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Öland

Öland

Titel: Öland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Strand schlugen.
    Sie ging zum Sommerhaus hoch, um sich zu waschen
     und zu frühstücken, und als sie danach über das Grundstück
     schlenderte, entdeckte sie hinter dem Geräteschuppen ein
     altes Damenfahrrad. Es war rostig und schlecht geölt, aber es
     hatte noch genug Luft in den Reifen.
    Sie beschloss, bis Långvik zu radeln und dort zu Mittag zu essen. In Långvik wollte sie versuchen, einen alten
     Mann namens Lambert zu finden, um sich für eine Ohrfeige zu entschuldigen, die sie ihm vor vielen Jahren gegeben hatte.
    Die Küstenstraße nach Norden war eher ein Kiesweg als eine
     richtige Straße, staubig und voller Schlaglöcher, aber man
     konnte darauf fahren. Und die Landschaft war so wunderschön, wie sie es schon immer gewesen war, zur Rechten die
     Alvar und zur Linken, einige Meter unterhalb der Klippenkante, das glitzernde Wasser. Julia vermied es, in den Steinbruch zu sehen, als sie daran vorbeifuhr. Sie wollte nicht wissen, ob man noch etwas sehen konnte.
    Nachdem sie den Steinbruch hinter sich gelassen hatte, genosssie die Fahrradtour, die Sonne im Gesicht und den Wind
     im Rücken.
    Långvik lag fünf Kilometer nördlich von Stenvik, war aber
     größer und ein ganz anderer Dorftyp. Hier gab es eine offizielle Badestelle mit Sandstrand, einen Gästehafen für Segler,
     mehrere größere Häuser mit Eigentumswohnungen im Zentrum sowie Feriendörfer südlich und nördlich des Ortes.
    GRUNDSTÜCKE ZU VERKAUFEN stand auf einem Schild
     am Straßenrand. In Långvik wurde ununterbrochen gebaut:
     Zäune, Markierungspfähle und neu angelegte Kieswege liefen
     in die Alvar und endeten zwischen großen Paletten mit eingeschweißten Dachziegeln und Stapeln imprägnierter Bretter.
    Darüber hinaus gab es ein Hafenhotel, so breit wie der
     Sandstrand, drei Stockwerke hoch und mit einem großen
     Restaurant.
    Julia aß das Nudelgericht im Restaurant mit einem Anflug
     von Nostalgie. Anfang der Sechzigerjahre hatte sie in diesem
     Lokal oft getanzt. Das Hotel war wesentlich kleiner gewesen,
     als sie mit anderen Teenagern aus Stenvik hierhergeradelt
     kam, aber schon damals imposant gewesen. Auf einer großen
     Holzveranda oberhalb des Strandes hatten sie bis Mitternacht
     getanzt. Rockmusik vermischt mit dem Rauschen der Wellen. Der Geruch von Schweiß, Rasierwasser und Zigaretten.
     Hier in Långvik hatte Julia ihr erstes Glas Wein getrunken
     und war ab und zu spät in der Nacht auf einem knatternden
     Moped nach Hause gefahren worden. In voller Fahrt und
     ohne Helm durch die Dunkelheit in der festen Überzeugung,
     dass das Leben phantastisch werden wird.
    Die Holzveranda gab es nicht mehr, und das Hotel war
     ausgebaut und um große helle Konferenzräume und einen
     Swimmingpool erweitert worden.
    Nach dem Mittagessen hatte Julia angefangen, in dem Buch
     zu lesen, das ihr Gerlof gegeben hatte. Der Titel lautete Öländische Verbrechen. In dem Kapitel mit der Überschrift »Der Mörder,der davonkam« hatte sie gelesen, was Nils Kant an jenem
     Sommertag 1945 in der Alvar getan hatte:
    Wer waren die zwei uniformierten Männer, die Nils Kant in der
     Alvar an diesem schönen Tag so kaltblütig hinrichtete?
    Vermutlich waren es deutsche Soldaten, denen es gelungen war,
     die Ostsee auf der Flucht vor den grausamen Kämpfen in Kurland an
     der Westküste Lettlands in der Endphase des Zweiten Weltkrieges zu
     überqueren. Die Deutschen waren in Kurland von der Roten Armee
     eingekesselt worden, die einzige Chance zu entkommen bestand darin, in einem schwimmenden Gefährt sein Glück zu versuchen. Die
     Risiken waren groß, dennoch versuchten in dieser Zeit sowohl Soldaten als auch Zivilisten die Flucht aus dem Baltikum nach Schweden.
     Aber keiner weiß es genau. Die toten Soldaten trugen weder Dokumente noch Pässe bei sich, durch die man sie hätte identifizieren können, darum bekamen sie ein namenloses Grab.
    Dennoch hatten sie Spuren hinterlassen. Als Kant die beiden Leichen in der Alvar zurückließ, konnte er nicht wissen, dass ein kleines,
     grünes Motorboot mit russischem Namensschild am selben Morgen
     in einer Bucht einige Kilometer südlich gefunden worden war.
    In dem offenen, leckgeschlagenen Boot befanden sich unter anderem deutsche Soldatenhelme, Dutzende verrosteter Konservenbüchsen, ein Topf, ein abgebrochenes Ruder und eine kleine Dose mit dem
     medizinischen Puder von Dr. Theodor Morell, Hitlers Leibarzt. Das
     Puder, ein Mittel gegen Läuse, wurde in Berlin exklusiv für

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