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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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Kaution; es waren zweitausend Dollar pro Bruder. Er schilderte die Schwierigkeiten mit seinem Vater und seine eigene Ohnmacht, und Rachel erwiderte, das verstehe sie natürlich, niemand könne erwarten, dass er die gesamte Radikalenbewegung freikaufe. Doch sein innerer Friede war damit nicht wiederhergestellt.
    Danach zu Harry Seager, dessen Wirtschaftsschule pleite war. Der Boykott hatte sie zu Fall gebracht, und Harry versuchte nun, die Trümmer zu verscherbeln. Er wollte sich eine Walnussfarm kaufen; Walnüsse waren schwerer zu boykottieren, weil man da die roten nicht von den weißen unterscheiden konnte.
    Weiter zu Dan Irving, dessen Arbeitercollege fast ebenso schlecht dastand. Die Massenverhaftungen hatten die konservativen Gewerkschaftsführer samt und sonders in die Flucht geschlagen. Das College hielt den Betrieb noch aufrecht, war aber verschuldet, und sein Leiter hatte seit Monaten kein Gehalt bekommen.
    Bunny stellte einen Scheck über zweihundert Dollar aus und dachte auf dem Heimweg über die nie zu klärende Frage nach, bis zu welchem Grad er berechtigt war, seinen Vater zugunsten von dessen Feinden auszuplündern.
    Von Dan Irving erfuhr er, dass Paul aus dem Gefängnis entlassen worden war und sich zusammen mit Ruth in Angel City aufhielt. Das Abkommen mit den Ölarbeitern sei eine Schurkerei, sagte Dan; die Unternehmer hätten sich ein letztes Mal der Ölbehörde bedient, um die Männer in die vollständige Kapitulation zu locken. Sie hatten der Ölbehörde versprochen, dass die Gewerkschafter nicht benachteiligt werden würden, dachten aber nicht im Traum daran, dieses Versprechen zu halten. Alle Streikbrecher durften an ihren Arbeitsplätzen bleiben, und von den Streikenden wurden nur so viele wie unbedingt nötig zurückgeholt. Alle aktiven Gewerkschafter bettelten um Arbeit, und die Erdölindustrie mit ihren Open-shop -Bedingungen benahm sich wie ein Sklavenhalter.
    2
    Bunny zog sofort los, um Paul und Ruth zu besuchen. Die Adresse, die Dan Irving ihm gegeben hatte, war eine schäbige, schmuddelige Pension in einem Stadtteil, den man den Mexikanern und Chinesen überlassen hatte. Eine alte Frau schickte ihn in den ersten Stock und sagte ihm, an welcher Tür er klopfen müsse, doch er erhielt keine Antwort. Als er später noch einmal hinging, war Ruth soeben heimgekommen. Sie hausten beengt in einem einzigen kleinen Zimmer mit einem Gaskocher, einem Ausguss in einer unbelüfteten Nische, einer zweiten, durch einen Vorhang abgetrennten Nische und einem Feldbett für Paul. Ruth schämte sich, weil Bunny sie an einem solchen Ort besuchen musste, erklärte aber, es sei nicht für lange, nur bis Paul wieder etwas verdiene; er sei gerade unterwegs, um Arbeit zu suchen. Sie selbst habe eine Stelle in einem Kaufhaus gefunden, und sobald es aufwärtsgehe, wolle sie sich zur Krankenschwester ausbilden lassen. Sie sah blass und erschöpft aus, lächelte aber tapfer. Das alles mache ihr nichts aus, solange nur Paul nicht im Gefängnis sei.
    Bunny wollte alle Neuigkeiten erfahren und überhäufte Ruth mit Fragen. Was Paul denn getan habe, dass sie ihn festgenommen hätten? Beim ersten Mal, berichtete Ruth, hatte der Sheriff mit einem Haufen abscheulicher Grobiane in der Rascum-Hütte eine Razzia durchgeführt; sie hatten alles entzweigeschlagen und Pauls sämtliche Bücher und Schriftstücke fortgeschleppt und sie bis heute einbehalten. Bei den anderen Männern, die regelmäßig in die Hütte kamen, waren sie genauso vorgegangen. Jetzt versuchten sie alle als «Rote» hinzustellen, aber welche Beweise sie hatten oder zu haben vorgaben, war Geheimnis des Sheriffs oder Bezirksstaatsanwalts oder wer weiß von wem. Sie hatten mehrere Spione in die Gruppierung eingeschleust; von einem wusste man es, zwei andere waren verschwunden und würden zweifelsohne als Zeugen wieder auftauchen. Aber kein Mensch hatte eine Ahnung, was sie bezeugen würden. Die anderen Jungs waren alle noch in diesen entsetzlich finsteren, dreckigen Massenzellen eingesperrt, wo man Tag und Nacht untätig dasaß. Der Prozess war für Februar angesetzt, bis dahin sollten sie offenbar dort bleiben. Paul war frei, dank Bunnys zehntausend Dollar, Ruth könne ihm gar nicht genug danken …
    Schon gut, sagte Bunny. Was es mit der zweiten Verhaftung auf sich habe? Und Ruth erzählte, dass Richter Delano eine einstweilige Verfügung erlassen hatte, nach der es untersagt war, die Firma Excelsior Pete bei der Ausübung ihrer Geschäfte, also der

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