Öl!
einen Arm um Harvey Manning, und dieser, offenbar nicht zum ersten Mal in diesem Hause, setzte zu einem herzzerreißenden Geheul an. «IchwillnichinßBett! IchwillnichinßBett! Verdammt, Andersen, lanSiemich in Ruh! Wenn ich inß Bett geh, wach ich morgen früh auf und darf bissum Awend nix trinken, und dann werd ich verrückt!»
Harvey wehrte sich verzweifelt gegen dieses furchtbare Schicksal, aber offenbar hatte der Schneider unter den Schultern von Mr Andersens Frack keine normalen Polster angebracht; das flennende Opfer war jedenfalls so hilflos wie in der Umklammerung einer Boa Constrictor. Er ging mit, obwohl er die ganze Zeit laut verkündete, das mache er nicht. «Ich sch-teh wiederauf, ich sag’s Ihnen! Ich will nich wien Säugling behandelt wern! Ich komm nie wieder in dieses verdammne Haus! Esis eine Schande! Ich bin ’n erwwwachsner Mann und hab das Recht, mich ßu betrinken, wenn ich will …», und damit verlor sich sein Gejammer im Lift.
«Auf den Partys in Hollywood hört man zweierlei Flehen, Mr Ross», sagte Vee Tracy, «das eine lautet: ‹Ich will nicht ins Bett!›, und das andere: ‹Ich will ins Bett.›»
10
Als Bunny am Sonntagmorgen auftauchte, hatte er das Kloster ganz für sich allein. Er frühstückte und las die Zeitungen, die vom nächstgelegenen Bahnhof geliefert worden waren, dann ging er spazieren und erneuerte seine Bekanntschaft mit den « Roten » im Adlerkäfig. Er ging weiter Richtung Ozean und entdeckte einen Weg, eine Kreuzung aus Feuerschneise und Treidelpfad, der sich an der Küste entlang über die Hügel zog. Bunny folgte ihm ein paar Meilen, bis er zu einem langen Streifen Strand hinunterführte. Der Besitzer des Klosters hatte hier eine Absperrung errichten und Schilder anbringen lassen, um fremde Leute fernzuhalten. Es gab ein Tor mit einem Schnappschloss und an der Innenseite des Zauns ein Schlüsselbrett mit der Anweisung, einen Schlüssel mitzunehmen, damit man wieder hineinkam. Das tat Bunny und wanderte am Strand entlang.
Schon bald gelangte er zu einer mittelalterlichen Burg, die jemand auf einen dieser einsamen Hügel gesetzt hatte; zu ihren Füßen lagen, zum Meer hin abgestuft, eine Reihe von Terrassen und Gärten. Es gab zahlreiche Wege, Bäche, Wasserfälle wie Brautschleier und Brunnen mit steinernen Fröschen, Störchen, Schildkröten und Molchen – und alle litten Durst, denn das Wasser war abgestellt. Vermutlich war der Besitzer nicht da, denn die Jalousien waren heruntergezogen, und in den Gärten sah man an vielen Stellen unförmige Gebilde aus weißen Bettüchern, offenbar verhüllte Statuen. Einige standen auf Sockeln, andere hockten auf den Steinmauern, und unmittelbar über dem Kopf einer jeden baumelte ein elektrisches Licht.
Es war ein so merkwürdiger Anblick, dass Bunny sich die Mühe machte, in den Garten zu klettern und den Saum eines solchen Lakens anzuheben. Verlegen entdeckte er die gänzlich nackten Rundungen einer stattlichen Marmordame – vermutlich einer Lorelei oder eines anderen deutschen Weibes, denn an den Ausbuchtungen des Tuchs und durch Tasten erkannte er, dass sie mit einer Hand einen Kelch emporhielt und über ihren Hinterkopf ein dickes marmornes Seil lief, ihr geflochtenes Haar. Sie kämmt es mit goldenem Kamme, fiel ihm ein, und singt ein Lied dabei, das hat eine wundersame gewaltige Melodei ; 78 Bunny war der Schiffer, den es mit wildem Weh ergriff. Er lugte unter ein halbes Dutzend Betttücher, zählte die restlichen und kam zu dem Ergebnis, dass in diesem Park nicht weniger als zweiunddreißig große, dicke Marmordamen standen, denen ein Zopf über den Rücken fiel. Welch ein wunderliches Schauspiel musste das sein, wenn nachts alle Lichter an waren – und niemand da, der es sah, nur Seehunde! Ja, Bunny blickte aufs Meer hinaus, weit und breit war kein Segel in Sicht, aber in Küstennähe türmten sich ein paar Felsen, und auf diesen saßen die Seehunde und warteten, ob er die Statuen enthüllte und die fröhlichen Zeiten, ehe die Prohibition Amerika zugrunde gerichtet hatte, wieder aufleben ließ!
Er kehrte zum Strand zurück und spazierte weiter. Die Sonne stand jetzt hoch, und das Wasser lockte; es gab mehrere Felsen mit Seehunden und grün-weißen Brechern, die sie überspülten, nicht so hoch, dass es gefährlich gewesen wäre, sondern gerade reizvoll. Bunny vergewisserte sich, dass er allein war, zog sich aus und watete ins Wasser.
Die Aufmerksamkeit der Seehunde richtete sich nun auf ihn, und mit jedem
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