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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Ich habe die Karawane besucht, aber ich habe
mich Miss Els nicht gezeigt. Ich wollte sie nicht erschrecken, es
könnte doch sein, dass wir sie noch brauchen. Sie will unbedingt
herausfinden, was aus ihrem Bruder geworden ist, dennoch wird sie
sich hüten, dem Weg zu nahe zu kommen.«
    »Hm.« Das passte alles so herrlich zusammen, dass
Quaiche lächeln musste. »Was ist denn nun aus diesem Bruder
geworden?«
    »Er starb bei Räumarbeiten«, sagte Grelier.
»Wurde von der Morwenna zerquetscht.«

 
Einundzwanzig
Ararat

2675
     
     
    Skade steckte zur Hälfte in einem Gespinst aus Eis und dem
gefrorenen schwarzen Schaum der Unterdrückermaschinen. Aber sie
war am Leben. Das sahen sie sofort, als sie sich durch die schmale
Öffnung im zerdrückten Schott zwängten. Sie lag noch
in der Kommandoliege. Ein Hauch von Interesse trübte die heitere
Gelassenheit ihrer Züge, als sie leicht den Kopf in ihre
Richtung drehte. Eine weiß behandschuhte Hand schwebte
über einem tragbaren Holoklavier, das sie auf dem Schoß
hielt, die Finger rasten so schnell über die Tasten, dass sie zu
einem weißen Nebel verschwammen, und erzeugten Tonsalven, die
den Besuchern wie Gewehrfeuer entgegenschossen.
    Skade nahm die Hand von den Tasten. Die Musik verstummte.
»Ich habe mich schon gefragt, wo ihr so lange bleibt.«
    »Ich will mein Kind zurück, Miststück«, sagte
Khouri.
    Skade tat so, als hätte sie nichts gehört. »Was ist
passiert, Clavain?«
    »Ein kleines Missgeschick.«
    »Die Wölfe haben dir die Hand abgefressen. Wie
unerfreulich.«
    Clavain zeigte ihr das Messer. »Ich habe getan, was
nötig war. Erkennst du es, Skade? Es hat mir heute nicht zum
ersten Mal das Leben gerettet. Mit diesem Messer habe ich nach
unserer kleinen Meinungsverschiedenheit über die künftige
Politik des Mutternetzes die Membran um den Kometen aufgeschnitten.
Das hast du doch sicher nicht vergessen?«
    »Seit ich dieses Messer zum letzten Mal gesehen habe, ist
viel Wasser ins Meer geflossen. Zu jener Zeit hatte ich noch meinen
alten Körper.«
    »Was geschehen ist, tut mir Leid, aber ich habe auch damals
nur getan, was nötig war. In der gleichen Situation würde
ich heute wieder genauso handeln.«
    »Daran zweifle ich nicht, Clavain. Man kann über dich
sagen, was man will, aber zu deinen Überzeugungen hast du immer
gestanden.«
    »Wir wollen das Kind holen«, sagte er.
    Sie nickte Khouri kaum merklich zu. »Das dachte ich
mir.«
    »Wirst du es uns freiwillig aushändigen, oder
müssen wir erst ein blutiges Gemetzel veranstalten?«
    »Was wäre dir denn lieber, Clavain?«
    »Hör zu, Skade. Es ist vorbei. Was immer zwischen dir
und mir vorgefallen ist, welchen Schaden wir uns zufügten, an
welche Bindungen wir glaubten, es spielt alles keine Rolle
mehr.«
    »Das habe ich Remontoire auch gesagt.«
    »Aber du hast mit ihm verhandelt«, sagte Clavain.
»Wir wissen es. Also lass uns bis an die Grenzen gehen. Lass uns
wieder mit vereinten Kräften kämpfen. Gib uns Aura
zurück, und wir teilen alles mit dir, was sie uns sagt. So
profitieren wir alle auf lange Sicht.«
    »Was kümmert mich die lange Sicht, Clavain? Ich werde
dieses Schiff nie wieder von außen sehen.«
    »Wenn du verletzt bist, können wir dir helfen.«
    »Das halte ich für höchst
unwahrscheinlich.«
    »Geben Sie mir Aura«, verlangte Khouri.
    Scorpio trat näher und sah sich die verletzte Synthetikerin
genauer an. Sie trug eine sehr helle, nahezu weiße
Rüstung, wahrscheinlich Chamäleo-Panzerung: Die
äußere Schale hatte sich der Farbe des Eises angepasst,
das in der Kabine kondensiert oder durch die Wände gebrochen
war, bevor die Beleuchtung versagte. Der Anzug war einer
mittelalterlichen Ritterrüstung nachempfunden. Stark
gewölbte verschiebbare Platten schützten die Gelenke, auch
der Brustharnisch war deutlich gerundet. Über dem
rockähnlich ausgestellten Hüftpanzer wirkte ihre Taille
sehr weiblich, fast wie geschnürt. Der Rest des Körpers
– der gesamte Unterleib – verschwand im Eis. Skade konnte
sich so wenig von der Stelle rühren wie eine
Schaufensterpuppe.
    Sie war von warzenähnlichen schwarzen Häufchen von
Unterdrückermaschinen umringt. Aber die Maschinen waren im
Moment offenbar nicht aktiv. Skade hatte Ruhe vor ihnen.
    »Ihr könnt Aura haben«, sagte sie. »Aber sie
hat natürlich ihren Preis.«
    »Wir werden nicht für sie bezahlen«, sagte Clavain.
Seine Stimme klang rau und matt, ohne Kraft.
    »Du hast doch eben von Verhandlungen gesprochen«,
erinnerte

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