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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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einen
kleinen sechseckigen Tisch irgendwo zwischen den Spiegeln. »Eine
Tasse Tee, Miss Els? Und setzen Sie sich doch bitte, machen Sie es
sich bequem. Wir haben eine Menge zu besprechen.«
    »Ich habe keine Ahnung, warum ich hier bin, Dekan.«
    »Hat Ihnen Grelier denn nichts erzählt? Sie sollten sich
der jungen Dame gegenüber kurz fassen, sie aber nicht im
Ungewissen lassen.«
    Der Generalmedikus drehte sich um und kam, Fläschchen und
Tupfer in der Hand, auf Quaiche zu. »Ich habe ihr genau so viel
gesagt, wie sie mir aufgetragen hatten: dass sie hier gebraucht
würde, und dass es uns im Wesentlichen um ihre Fähigkeit
gehe, Mikroveränderungen in Gesichtern zu
registrieren.«
    »Und was weiter?«
    »Nichts weiter.«
    Rachmika setzte sich und schenkte sich eine Tasse Tee ein. Die
Einladung abzulehnen, hätte wenig Sinn gehabt. Außerdem
kam ihr jetzt zu Bewusstsein, wie durstig sie war.
    »Ich soll Ihnen vermutlich bei irgendetwas helfen«,
sagte sie. »Mit meiner besonderen Fähigkeit. Es gibt
jemanden, bei dem sie nicht wissen, ob Sie ihm trauen
können.« Sie nahm einen Schluck: Was immer sie von der
Gastfreundschaft des Dekans sonst halten mochte, der Tee war sehr
wohl schmeckend. »Kalt oder warm?«
    »Mehr als warm, Miss Els«, versicherte Quaiche mit einem
Nicken. »Waren Sie immer schon so scharfsinnig?«
    »Wenn ich wirklich scharfsinnig wäre, säße
ich nicht hier.«
    Grelier beugte sich über den Dekan und tupfte seine
Augäpfel ab. Rachmika konnte keinem der beiden ins Gesicht
sehen.
    »Das klingt, als hätten Sie Bedenken«, sagte der
Dekan. »Dabei haben Sie deutlich genug Ihr Interesse kundgetan,
für die Morwenna zu arbeiten.«
    »Das war, bevor ich von der neuen Fahrtroute erfuhr. Wie weit
sind wir noch von der Brücke entfernt, Dekan? Wenn die Frage
erlaubt ist?«
    »Zweihundertfünfzig Kilometer«, sagte Quaiche.
    Rachmika atmete auf und genehmigte sich noch einen Schluck Tee.
Bei dem Schneckentempo, in dem sich die Karawanen bewegten, brauchte
sie sich vorerst noch keine Sorgen zu machen. Doch schon meldete sich
eine Stimme in ihrem Innern und machte ihr klar, dass die Entfernung
tatsächlich geringer war, als sie befürchtet hatte. Ein
Drittel Meter pro Sekunde, das hörte sich nicht sehr schnell an,
aber ein Tag hatte viele Sekunden.
    »In zehn Tagen sind wir dort«, fügte der Dekan
hinzu.
    Rachmika stellte ihre Tasse ab. »Zehn Tage sind nicht viel,
Dekan. Es heißt, Sie wollten mit der Morwenna über
die Brücke an der Absolutionsschlucht fahren. Stimmt
das?«
    »So Gott will.«
    Gerade das hatte sie nicht hören wollen. »Verzeihen Sie,
Dekan, aber ich bin nicht hierher gekommen, um bei einer
spektakulären Selbstmordaktion zu sterben.«
    »Niemand wird sterben«, erklärte der Dekan.
»Wir wissen inzwischen, dass die Brücke das Gewicht einer
ganzen Versorgungskarawane tragen kann. Messungen haben ergeben, dass
sie sich unter der Belastung um kein einziges Ängström
durchgebogen hat.«
    »Aber sie wurde noch nie von einer Kathedrale
überquert.«
    »Es gab nur einen derartigen Versuch, und der scheiterte
nicht, weil die Brücke den Anforderungen nicht standgehalten
hätte, sondern weil die Steuerung versagte.«
    »Und Sie glauben, Sie könnten es besser?«
    »Ich habe die besten Techniker auf dem ganzen Weg. Und
die beste Kathedrale dazu. Ja, Miss Els. Wir werden es schaffen, und
eines Tages können Sie Ihren Kindern erzählen, dass Sie das
Glück hatten, genau im richtigen Moment in meine Dienste zu
treten.«
    »Ich kann nur hoffen, dass Sie Recht behalten.«
    »Hat Ihnen Grelier gesagt, dass Sie jederzeit gehen
können?«
    Sie zögerte. »Ja.«
    »Das war die Wahrheit. Gehen Sie, Miss Els. Trinken Sie Ihren
Tee aus und gehen Sie. Niemand wird Sie aufhalten, und ich werde
veranlassen, dass Sie auf der Katharina Arbeit bekommen. Gute
Arbeit.«
    So gute Arbeit, wie sie meinem Bruder versprochen wurde? Die Frage lag ihr auf der Zunge, aber sie hielt sich zurück.
Es war noch zu früh, um schon wieder mit dem Thema Harbin
herauszuplatzen. Sie war weit gekommen, war mit
außergewöhnlich viel Glück oder Unglück bis ins
Innerste von Quaiches Orden vorgedrungen. Zwar wusste sie immer noch
nicht genau, was der Dekan von ihr wollte, aber sie durfte ihre
Chance nicht dadurch vergeuden, dass sie aus einer momentanen
Verärgerung heraus eine unüberlegte Frage stellte. Und noch
etwas sprach dagegen: Sie hatte Angst, wie die Antwort ausfallen
könnte.
    »Ich werde bleiben«, sagte sie, und

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