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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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in
Sichtverbindung mit meinen geliebten Spiegeln bleiben. Ich wäre
immer noch ein Gefangener der Morwenna.«
    »Ein freiwilliger Gefangener«, sagte Grelier.
    »Sie wissen genau, wie ich das meine. Ich kann nicht zu den
Ultras gehen wie sie zu uns. Ich kann sie nicht auf ihren Schiffen
aufsuchen wie irgendein Abgesandter der Ökumene.«
    »Dazu haben wir unsere Agenten.«
    »Dennoch fühle ich mich eingeschränkt. Ich brauche
jemanden, dem ich vertrauen kann, Grelier, eine Art jüngeres
Ich. Jemanden, der über jeden Verdacht erhaben
wäre.«
    »Verdacht?« Grelier beugte sich über Grelier und
tupfte seine Augen ab.
    »Ich meine jemanden, der ganz von selbst Vertrauen erweckt.
Ganz anders als Sie.«
    »Halten Sie still.« Quaiche zuckte zusammen. Es brannte,
als der feuchte Tupfer seinen Augapfel berührte. Eigentlich
sollte er dort keine Nervenenden haben, aber der Generalmedikus fand
mit tödlicher Sicherheit jede schmerzempfindliche Stelle.
»Übrigens«, sagte Grelier nachdenklich, »ist mir
neulich eine Idee gekommen. Vielleicht können Sie etwas damit
anfangen.«
    »Heraus damit.«
    »Sie wissen ja, ich möchte gern über alles Bescheid
wissen, was sich auf Hela so tut. Nicht nur im näheren Umkreis
der Kathedralen und des Weges, sondern auch in der weiteren
Welt einschließlich der Dörfer.«
    »Ach ja. Sie sammeln unermüdlich Berichte über
nicht katalogisierte Virenstämme, interessante neuen Irrlehren
in den Hauk-Siedlungen und so weiter. Und dann fahren Sie wie ein
richtiger kleiner Vampir mit Ihren blitzblanken neuen Spritzen an den
Ort des Geschehens.«
    »Ich will mein Interesse am Blutzoll gar nicht
leugnen, aber auf solchen Fahrten schnappe ich auch andere
interessante Informationen auf. Sie sollen still
halten!«
    »Und Sie sollen mir nicht die Sicht verstellen! Was für
Informationen?«
    »Meine vorletzte Wachphase vor acht bis zehn Jahren dauerte
zwei Jahre. An diese Reanimation erinnere ich mich sehr gut: Es war
das erste Mal, dass ich diesen Stock brauchte. Gegen Ende dieser
Phase unternahm ich eine lange Reise nach Norden, um einigen
Hinweisen auf jene unkatalogisierten Virenstämme nachzugehen,
von denen Sie eben sprachen. Zurück fuhr ich mit einer der
Karawanen und sperrte – Verzeihung – die Augen auf, um mir
nichts Außergewöhnliches entgehen zu lassen.«
    »An die Reise erinnere ich mich«, sagte Quaiche.
»Aber ich wüsste nicht, dass Sie mir von irgendeinem
besonderen Zwischenfall berichtet hätten.«
    »Es gab auch nichts dergleichen. Jedenfalls schien es
mir damals so. Doch dann hörte ich vor einigen Tagen eine
Meldung in den Nachrichten, und die weckte eine Erinnerung.«
    »Nun spannen Sie mich nicht länger auf die
Folter!«
    Grelier seufzte und stellte seine Gerätschaften in den
Schrank zurück. »Es ging um eine Familie«, sagte er,
»die aus dem Ödland von Vigrid zur Karawane gefahren kam.
Die Eltern mit ihren zwei Kindern: einem Sohn und einer jüngeren
Tochter.«
    »Ich bin gefesselt.«
    »Der Sohn suchte Arbeit am Weg. Ich machte von meinem
Recht Gebrauch, beim Anwerbungsgespräch anwesend zu sein.
Eigentlich war ich nur neugierig: Der Fall selbst interessierte mich
nicht weiter, aber man weiß ja nie, was einem so über den
Weg läuft.« Grelier schloss den Schrank. »Der Sohn
wollte als Techniker in der für die Instandhaltung des Weges zuständigen Behörde unterkommen – vielleicht im
Planungsbüro. Doch damals brauchte der Weg wahrhaftig
keine weiteren Bürohengste. Die einzigen freien Stellen gab es
– wie soll ich sagen – am anderen Ende der Skala.«
    »In der Not frisst der Teufel Fliegen«, bemerkte
Quaiche.
    »Ganz recht. Aber in diesem Fall war der Personalvermittler
nicht gewillt, alle diesbezüglichen Fakten offen auf den Tisch
zu legen. Stattdessen erklärte er, es gebe keine
Schwierigkeiten, dem Sohn einen sicheren und gut bezahlten Posten in
der technischen Abteilung zu besorgen. Es handle sich um eine rein
analytische Tätigkeit, für die man einen klaren Verstand
und einen kühlen Kopf brauche, deshalb komme eine Infektion mit
dem Virus nicht infrage.«
    »Hätte er die Wahrheit gesagt, dann hätte er den
Bewerber verloren.«
    »Davon muss man ausgehen. Der Junge war sicherlich ein heller
Kopf. Eigentlich zu schade, um ihn beim Anbringen von Sprengladungen
oder anderen Tätigkeiten mit ähnlich geringer
Lebenserwartung zu verheizen. Und da die Familie – wie die
meisten da oben im Ödland – keiner Kirche angehörte,
lehnte er es ausdrücklich

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