Offenbarung
Zweck, Konkurrenten ein trügerisches Gefühl der
Überlegenheit zu geben und Piraten davon abzubringen, das Schiff
zu entern.«
»Bei der Verteidigungsfähigkeit wird allerdings
unweigerlich übertrieben«, erklärte Quaiche mit
mahnend erhobenem Zeigefinger. »Im Moment gibt es im ganzen
Schwarm kein Schiff, das nicht irgendwelche Waffen mitführte,
auch wenn sie als harmlose Systeme zur Kollisionsvermeidung getarnt
sind. Die Ultras haben Angst, Grelier, einer wie der andere, und
jeder Captain will seinen Rivalen zeigen, dass er sich zu wehren
weiß.« Er nahm das Blatt wieder an sich. »Und was
hier steht, ist ein Witz. Die müssen zuerst ihr Schiff
reparieren, und dazu brauchen sie unsere Unterstützung.
Eigentlich müsste es umgekehrt sein, wenn sie als
Beschützer überhaupt in Frage kommen sollen.«
»Wie gesagt, man weiß bei den Ultras nie, welche
Absichten sie letztlich verfolgen.«
Quaiche zerknüllte das Papier und warf es quer durch den
Raum. »Das Problem ist, dass ich nicht fähig bin, ihre
verdammten Absichten zu durchschauen.«
»Wer könnte ein Monster wie Heckel durchschauen?«,
fragte Grelier.
»Ich meine nicht nur ihn, sondern alle Ultras und die
normalen Menschen, die sie mitbringen. Bei der Frau gerade eben
konnte ich nicht nur nicht erkennen, ob sie aufrichtig oder
herablassend war, ich wusste nicht einmal, ob sie wirklich glaubte,
was Heckel mir durch sie sagen ließ.«
Grelier küsste den Knauf seines Krückstocks. »Sie
wollen meine Meinung hören? Sie haben die Situation richtig
eingeschätzt: Sie war nur Heckels Sprachrohr. Und er war sehr
erpicht auf Ihr Angebot.«
»Zu erpicht für meinen Geschmack«, sagte
Quaiche.
Grelier klopfte mit dem Stock auf den Boden. »Dann vergessen
Sie doch die Dritte Gasometrie. Was ist mit der Sinkenden
Lerchel Neutrale Berichte sprechen von einer sehr brauchbaren
Waffenausstattung, und der Captain schien durchaus an
Geschäftsbeziehungen interessiert.«
»In den Berichten stand auch etwas von einer
Instabilität im Steuerbordtriebwerk. Ist Ihnen das
entgangen?«
Grelier zuckte die Achseln. »Wir wollen mit dem Schiff
schließlich nirgendwohin fliegen, es soll Hela nur umkreisen
und alle anderen einschüchtern. Solange die Bewaffnung
dafür ausreicht, kann es uns doch gleichgültig sein, ob es
nach Ablauf des Vertrages das System auch wieder verlassen
kann.«
Quaiche winkte ab. »Ich muss zugeben, dass mir der Bursche,
den sie geschickt hat, nicht sehr sympathisch war. Er war so undicht,
dass er den ganzen Fußboden verschmutzte. Es dauerte Wochen, um
die Flecken wieder zu beseitigen. Und wenn Sie eine
Triebwerksinstabilität nur für eine lästige
Schwäche halten, dann irren Sie sich. Das Schiff, mit dem wir
den Vertrag abschließen, wird nur um wenige Zehntel einer
Lichtsekunde von unserer Oberfläche entfernt sein, Grelier. Wir
können nicht riskieren, dass es uns um die Ohren
fliegt.«
»Das heißt, wir sind keinen Schritt
weitergekommen«, stellte Grelier gleichmütig fest.
»Aber Sie haben schließlich noch andere Ultras auf der
Liste, nicht wahr?«
»Genügend, um mich zu nicht zu langweilen, aber
letztlich stehe ich immer wieder vor dem gleichen Problem: Ich kann
die Leute nicht einschätzen, Grelier. Haldora füllt
mein Denken so restlos aus, dass nichts anderes mehr Platz hat.
Früher konnte ich jedes noch so überzeugende Manöver
durchschauen, aber das ist vorbei.«
»Wir sprechen über dieses Thema nicht zum ersten Mal.
Sie wissen, dass Sie mich immer um meine Meinung fragen
können.«
»Was ich ja auch tue. Aber – nichts für ungut,
Grelier – Sie verstehen sehr viel mehr von Blut und vom Klonen
als von der menschlichen Natur.«
»Dann holen Sie sich anderswo Hilfe. Stellen Sie sich ein
Beratergremium zusammen.«
»Nein.« Grelier hatte Recht – sie diskutierten das
Thema nicht zum ersten Mal. Und über diesen Punkt kamen sie nie
hinaus. »Solche Verhandlungen über ein Schutzbündnis
sind sehr heikel, das liegt in der Natur der Sache. Ich kann nicht
riskieren, dass geheime Informationen an andere Kathedralen
gelangen.« Er bedeutete Grelier mit einer Geste, mit der
Reinigung seiner Augen zu beginnen. »Sehen sie mich an«,
sagte er, während der Generalmedikus den Medizinschrank
öffnete und die antiseptischen Tupfer vorbereitete. »Ich
bin in vieler Hinsicht abschreckend. Ich bin an diesen Stuhl
gefesselt, ohne ihn kann ich kaum überleben. Und selbst wenn ich
die Kraft hätte, ihn zu verlassen, ich müsste doch immer
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