Öl!
ägyptische Kostüm hatte sie gegen ein waghalsiges schwarzsamtenes eingetauscht, eben aus Paris eingetroffen, mit dazu passenden schwarzen Perlen. Der Diener zog ihr den Stuhl heraus, und sie legte eine Hand auf die Lehne, nahm aber nicht Platz; die Gastgeberin sagte: «Miss Tracy – Mr Ross», und immer noch schwieg sie, lächelte Bunny an, und er lächelte zurück. Es war ein eindrucksvoller Auftritt, und ihr Regisseur Tommy Paley, der ihr dieses Kunststück beigebracht hatte und es jetzt vom anderen Ende des Tischs aus beobachtete, rief plötzlich: «Kamera ab!» Alle lachten, am ausgelassensten von allen «Vee» selbst, und dabei ließ sie zwei Reihen weißer Perlen sehen, noch regelmäßiger als die schwarzen und für einen Filmstar um ein Vielfaches wertvoller.
Annabelle Ames kam in der Welt voran, ohne jemals etwas Unfreundliches über irgendjemanden zu sagen, aber das war nicht Vee Tracys Stil. Sie kämpfte nicht nur mit den Fäusten, sondern auch mit der Zunge, und ihre Worte versetzten Bunny den Schock seines unschuldigen jungen Lebens. Als Erstes sprach man zufällig über einen Vamp, der kürzlich unter großem Rühren der Werbetrommel aus dem Ausland importiert worden war. «Sie kleidet sich sehr geschmackvoll», meinte Annabelle milde.
«O ja, wunderbar!», sagte Vee, «wirklich wunderbar! Und sie hat sich einen Hund ausgesucht, der zu ihrem Gesicht passt!»
Dann unterhielt man sich über die soeben angelaufene Millionenproduktion «Das alte Eichenfass», die Erinnerungen an daheim weckte und Millionen von verstockten Sündern zu Tränen rührte. Dolly Deane spielte das unschuldige Mädchen vom Lande, das von einem Handlungsreisenden verführt wird. Sie sei so reizend naiv, fand Annabelle.
«O ja», erwiderte Vee. «Um die Gelegenheit zu erhalten, so naiv zu sein, hat sie mit ihrem Produzenten geschlafen, mit zwei Geldgebern, dem Regisseur und seinem Assistenten, und alle fünf brachten ihr bei, wie eine unschuldige Jungfrau zur Nacht betet!»
Bunny, auf seinem Gebiet ebenfalls ein Rebell, horchte auf, und mit Sicherheit nahm auch Vee den jungen Ölprinzen zur Kenntnis, denn sie funkelte ihn mit ihren blitzenden schwarzen Augen verschmitzt an. Der Diener servierte ihr die Suppe in einer goldenen Schale, und sie warf einen Blick darauf und rief: «O mein Gott, nehmen Sie das weg, das sind ja Kohlehydrate! Annabelle, willst du mich um Lohn und Brot bringen?» Zu Bunny sagte sie: «Es heißt ja, ’ne Wachtel täglich ist unerträglich; aber was würden Sie sagen, Mr Ross, wenn ich Ihnen erzähle, dass ich seit sieben Jahren jeden Tag zwei Lammkoteletts und drei Scheiben Ananas esse?»
«Dann würde ich fragen, ob das ein ägyptischer oder vielleicht skythischer Ritus ist.»
«Es ist die Vorschrift eines Arztes aus Hollywood, der sich auf Diäten für Schauspielerinnen spezialisiert hat. Uns Leinwandidolen wird unterstellt, dass wir im Luxus lebten, aber in Wirklichkeit haben wir nur einen einzigen Traum: Wir wollen so viele Immobilien in Hollywood kaufen, dass wir uns zur Ruhe setzen und endlich eine anständige Mahlzeit essen können!»
«Haben Sie sich wirklich nie heimlich eine gegönnt?» fragte Bunny mitfühlend.
«Unsereiner schwindelt nie», antwortete sie. «Sie können Tommy Paley fragen, was geschähe, wenn die Zuschauer ein Gramm Fett an mir sähen, sobald der Schurke mir die Kleider vom Leib reißt! Man würde mich in Slapstickfilme stecken, und dann müsste ich mir meinen Lebensunterhalt damit verdienen, dass ich mich in einem Fass den Abhang hinunterrollen lasse!»
7
Die Konversation auf dieser Dinnerparty glich – wie auf den meisten Dinnerpartys in Amerika zu jener Zeit – einer Wanderung entlang einem glitschigen Graben. Früher oder später rutschte man hinein, kam nicht mehr heraus und beendete die Wanderung dort unten. «Mr Ross», sagte Annabelle in ihrer Eigenschaft als Gastgeberin, «ich sehe, dass Sie Ihren Wein nicht trinken. Sie können uns vertrauen, wir haben nur Vorkriegsware.» Und schon waren sie drin im Graben und sprachen über die Prohibition.
Das Gesetz war zweieinhalb Jahre alt, und die feinen Leute erkannten erst jetzt das volle Ausmaß der ihnen zugefügten Demütigung. Es ging nicht um die hohen Preise – sie alle suchten ja nur nach Möglichkeiten, ihr Geld schnell auszugeben; es ging um die Unannehmlichkeiten und dass man nie sicher sein konnte, was man bekam. Viele versuchten dieses Ärgernis zu umgehen, indem sie ihr Vertrauen in einen bestimmten
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