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Öland

Öland

Titel: Öland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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aufsagen wie ein Kinderlied.
     Es waren Orte, an denen sie all die Jahre immer nur vorbeigefahren war. Denn für ihre Eltern hatte es im Sommer nur
     Stenvik und das Sommerhäuschen gegeben, das sie Ende der

     Vierzigerjahredort gebaut hatten – viele Jahre bevor die Touristen den Ort für sich entdeckten. Herbst, Winter und Frühling lebten sie in Borgholm, aber Sommer war es für Julia
     immer nur in Stenvik gewesen. Und ehe sie zu Gerlof nach
     Marnäs hochfahren würde, wollte sie erst das Dorf wiedersehen. Sie verband schlechte Erinnerungen damit, aber auch
     viele schöne. Die Erinnerung an lange, warme Sommertage.
    Sie sah das gelbe Schild schon von Weitem: Stenvik 1 km
     und darunter CAMPINGPLATZ, mit schwarzem Tape überklebt. Sie bremste und bog in die Zufahrtstraße ein, weg von
     der Alvar, hinunter zum Sund.
    Nach fünfhundert Metern tauchte die erste Feriensiedlung
     auf; die Häuschen waren verriegelt, mit weißen, heruntergelassenen Rollos hinter den Fenstern. Dahinter kam der Kiosk,
     der im Sommer der Treffpunkt für alle war. Seine Vorderseite
     war befreit von allen Zeitschriftenplakaten, Reklamezetteln
     und Fähnchen, die Fenster waren mit Holzläden verschlossen. Daneben stand ein Wegweiser, der zum Campingplatz
     mit seiner Minigolfanlage zeigte, deren Bahnen mit grünen
     Planen bedeckt waren. Der Campingplatz wurde von einem
     Freund Gerlofs betrieben, erinnerte sie sich.
    Die Hauptstraße führte zum Wasser, schwenkte nach
     rechts und führte oberhalb des Strandes am Ufer entlang, wo
     noch mehr verschlossene Sommerhäuser in einer schnurgeraden Reihe standen. Auf der anderen Seite lag der steinübersäte Strand, und kleine Wellen verzierten die Wasseroberfläche im Sund.
    Julia fuhr langsam an der alten Windmühle vorbei, die
     auf ihren drei dicken Holzbeinen ruhte. Seit Julia denken
     konnte, stand die Mühle einsam und verlassen auf der
     Klippe, knapp zehn Meter vom Strand entfernt. Allerdings
     hatte sie im Laufe der Zeit ihre rote Farbe fast vollkommen
     verloren und war ganz grau geworden. Von den Mühlenblättern war nur noch ein Kreuz mit morschen Streben erhalten.
    Nur ein paar hundert Meter von der Mühle entfernt lag
     Familie Davidssons Bootshaus. Es sah mit seinen roten Holzwänden, den weißen Fenstern und dem pechschwarzen Dach
     sehr gepflegt aus. Jemand musste es vor Kurzem gestrichen
     haben. Lena und Richard?
    Julia erinnerte sich noch gut, wie ihr Vater im Sommer
     immer vor dem Bootshaus auf einem Schemel gesessen und
     seine langen Netze geflickt hatte, während sie mit Lena und
     ihren Cousins und Cousinen am Strand umherlief und ihnen
     der stechende Geruch von Teer in die Nase stieg.
    Gerlof war auch an jenem entscheidenden Tag beim Bootshaus gewesen und hatte die Flundernetze gesäubert. Seither
     hegte Julia eine große Abneigung gegen seine Fischerei.
    Doch jetzt war keiner am Bootshaus. Trockenes Gras zitterte im Wind. Ein grünes, hölzernes Ruderboot lag neben
     dem Haus – es war Gerlofs altes Boot, und der Rumpf war so
     morsch, dass die Sonne ungehindert durch die obersten Planken scheinen konnte.
    Sie stellte den Motor ab, stieg aber nicht aus. Sie trug weder
     die passenden Schuhe noch die richtige Kleidung für den
     öländischen Herbst, außerdem hatte sie den Querbalken am
     Bootshaus gesehen, der mit einem großen Hängeschloss versehen war. Auch die Rollos waren wie bei allen anderen Häusern im Dorf heruntergelassen. Kulissen, das waren alles nur
     Kulissen für ein Sommertheater.
    Nun gut, sie wollte sich wenigstens noch Gerlofs Sommerhaus ansehen. Er hatte es selbst gebaut, auf altem Familiengrund. Sie startete den Motor und fuhr weiter auf der Hauptstraße, die sich gabelte. Sie nahm die rechte Abzweigung,
     zurück ins Inselinnere. Hier gab es niedrige Haine zum
     Schutz der wenigen im Winter bewohnten Häuser, aber alle
     Bäume bogen sich vom Strand weg, niedergezwungen vom
     ständigen Wind.
    In einem großen Garten rechts von der Straße lag ein großesgelbes und sehr baufälliges Holzhaus. Die Farbe blätterte
     von den Wänden, und die Dachziegel waren zersprungen
     und moosbewachsen. Julia wusste nicht mehr, wem das Haus
     gehörte, konnte sich aber auch nicht erinnern, den großen
     Garten jemals in einem guten, gepflegten Zustand gesehen
     zu haben.
    Zwischen den Bäumen rechts verlief ein kleiner Weg,
     schmal und mit einem Streifen aus kniehohem gelben Gras
     in der Mitte. Julia erkannte die Einfahrt, bog ein und hielt.
    

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