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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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schon alles, was er
hatte.
    Im anderen Boot bewegte sich etwas: Ein blitzender Lauf richtete
sich nach oben. Gleich darauf jagte der Breitenbach-Boser seinen
grellen rosaroten Blitz in den grauen Himmel. Der Strahl raste auf
die Alien-Maschinen zu. Er hätte die Masse durchbohren und eine
Brandspur in die Wolkendecke graben müssen. Stattdessen
schwenkte er um die Maschinen herum wie ein Feuerwehrschlauch.
    Vasko feuerte weiter, aber der Strahl wurde von jedem Punkt
abgelenkt, wo er hätte Schaden anrichten können.
    Die schwarzen Maschinen folgten dem dicken Rüssel. Die ganze
Masse hing immer noch wie ein grausiger vielarmiger Kronleuchter am
Himmel.
    Sie interessierte sich besonders für das zweite Boot.
    Der Boser war verstummt. Dafür hörte Scorpio das
Knattern von Handfeuerwaffen.
    Doch hier war jeder Widerstand vergeblich.
    Plötzlich spürte er einen stechenden Schmerz in den
Ohren. Ringsum bäumte sich die See drei bis vier Meter hoch auf,
als hätte ein gewaltiger Sog sie himmelwärts gezogen. Dann
krachte der lauteste Donnerschlag, den er je gehört hatte. Noch
halb betäubt blickte er auf und sah… eine Andeutung nur,
eine kreisrunde Leere am Himmel, eine schwache Grenzlinie, wo die
Luft aufhörte und etwas anderes anfing. Gleich darauf war der
Kreis verschwunden, und zugleich spürte er wieder diesen
Schmerz, dieses Ziehen in den Ohren.
    Sekunden später wiederholte sich das Ganze.
    Diesmal schnitt die Kreislinie die Hauptmasse der schwarzen
Unterdrückermaschinen. Ein riesiger, unförmiger Klumpen
wurde abgetrennt und stürzte auf die Wellen zu. Ein noch
größerer Teil existierte nicht mehr: Alles, was sich
innerhalb des kugelförmigen Bereichs befunden hatte, war einfach
ausgelöscht worden – nicht nur die Luft, sondern auch die
Unterdrückermaschinen, die eben noch da gewesen waren. Die
Tentakel an dem abstürzenden Klumpen peitschten wild durch die
Luft. Scorpio spürte, wie die Masse langsamer wurde, als sie
sich dem Wasser näherte, aber sie kam nicht zum Stillstand,
sondern schlug auf, tauchte unter und schoss wieder an die
Oberfläche. Die peitschenden Tentakel wühlten die See
auf.
    Khouri beugte sich zu ihm. Er sah, wie sie die Lippen bewegte,
aber das Rauschen in seinen Ohren war lauter als ihre Stimme. Doch
die vier Silben konnte er ihr auch vom Mund ablesen.
»Remontoire.«
    Er nickte. Die Einzelheiten interessierten ihn nicht; es
genügte, dass der Synthetiker eingegriffen hatte. »Danke,
Rem«, sagte er und hörte auch seine eigene Stimme wie unter
Wasser.
    Die graugrüne Schiebermaterie umschloss die schwimmende
zuckende Maschinenmasse und verfestigte sich. Der Angreifer am Himmel
zog sich in die Wolkendecke zurück. Die glatten, geschwungenen
Wundränder waren noch deutlich zu erkennen. Scorpio
überlegte noch, was wohl aus dem abgestürzten Teil werden
würde – würde er sich selbst heilen, die
Schieber-Biomasse abschütteln und sie weiterverfolgen? –,
als der Klumpen samt den Schiebern plötzlich verschwand und ein
halbkugelförmiges Stück Meer von hundert Metern Durchmesser
einfach mitnahm. Die gewölbte Wand stand für einen Moment
wie erstarrt, als zögerte das Wasser, den Raum
zurückzuerobern, den man ihm geraubt hatte. Dann krachten die
Fluten nieder, ein schmutzig grüner Turm raste aus der Mitte
nach oben, und eine riesige Welle kam auf die Boote zugerast.
    Scorpio packte die Bootswand und den Inkubator fester.
»Festhalten!«, rief er Khouri zu.

 
Vierundzwanzig
Ararat

2675
     
     
    In dieser Nacht erschienen über Ararat seltsame Lichter am
Himmel, riesige Schemazeichnungen wie die Schaltpläne geheimer
Sternbilder. Ganz anders als die Polarlichter, die sonst zu sehen
waren.
    Die ersten zeigten sich nach Sonnenuntergang im Westen. Es gab
keine Wolken, um die Sterne zu verdecken, und die Monde standen immer
noch fast so tief wie während der langen Überfahrt zum
Eisberg. Der einsame Turm des großen Schiffs durchschnitt das
violette Zwielicht wie ein schwarzer Keil, als hätte sich die
kosmische Nacht mit ihren Sternen an dieser Stelle durch Ararats
Atmosphäreschleier gebohrt.
    Niemand wusste so recht, was es mit den Lichtern auf sich hatte.
Die übliche Erklärung, sie würden durch Interaktionen
von Strahlenwaffen mit Ararats oberen Atmosphäreschichten
ausgelöst, hatte sich als völlig ungenügend erwiesen.
Kameraaufnahmen von verschiedenen Punkten auf dem Planeten ergaben
parallaktische Entfernungen im Bereich von Bruchteilen einer
Lichtsekunde, das

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