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Öland

Öland

Titel: Öland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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gut schlafen.«
    »Schön. Aber halte Kontakt zu Astrid und John«, sagte Gerlof. »Ihr müsst zusammenhalten.«
    »Natürlich.« Julia zog sich den Mantel an. »Ich war übrigens auf dem Friedhof, habe ein Licht für Mama angezündet.«
    »Schön … Das brennt fünf Tage, bis zum Wochenende. Die
     Friedhofsverwaltung kümmert sich um die Grabpflege. Ich
     komme leider nicht so oft dorthin …« Gerlof hustete. »War für
     Ernst schon ein Grab ausgehoben?«
    »Ich habe keines gesehen«, sagte Julia. »Aber ich habe Nils
     Kants Grab an der Steinmauer gefunden. Das wolltest du mir
     doch zeigen, oder?«
    »Ja.«
    »Bevor ich zu dem Grab gekommen bin, habe ich mich
     gefragt, warum Nils Kant damals nicht verdächtigt wurde«,
     sagte Julia, »aber jetzt verstehe ich, warum ihn keiner erwähnt hat.«
    Gerlof überlegte, ob er darauf hinweisen sollte, dass es für
     einenMörder das Klügste wäre, sich tot zu stellen, aber er
     schwieg.
    »Da lagen Rosen auf dem Grab«, sagte Julia.
    »Frische Rosen?«, fragte Gerlof.
    »Nicht wirklich«, sagte Julia. »Vielleicht vom Sommer. Und
     dann war da noch etwas anderes …«
    Sie steckte ihre Hand in die Manteltasche und holte den
     kleinen Briefumschlag heraus, der am Rosenstrauch gesteckt
     hatte. Er war mittlerweile getrocknet, und sie reichte ihn
     Gerlof.
    »Wir sollten ihn vielleicht gar nicht öffnen«, sagte sie, »das
     ist doch privat …«
    Aber Gerlof hatte ihn bereits mit flinker Hand aufgerissen,
     zog einen kleinen weißen Zettel heraus und las ihn laut:
    »Wir werden alle vor dem Richterstuhl Gottes dargestellt
     werden.« Er sah Julia an. »Das ist alles, was hier steht … Es ist
     ein Zitat aus dem Brief des Paulus an die Römer. Darf ich das
     behalten?«
    Julia nickte.
    »Liegen oft Blumen und Briefe auf Kants Grab?«, fragte
     sie.
    »Nicht oft«, sagte Gerlof und legte den Briefumschlag in
     seine Schreibtischschublade. »Aber es ist im Laufe der Jahre
     immer wieder vorgekommen. Ich habe ein paar Mal Rosensträuße gesehen.«
    »Das heißt, Nils Kant hat noch Freunde unter den Lebenden?«
    »Ja, auf jeden Fall gibt es jemanden, der sich an ihn erinnern möchte«, sagte Gerlof und fügte hinzu: »Menschen mit
     einem schlechten Ruf haben ja ab und an auch Bewunderer.«
    Sie schwiegen.
    »Okay. Dann fahre ich jetzt nach Stenvik«, sagte Julia
     schließlich und knöpfte den Mantel zu.
    »Was machst du morgen?«
    »Vielleicht fahre ich mal nach Långvik«, sagte Julia. »Wir
     werden sehen.«
    Nachdem seine Tochter das Zimmer verlassen hatte, ließ
     Gerlof die Schultern hängen. Er war müde. Er hob die Hand
     und sah seine Finger zittern. Es war ein anstrengender Nachmittag gewesen, aber er hatte trotzdem noch etwas Wichtiges zu erledigen.
    »Torsten, hast du eigentlich damals Nils Kant begraben?«,
     fragte Gerlof einige Stunden später.
    Die beiden saßen an zwei Arbeitstischen des Hobbyraums
     im Keller. Nach dem Abendessen war Gerlof mit dem Aufzug
     in den Hobbykeller gefahren und hatte dort über eine Stunde
     gewartet, bis eine ältere Dame aus dem ersten Stock ihre
     schier endlose Webarbeit beendet hatte.
    Er wollte allein mit Torsten Axelsson sein, der vom Krieg
     bis in die Siebzigerjahre auf dem Friedhof von Marnäs gearbeitet hatte. Während Gerlof auf den richtigen Augenblick
     wartete, hatte sich die Herbstdunkelheit vor den schmalen
     Kellerfenstern herabgesenkt. Es war Abend geworden.
    Ehe er seine entscheidende Frage stellte, hatte Gerlof mit
     Axelsson über das bevorstehende Begräbnis gesprochen, um
     ihn vom Gehen abzuhalten. Axelsson litt ebenfalls an Rheuma, war aber vollkommen klar im Kopf, und so war es meistens sehr unterhaltsam, mit ihm zu plaudern. Er schien nicht
     mit derselben nostalgischen Sehnsucht an seine Arbeit als
     Totengräber zurückzudenken wie Gerlof an seine Zeit zur
     See; aber er blieb im Hobbykeller, und sie redeten über alte
     Zeiten.
    Gerlof saß an einem Tisch, der übersät war von kleinen
     Holzstückchen, Kleber, Werkzeug und Sandpapier. Er arbeitete an einem Modell der Galeasse PAKET, Borgholms letztem
     Segelfrachter, der in den Sechzigerjahren in Stockholm zu einem Ausflugsboot umgebaut worden war. Der Schiffsrumpf
     stand,aber an der Takelage gab es noch einiges zu tun, sie
     würde ohnehin erst richtig fertig werden, wenn alles in der
     Flasche war und er die Masten hochziehen und die letzten
     Tampen befestigen konnte.
    Gerlof feilte vorsichtig eine kleine Kerbe in den Masttop
     und

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