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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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Ölprinzen so lange zu halten wie Annabelle den ihren, dann preise ich mich glücklich!»
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    Gregor Nikolajew war von seinem Ausflug nach Alaska zurückgekehrt und bescherte dem Gewissen des jungen Idealisten neue Nöte. Gregor war ausgemergelt und hohläugig wie Paul nach seiner Zeit in Sibirien. Der arme, arglose junge Ausländer hatte auf der sogenannten «Höllenflotte des Pazifik» angeheuert und war in einer unwirtlichen Bucht gelandet, eingeschlossen auf der einen Seite von Bergen, auf der anderen vom Ozean; er war in einer Baracke untergebracht, deren Boden von der Flut nass war, schlief in einer ungezieferverseuchten Koje und bekam ein Essen, wie man es auch an die Insassen von Bezirksgefängnissen verfüttert. Keine Fluchtmöglichkeit außer auf Schiffen – die einen aber nicht mitnahmen! Während Bunny mit Vee und den Seehunden im Pazifik umhertollte, war Gregor drauf und dran gewesen, sich im selben Ozean zu ertränken.
    Auch Rachel Menzies war mit neuen Sorgen heimgekommen. Die Bekleidungsnäher streikten, ganz unvorhergesehen und spontan! Hunderte von Arbeitern, durch kleinliche Schikanen unerträglich geschunden, waren mitten unter der Arbeit weggelaufen; die Bewegung hatte sich auf ganz Angel City ausgeweitet, das Paradies des Open shop . Die Arbeiter drängten in die Gewerkschaftsbüros und unterschrieben Beitrittserklärungen, es war zu einem richtigen Massenkampf geworden. Nur Papa Menzies, einer der Intellektuellen unter den Streikenden, ein Mann von Kraft und Einblick – Papa Menzies saß zu Hause, denn sein verzweifeltes hebräisches Eheweib hing ihm an den Rockschößen und heulte, wenn er auf die Straße ginge und mitstreikte, würde ihn die Polizei schnappen und nach Polen schicken, dort würden sie ihn erschießen, und er würde seine Familie nie mehr wiedersehen!
    Der Streik hatte zur Folge, dass Rachel nicht mehr in die Universität kommen konnte. Bunny, der elegante junge Gentleman und Müßiggänger, dem es noch nie im Leben an Geld gefehlt hatte, verstand das nicht und musste sich aufklären lassen, dass Rachels Familie Opfer gebracht habe, um ihr eine Ausbildung zu ermöglichen, und nun seien all diese Pläne über den Haufen geworfen worden. Natürlich wollte Bunny, dass Dad half, was nützte einem ein reicher Vater, wenn man seinen Freunden nicht in der Not beistehen konnte? Aber Rachel lehnte ab; sie seien immer unabhängig gewesen, an so etwas wolle sie gar nicht denken, sie müsse eben ein Semester ausfallen lassen.
    «Aber dann sind Sie nicht mehr in meiner Klasse», rief Bunny und merkte plötzlich, wie dringend er ein Gegengift gegen die langweilige Kultiviertheit der Southern Pacific brauchte.
    «Das ist sehr freundlich von Ihnen, Mr Ross», entgegnete sie ernst. «Aber vielleicht kommen Sie zu den Versammlungen der sozialistischen Ortsgruppe.»
    «Aber schauen Sie, ich kann das Geld wirklich ohne die geringste Mühe beschaffen, Sie brauchen es ja nicht als Geschenk zu betrachten; wenn Sie wollen, können Sie es zurückzahlen. Ist es nicht leichter, Geld zu verdienen, wenn man einen Universitätsabschluss hat?»
    Da gab ihm Rachel recht. Sie hatte vorgehabt, sich eine Stelle als Sozialarbeiterin zu suchen – sie war an die Southern Pacific University gegangen, weil es dort Spezialkurse für diesen Beruf gab. Bunny beschwor sie, Dads Geld anzunehmen, sie verpflichte sich zu nichts und könne von ihrem künftigen Gehalt monatlich zehn oder zwanzig Dollar zurückzahlen. Aber Rachel blieb stur – eine seltsame Anwandlung, geboren aus ihrem «Klassenbewusstsein».
    Das ging ihm derart nahe, dass er, ohne ihr etwas zu sagen, in sein Auto stieg und zur Wohnung der Familie Menzies fuhr. Die Adresse stand in seinem Notizbuch, und es kam ihm nicht in den Sinn, dass es ihr oder ihrer Familie peinlich sein könnte, wenn er sah, wie sie lebten – in einem Elendsviertel, zusammengepfercht in einem kleinen Hinterhaus mit drei Zimmern, ohne ein Fitzelchen Grün in Sichtweite. Es war eine Mietwohnung, denn Papa Menzies hatte all sein Geld in den Sozialismus gesteckt und nicht in Immobilien und Ziersträucher. Bunny traf ihn in einem vollgestopften Wohnzimmer an, zwischen Möbeln, Büchern, einer Näharbeit, den Resten einer Mahlzeit aus Brot und Hering, den Druckfahnen eines Artikels für eine Streikbroschüre und einer dicken alten Jüdin, die panisch herumlief und versuchte, verschiedene Gegenstände aus dem Blickfeld dieses beängstigend vornehmen Besuchers zu entfernen.
    Nichts von

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