Öl!
Vamp!»
Dann antwortete Bunny: «Du Dummerchen, er weiß doch, wenn ich nicht bei dir bin, bin ich womöglich auf einer sozialistischen Versammlung.»
Sie waren ja so glücklich! Dieses Entzücken frischer junger Herzen und frischer junger Körper, voller Begierde und mit jeder Faser bebend! Die Liebe durchflutete ihr ganzes Dasein, alles war wie verzaubert – der Klang ihrer Stimmen, die Bewegungen ihrer Hände, selbst ihre Kleidung, ihre Autos und ihre Häuser. Sie flogen aufeinander zu – die Fräulein vom Amt mussten Überstunden machen, damit sie in Verbindung blieben. Bunny entwickelte sich zum Einhandfahrer, wie man neuerdings sagte, außerdem studierte er die Kunst, Professoren zu beschwatzen und Vorlesungen zu schwänzen. Sein Gewissen war rein, schließlich hatte er mit Hilfe von Dads « einem Riesen » seine Pflicht gegenüber der sozialistischen Bewegung erfüllt. Außerdem war der Streik vorüber, die Bekleidungsnäher hatten sich einige Zugeständnisse erkämpft, die Streikführer waren freigelassen worden, und die angekündigten Enthüllungen aus Moskau waren bei den Zeitungen und damit auch bei allen anderen in Vergessenheit geraten.
Vee ließ Bunny noch immer nicht ins Studio. Beim nächsten Film vielleicht, aber nicht bei diesem; ihm und seinen Bolschewiken würde der Film nicht gefallen, und er musste so lange wie möglich vertröstet werden. Aber die restliche Zeit gehörte ihm, jeder einzelne kostbare Augenblick! Die alte Haushälterin erhielt ab und zu einen Fünfdollarschein und war taub, stumm und blind. Vees Zimmer war der einzige Raum, der im ersten Stock des Bungalows lag, er war nach allen Seiten offen, Efeuranken wanden sich um seine Fenster, und innen war alles weiß, eine liebliche Laube. Hier gehörten sie einander, und in Vees Augen standen Tränen der Ekstase. «O Bunny, Bunny! Ich habe doch geschworen, mich nie mehr zu verlieben, und schau mich jetzt an! Nicht im Traum hätte ich das für möglich gehalten! Bunny, ich sterbe, wenn du mich verlässt!» Er erstickte ihre Befürchtungen unter Küssen; wieder einmal erwies sich die Gültigkeit der alten Redensart, dass eine Tat mehr sagt als tausend Worte.
Keine Wolke stand am Himmel ihres Glücks – nur eine ganz kleine, nicht größer als eine Männerhand. Bunny sah sie gar nicht, und die Frau sah sie nur einen Augenblick lang und schaute gleich wieder weg. Ach, bestimmt würde die Rose immer und ewig blühen! 94
12
Der Schicksalszeiger auf dem Zifferblatt der Filmuhr stand für Vee abermals auf der Stunde des Ruhms. Der große Film war fertig, und wieder war sie auf allen Plakatwänden der Stadt zu sehen: «Schmolsky-Superba präsentiert Viola Tracy in dem Superstreifen ‹Stellvertreter des Teufels› – Millionenproduktion – Liebesdrama über die Russische Revolution». Das Plakatmotiv zeigte Vee, wie üblich in zerrissenen Dessous, in die Arme eines jungen, unbeschreiblich gut aussehenden amerikanischen Geheimagenten geschmiegt, während dieser mit einem Revolver auf eine Ansammlung struppiger schwarzer Backenbärte zielte, hinter denen furchterregend fremdländische Gesichter lauerten.
Überdies machten die Zeitungen auf den Film aufmerksam; seitenlang wurde darüber berichtet – über die Autoren der Vorlage, den Drehbuchautor, den Regisseur, den Verfasser der Untertitel, die Ausstatter und Dekorateure, die Kostümbildner und Musiker, am allermeisten aber über den Star. Konnte man da erwarten, dass die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit den Reportern keinen Hinweis auf den faszinierenden jungen Ölprinz gab, der jetzt Miss Tracys engster Freund war? Bunny hatte es erwartet und vielleicht auch Dad, aber sonst sicherlich niemand. Die Journalisten belagerten den jungen Prinzen, und reizende Herz-Schmerz-Journalistinnen versuchten aus ihm rauszukitzeln, wie es sich anfühlte, der allerbeste Freund eines so hell leuchtenden Sterns am Filmhimmel zu sein. Den einen Tag hieß es, sie seien verlobt, den anderen, sie seien es nicht, und wenn sie nichts sagten, wussten die Journalisten, was sie hätten sagen sollen. Wenn Bunny kein Foto herausrücken wollte, knipsten sie ihn auf der Straße, und wenn er das Gesicht abwandte, verfassten sie eine humorige Bildunterschrift: «Der schüchterne Ölprinz!»
Der «Stellvertreter des Teufels» hatte seine Weltpremiere in Gloobry’s «Million Dollar Melanesian Theatre» 95 , und wie jedermann weiß, sind diese Weltpremieren die bedeutendsten gesellschaftlichen Ereignisse
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