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Öland

Öland

Titel: Öland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Wolkenbruch. Das Regenwasser stand noch in
     den Spurrillen wie in länglichen Pools; sie wurde langsamer
     und rollte im ersten Gang weiter, aber der Wagen rutschte
     trotzdem.
    Sie fuhr am Rand der Alvar entlang. Dann führte die Straße
     zuerst entlang der Küstenstraße zum Steinbruch herab, dann
     aber zu Ernst Adolfssons kleinem Haus hinauf. Sie endete in
     einem kreisrunden Wendeplatz auf dem Hof vor dem Haus,
     wo auch Ernsts alter weißer Volvo PV stand.
    Ein weiterer flacher und polierter Stein mit schwarzem
     Text stand in der Mitte des Wendeplatzes: STEINKUNST –
     WILLKOMMEN.
    Julia parkte hinter dem Volvo, stieg aus und holte ihr Portemonnaie aus der Tasche.
    Der Wind fuhr über das flache Gras, die Landschaft war
     nahezu baumlos. Auf der einen Seite des Gartens sah man
     riesige Wunden im Berg, wo der Steinbruch gewesen war, aufder anderen Seite gab es nur Gras und vereinzelte Wacholderbüsche, so weit das Auge reichte. Die Alvar.
    Sie drehte sich wieder um und betrachtete das Haus. Die
     Tür war zu und alles still.
    »Hallo?«, rief sie zaghaft.
    Der Wind dämpfte ihr Rufen, es antwortete niemand.
    Ein breiter Pfad aus Kalksteinsplittern führte zur Eingangstür an der Stirnseite des Hauses, wo sich auch eine Klingel befand. Julia klingelte. Auch jetzt kein Lebenszeichen. Sie
     klingelte erneut. Nichts geschah.
    Einem Impuls folgend, versuchte sie den Türgriff zu bewegen. Die Tür war nicht abgeschlossen und glitt einen Spaltbreit auf, als würde sie Julia zum Eintreten einladen.
    Sie streckte den Kopf durch den Türspalt.
    »Hallo?«
    Niemand antwortete. Sie horchte auf das Geräusch schwerer Schritte und eines Stocks, der auf den Boden stößt, aber es
     blieb still.
    Er ist nicht zu Hause, fahr weiter zu Gerlof, sagte ihr eine innere Stimme. Aber sie war zu neugierig. Schloss man seine
     Tür auf Öland nicht ab, wenn man das Haus verließ? Hatte
     man noch immer so großes Vertrauen zueinander?
    WILLKOMMEN stand auf einer grünen Plastikfußmatte
     vor der Tür. Julia rieb sich ein paar Mal die Sohlen ab und
     trat ein.
    »Hallo?«, sagte sie. »Ernst? Ich bin es, Julia. Die Tochter von
     Gerlof …«
    Unter der Decke im Flur hing ein Mobile aus kleinen Holzschiffen, die sich im Luftzug drehten. Rechts war die Küche,
     sauber und gewischt, mit einem kleinen Esstisch und zwei
     Sprossenstühlen. Links vom Flur ging es ins Schlafzimmer
     mit einem schmalen, gemachten Bett.
    Der Flur endete in einem Wohnzimmer mit Sofa, Fernseher und einem Panoramafenster, das den Steinbruch undden blauen Sund dahinter präsentierte. Auf dem Tisch in
     der Mitte lagen Stapel von Zeitungen und Büchern. An der
     Wand hing eine sechseckige Uhr aus geschliffenem Kalkstein,
     Schiefersplitter waren die Zeiger.
    Das einzig Merkwürdige an dem Haus war, dass die Uhr offenbar das einzige Kunstobjekt aus Stein war. Begnügte Ernst
     sich mit den Skulpturen im Freien?
    Sie ging den Flur wieder zurück und sah sich ein paar Mal
     um, als könnte jederzeit ein Angreifer aus einer Mauerritze
     hervorstürzen, verließ das Haus und zog die Tür vorsichtig
     hinter sich zu.
    Julia stand im Sonnenschein und wusste nicht recht, was
     sie als Nächstes tun sollte. Ernst Adolfsson war bestimmt irgendwo unterwegs und hatte vergessen abzuschließen.
    Sie sah zu den Steinfiguren an der Kante des Steinbruchs.
     Daneben stand ein kleiner rot gestrichener Arbeitsschuppen,
     umgeben von niedrigen Birken, und auf einem Haufen vor
     dem Schuppen lagen mehrere Blöcke und Steine in unterschiedlichen Größen. Man sah Schleifspuren auf ihnen, aber
     sie wirkten noch unvollendet. Einige von ihnen sahen aus
     wie verkrüppelte Menschen. Julia sah entstellte Gesichter
     und schwarze Augenhöhlen in Stein und musste an Trolle
     denken, die Menschenkinder entführten und für immer ins
     Innere des Berges mitnahmen. Gerlof hatte mal erzählt, dass
     immer den Trollen die Schuld gegeben wurde, wenn den Arbeitern im Steinbruch früher Werkzeug abhanden gekommen war. Damals war es undenkbar gewesen, dass einer der
     Kameraden es gestohlen hatte.
    Sie betrachtete die fertigen Steinkunstwerke an der scharfen Abbruchkante des Steinbruchs. Kleine Leuchttürme, runde Brunnendeckel, hohe Sonnenuhren und ein paar breite
     Grabsteine, die nicht beschriftet waren.
    Da fehlte etwas. In der Reihe der Skulpturen klaffte eine
     breite Lücke. Sie hatte am Vorabend etwas von der anderenSeite des Steinbruchs gesehen: Der große Kirchturm fehlte,
     der an die

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