Offenbarung
Synthetiker ausprobiert hatte, schon gar nicht an einer
Synthetikerin, die eine Geisel im Leib trug.
Clavain fasste Khouri am Arm. »Das wird sie nicht
zulassen«, erklärte er ruhig. »Sie wird einen Weg
finden, um Aura zu töten, bevor wir an sie herankommen. Aber es
ist schon in Ordnung. Es soll eben so sein.«
»Nein, Clavain«, wiederholte Khouri.
Er winkte ab. »Ich bin hierher gekommen, um Aura zu befreien.
Daran hat sich nichts geändert.«
»Ich will nicht, dass Sie sterben.«
Clavain lächelte. Die Fältchen um seine Augen vertieften
sich. »Das glaube ich Ihnen. Ich will es eigentlich auch nicht.
Seltsam, wie schnell die Vorstellung an Reiz verliert, wenn einem
jemand anderer die Entscheidung abnimmt. Aber Skade will meinen Tod,
und deshalb führt wohl kein Weg daran vorbei.«
»Wollen wir nicht endlich anfangen?«, unterbrach
Skade.
»Moment mal«, sagte Scorpio. Er hatte sich im Geist
zurechtgelegt, was er sagen wollte, aber die Worte kamen ihm selbst
unwirklich vor. »Angenommen, wir stimmen zu… und Sie
töten Clavain… wer garantiert uns denn, dass Sie ihren Teil
des Abkommens einhält?«
»Auch das hat sie bedacht«, sagte Clavain.
»Gewiss doch«, antwortete Skade. »Ich habe auch das
entgegengesetzte Szenario durchgespielt: Wer garantiert mir, dass ihr
Clavain nicht einfach mitnehmt, sobald ihr Aura habt? Gegenseitiges
Vertrauen ist hier keine ausreichende Basis. Deshalb habe ich mir
eine Lösung ausgedacht, die beide Parteien zufrieden stellen
sollte.«
»Sag es ihnen«, verlangte Clavain.
Skade deutete auf Jaccottet. »Sie – Sicherheitsmann
– führen den Kaiserschnitt durch.« Ihr Blick huschte
zu Scorpio. »Du – Schwein – richtest Clavain hin.
Beide Operationen werden von mir dirigiert. Ich ordne jeden einzelnen
Schnitt an. Alles läuft parallel. Der eine Eingriff dauert genau
so lang wie der andere.«
Scorpio brauchte einen Moment, um den entsetzlichen Plan zu
begreifen. Dann keuchte er: »Nein!«
»Du hast wohl noch immer nicht verstanden, worum es
geht?«, fragte Skade. »Soll ich sie lieber gleich
töten, damit es vorbei ist?«
»Nein.« Clavain wandte sich an seinen Freund.
»Scorp, du musst es tun. Du hast die Kraft dazu, ich weiß
es. Du hast es mir schon tausendmal bewiesen. Tu es, mein Freund,
bring die Sache zu Ende!«
»Ich kann es nicht.«
»Ich weiß, es ist das Härteste, was man dir jemals
zugemutet hat. Ich bitte dich trotzdem darum.«
Scorpio konnte nur wiederholen: »Ich kann es nicht.«
»Du musst.«
»Nein«, sagte eine andere Stimme. »Er muss nicht.
Ich werde es tun.«
Alle, auch Skade, sahen sich nach dieser Stimme um. Vasko Malinin
stand mit einer Pistole in der Öffnung des zerdrückten
Schotts. Er wirkte ebenso verfroren und verwirrt wie alle
anderen.
»Ich werde es tun«, wiederholte er. Er hatte offenbar
schon eine Weile da gestanden, ohne dass ihn jemand bemerkt
hätte.
»Sie hatten Anweisung, draußen zu warten«, sagte
Scorpio.
»Blood hat diese Anweisung widerrufen.«
»Blood?« fragte Scorpio.
»Urton und ich hörten Schüsse. Es klang, als
kämen sie von hier drinnen. Ich nahm Verbindung zu Blood auf,
und er gab mir die Erlaubnis, der Sache nachzugehen.«
»Sie haben Urton da draußen allein gelassen?«
»Nur für kurze Zeit, Sir. Blood schickt ein Flugzeug. Es
wird in weniger als einer Stunde hier sein.«
»So war das nicht vorgesehen«, sagte Scorpio.
»Verzeihung, Sir, aber Blood war der Meinung, wenn einmal
geschossen würde, sei es an der Zeit, die Vorschriften zu
ändern.«
»Dagegen ist nichts zu sagen«, bemerkte Clavain.
Scorpio nickte. Die Aufgabe, die man ihm gestellt hatte, ging fast
über seine Kräfte. Aber er konnte sie nicht auf Vasko
abwälzen, so gern er es gerade in diesem Fall getan hätte.
»Sonst noch etwas zu melden?«, fragte er.
»Das Meer verhält sich sonderbar, Sir. Es ist
grüner geworden, und rings um den Eisberg tauchen immer neue
Biomasse-Inseln auf, so weit das Auge reicht.«
»Die Schieber«, sagte Clavain. »Blood hatte bereits
gemeldet, dass die Aktivität zunimmt.«
»Das ist noch nicht alles, Sir. Weitere Augenzeugen berichten
von Erscheinungen am Himmel. Angeblich seien sogar Objekte in die
Atmosphäre eingetreten.«
»Die Kämpfe kommen näher«, sagte Clavain. Es
klang fast ungeduldig. »Nun gut, Skade, ich denke, niemand von
uns möchte die Sache noch länger hinausziehen.«
»Weisere Worte wurden nie gesprochen«, sagte sie und
nickte.
»Du musst uns sagen, was zu tun ist.
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