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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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»Hier in der
Nähe muss es sein«, sagte sie, »etwa dreißig
Kilometer westlich dieser Meerenge, achthundert Kilometer
nördlich von hier.«
    »Wird dieses Ding in Realzeit aktualisiert?«, fragte
Clavain.
    »Die Auffrischung erfolgt durchschnittlich alle zwei
Tage«, sagte Scorpio. »Manchmal dauert es auch etwas
länger. Das hängt von den Positionen der Satelliten und der
Höhenballons sowie von der Wolkendecke ab. Warum?«
    »Weil es so aussieht, als wäre etwa an der Stelle
tatsächlich etwas.«
    »Er hat Recht«, sagte Khouri. »Das muss Skades
Schiff sein, nicht wahr?«
    Scorpio beugte sich vor und betrachtete das weiße
Pünktchen. »Das ist kein Schiff«, sagte er. »Das
ist nur eine Eisscholle, ein kleiner Eisberg.«
    »Bist du dir sicher?« fragte Clavain.
    Blood deutete mit einem Huf auf den Punkt, den Khouri meinte.
»Wir sollten uns vergewissern. Karte: zehnfache
Vergrößerung.«
    Die geografischen Merkmale krochen auf die Ränder zu. Die
Eiskruste schwoll auf die Größe eines Fingernagels an.
Blood befahl der Karte, einen Kontrastfilter vorzuschalten, aber auch
damit war nicht viel mehr zu erkennen, als dass der Eisberg
Schmelzwasser ins Meer abgab und nach allen Richtungen dünne
weiße Fühler ausstreckte.
    »Kein Schiff«, sagte Scorpio.
    Clavain war nicht so sicher. »Ana, in Ihrem Bericht
bezeichneten Sie das Schiff, mit dem Skade landete, als schwere
Korvette, richtig?«
    »Ich verstehe nicht viel von Raumschiffen, aber so hatte man
es mir gesagt.«
    »Sie sprachen von fünfzig Metern Länge. Das
entspräche den Ausmaßen einer Korvette der Moray-Klasse.
Mir fällt auf, dass der Eisberg etwa die gleiche
Größe hat. Auch die Proportionen stimmen – er mag
etwas größer sein, aber nicht viel.«
    »Vielleicht nur ein Zufall«, meinte Blood. »Sie
wissen, dass immer wieder einmal kleine Eisberge in diese Breiten
abtreiben. Manchmal kommen sie sogar bis zu uns in den
Süden.«
    »Aber sonst gibt es im näheren Umkreis keinen einzigen
Eisberg«, gab Clavain zu bedenken.
    »Trotzdem«, sagte Scorpio. »Wieso sollte in dem
Ding ein Schiff stecken? Wie wäre es zu einer Eishülle
gekommen? Schiffe werden in der Atmosphäre allenfalls
heiß, aber nicht kalt. Und inzwischen müsste das Eis doch
längst geschmolzen sein!«
    »Das werden wir alles an Ort und Stelle erfahren«, sagte
Clavain langsam. »Bleiben wir zunächst bei den praktischen
Dingen. Wir wollen nicht, dass Skade erschrickt und kopflos reagiert,
deshalb werden wir uns langsam nähern und uns deutlich zu
erkennen geben.« Er zeigte auf eine Stelle südlich des
Eisbergs. »Ich schlage vor, Antoinette fliegt uns mit einem
Shuttle bis hierher. Dann setzen wir zwei oder drei Boote aus und
legen den Rest der Strecke auf dem Wasser zurück. Wir nehmen
chirurgische Instrumente und Nahkampfwaffen mit, aber von Letzteren
nicht zu viele. Sollte es nötig werden, das Schiff zu
zerstören, können wir immer noch vom Festland aus einen
Luftschlag führen.« Er blickte auf, ohne den Finger von der
Karte zu nehmen. »Wenn wir heute Nachmittag aufbrechen,
erreichen wir den Eisberg im Morgengrauen. Damit hätten wir
einen vollen Tag Zeit, um mit Skade zu verhandeln.«
    »Augenblick mal«, wandte Dr. Valensin lächelnd ein.
»Bevor wir uns zu sehr hinreißen lassen – wollen Sie
behaupten, dass Sie das alles tatsächlich ernst
nehmen?«
    »Sie etwa nicht?«, fragte Clavain.
    »Sie ist meine Patientin«, sagte Valensin mit einem
teilnahmsvollen Blick auf Khouri. »Ich verbürge mich
dafür, dass sie nicht offenkundig verrückt ist. Sie
hat Synthetikerimplantate, und wenn ihr Kind sie ebenfalls hatte,
konnten sie miteinander kommunizieren, während sie das Kind noch
in sich trug. Remontoire hätte dem Ungeborenen die Implantate
mit einem wenn auch unorthodoxen mikrochirurgischen Eingriff per
Fernsteuerung einsetzen können. Mit den Möglichkeiten der
Synthetikermedizin wäre es sogar denkbar, dass Skade den
Fötus aus Khouris Schoß geholt hätte, ohne
irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Aber alles andere? Finden Sie
diese Geschichte von einem Weltraumkrieg vor unserer Haustür
nicht doch ziemlich weit hergeholt?«
    »Nicht unbedingt«, sagte Clavain.
    »Das müssen Sie mir erklären«, sagte Valensin
mit einem Hilfe suchenden Blick auf seine Kollegen.
    Clavain deutete auf seine Schläfe. »Vergessen Sie nicht,
auch ich bin Synthetiker. Und bei der letzten Kontrolle
funktionierten die Maschinchen in meinem Kopf noch
einwandfrei.«
    »Das weiß ich«,

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