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Oelspur

Titel: Oelspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Erler
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zukommt. Er kriegt Panik, macht den Anruf und einen schnellen Abflug.«
    »Ja, vielleicht«, sagte Geldorf, »so ungefähr stellen sich meine Kollegen das auch vor. Aber wir stehen ja noch ganz am Anfang der Ermittlungen. Die Notrufzentrale hat den Anruf natürlich aufgezeichnet, aber ohne Vergleichsstimme …«
    Er sah mich direkt an und schien irgendwie auf eine Reaktion von mir zu warten, aber ich tat ihm den Gefallen nicht. Ich saß einfach da und rührte mich nicht. Schließlich gab er es auf, angelte sich seinen Mantel und schlurfte zur Tür.
    »Danke für den Schnaps, und vielleicht fällt Ihnen ja noch was ein zu unserem geheimnisvollen Anrufer. Ach ja, und wir haben ja auch immer noch unsere Ballistiker. Das Bein sah ja schlimm aus, aber lange nicht so schlimm wie der Kopf. Komisch eigentlich, wenn es das gleiche Kaliber war …«
    Er ließ den Satz so stehen, war schon halb aus der Tür und kam dann in bester Columbo-Manier noch mal zurück.
    »Sie können Ihre Schwester beerdigen«, sagte er, zu Anna gewandt. »Hab ich in der Aufregung vergessen. Die Gerichtsmedizin hat den Leichnam freigegeben. Keine neuen Erkenntnisse, aber der leitende Pathologe will noch mal mit Ihnen sprechen, wenn Sie es einrichten können. Bleiben Sie sauber!«
    Und damit war er weg.
    Anna stand auf und räumte mit demonstrativer Missbilligung den Aquavit beiseite. Ich saß auf dem Sofa und beobachtete meine rechte Hand, die flach auf meinem Knie lag. Sie hatte angefangen, unkontrolliert zu zittern. Ich steckte sie in die Hosentasche.
    »Immerhin ein Aufschub«, sagte Anna, als sie aus der Küche zurückkam. »Denk bloß nicht, dass du aus dem Schneider bist. Geldorf hat einen guten Riecher. Er weiß nur nicht, wie er eine Verbindung zwischen dir, einem Schwerkriminellen und einer Riesenknarre herstellen soll. Und er ist sich nicht sicher, ob er es wirklich wissen will.«
    »Du kannst fantastisch lügen«, sagte ich.
    »Ja!«
    »Ich war drauf und dran, ihm einfach alles zu erzählen.«
    »War nicht nötig. Bist du nicht froh, dass du ihn nicht getötet hast?«
    »Hab ich nicht? Immerhin habe ich ihn so zugerichtet, dass jemand anderes es für notwendig hielt, ihm das Gehirn rauszuschießen!«
    »Oh, Scheiße, Mann, jetzt fang bloß nicht damit an. Du hast einem gesuchten Mörder und Frauenschänder aus Notwehr ins Bein geschossen. Okay? Und einer von seinen Dreckskumpanen hat nach kurzer Bedenkzeit beschlossen, dass es besser ist, ihn zu beseitigen. Also jetzt nerv mich nicht mehr als unbedingt nötig!«
    Ich schwieg und versuchte, mich auf Geldorf zu konzentrieren. Spätestens wenn sie die Projektile untersuchten, würden sie wissen, dass zwei unterschiedliche Waffen im Spiel waren. Aber würden sie zwangsläufig auf zwei Täter schließen? Nicht unbedingt. Die kleinkalibrige Pistole hätte Selimi gehören können. Der Mörder nimmt sie ihm weg, schießt ihm, vielleicht im Handgemenge, ins Bein und erledigt ihn anschließend mit seiner Riesenkanone, um möglichst viele Spuren zu verwischen und weil er für die einen Schalldämpfer hat. Dann hatte er beide Waffen mitgenommen. Aber was war mit der Arterienpresse. Wer hatte die angelegt? Egal. So oder so, Anna hatte recht. Wir hatten einen Aufschub.
    »Wir müssen die beiden Pistolen loswerden«, sagte sie.
    »Wenn wir wirklich versuchen wollen, ohne Polizei etwas herauszufinden, sollten wir sie vielleicht behalten. Ich hab eine Heidenangst.«
    »Das solltest du auch. Aber ich kann nicht schießen. Und vor allem, ich will nicht! Und du? Denkst du, weil du es zufällig geschafft hast, den Typ ins Bein zu treffen, könntest du dich auf irgendwelche Schießereien mit Exsöldnern einlassen? Aber was noch wichtiger ist: Über Helens Waffe wissen wir nichts, aber möglicherweise ist sie irgendwo registriert. Die von dem Albaner ist mit Sicherheit in irgendeiner Interpol-Kartei, wer weiß, was er damit angestellt hat. Ich lasse die beiden Schätzchen im Hafen verschwinden. Wenn wir damit erwischt werden, sind wir im Eimer.«
    Sie hatte recht. Heute war eindeutig ihr Tag, während mein Gehirn gerade noch mit Notstromaggregat vor sich hin dümpelte. Tilt! Game over! Ich legte mich wieder aufs Sofa und versuchte, den Schmerz in meiner Schulter zu ignorieren. Anna hockte mit untergeschlagenen Beinen auf einem der Sessel und sah zu, wie ich einschlief. Als ich aufwachte, saß sie noch genauso da. Es war schon dunkel.
    »Ich hol uns was zu essen«, sagte sie, »vom Chinesen. Ist nicht weit die

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