresse. «Herrgott noch mal», pflegte Verne seinen Gästen kundzutun, «es hat mich acht Millionen Dollar gekostet, aus diesem Baby eine Leinwandkönigin zu machen.» Und das dreißigjährige Baby träumte davon, eines Tages ein Meisterwerk zu schaffen, das diese acht Millionen einspielen und ihre Berufsehre retten würde. Bis dahin stotterte sie das Geld in Raten ab, indem sie sich um Verne kümmerte – in aller Öffentlichkeit, richtig rührend und selbst nach strengsten bürgerlichen Begriffen ehrbar. Falls der Ölmagnat jemals davon geträumt haben sollte, mit einem Filmstar an seiner Brust ein wildes, großspuriges Leben zu führen, so hatte er sich gründlich geirrt, denn er stand schlimmer unter der Fuchtel als jeder Pantoffelheld.
    «So, Papa», pflegte Annabelle zu sagen, «du hast genug getrunken. Stell es weg.» Sie sagte das immer vor der gesamten zum Dinner geladenen Gästeschar im besten Sonntagsstaat; und Verne pflegte dann zu protestieren: «Mein Gott, Baby, ich hab doch noch gar nicht angefangen!»
    «Gut, dann hörst du heute Abend mal auf, bevor du angefangen hast. Denk dran, was Dr. Wilkins über deine Leber gesagt hat.»
    «Ach, hol der Teufel die