Offenbarung
schränkte
sofort ein: »Vorerst. Bis alles restlos geklärt
ist.«
»Ein weiser Entschluss, Miss Els«, sagte Quaiche.
»Würden Sie mir einen kleinen Gefallen erweisen?«
»Das kommt darauf an«, sagte sie.
»Sie müssten lediglich hier sitzen bleiben und weiter
Ihren Tee trinken. Gleich kommt ein Herr in diesen Raum, mit dem ich
mich ein wenig unterhalten werde. Diesen Herrn sollen Sie –
sorgfältig, aber unauffällig – beobachten und mir Ihre
Erkenntnisse mitteilen, nachdem er gegangen ist. Es wird nicht lange
dauern, und solange der Mann anwesend ist, brauchen Sie nichts zu
sagen. Es wäre sogar besser, Sie würden
schweigen.«
»Ist das der Grund, warum Sie mich hierher bringen
ließen?«
»Einer der Gründe. Über die Arbeitsbedingungen
können wir später sprechen. Betrachten sie diesen Auftrag
als Teil des Vorstellungsgesprächs.«
»Und wenn ich versage?«
»Es ist keine Prüfung. Ihre Fähigkeiten wurden
bereits geprüft. Sie haben mit Glanz und Gloria bestanden. In
diesem Fall bin ich wirklich nur an Ihren Beobachtungen interessiert.
Grelier, wie lange brauchen Sie denn noch? Jetzt hören Sie schon
auf. Sie sind wie ein kleines Mädchen, das mit seiner Puppe
spielt.«
Grelier packte seine Tupfer und Salben weg. »Ich bin
fertig«, sagte er knapp. »Der Abszess am Lid sondert kaum
noch Eiter ab.«
»Möchten Sie noch eine Tasse Tee, bevor der Herr
eintrifft, Miss Els?«
»Nein, danke«, sagte sie und hielt die leere Tasse
fest.
»Grelier, Sie räumen das Feld und lassen den
Ultra-Vertreter hereinbitten.«
Der Generalmedikus schloss den Medizinschrank ab, verabschiedete
sich von Rachmika und verließ den Raum durch eine andere
Tür. Das Klopfen seines Krückstocks verklang in der
Ferne.
Rachmika wartete. Es war ihr unangenehm, mit Quaiche allein zu
sein. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hatte nie
vorgehabt, ihn persönlich aufzusuchen. Schon der Gedanke war ihr
zuwider. Sie hatte nur in seinen Orden eindringen wollen, und auch
das nur so weit wie nötig, um Harbin zu finden. Wie viel Schaden
sie dabei anrichtete, war ihr tatsächlich egal, aber an Quaiche
selbst war sie nicht interessiert. Sie wollte nur erfahren, was aus
ihrem Bruder geworden war. Ob die adventistische Kirche auch
weiterhin Leid und Elend über Helas Bevölkerung brachte,
war nicht ihr Problem. Die Bevölkerung half schließlich
tatkräftig mit, sie war für ihr Schicksal ebenso
verantwortlich wie Quaiche. Sie war nicht gekommen, um etwas an den
Zuständen zu ändern, es sei denn, jemand stellte sich ihr
in den Weg.
Endlich traf der Ultra-Vertreter ein. Rachmika beobachtete ihn,
nahm aber an, dass auch eine Begrüßung unter das
Schweigegebot fiel, und verzichtete folglich darauf.
»Treten Sie ein, Triumvir«, sagte Quaiche und fuhr
seinen Stuhl auf annähernd normale Sitzposition hoch.
»Treten Sie ein und erschrecken Sie nicht. Triumvir, das ist
meine Assistentin Rachmika Els. Rachmika, dies ist Triumvir Guro
Harlake vom Lichtschiff Zieht Vorüber, das vor kurzem von
Sky’s Edge eingetroffen ist.«
Der Ultra schlurfte in einem roten Mobilitätskorsett daher.
Seine glatte, weiße Haut war mit schwachen
Schuppentätowierungen gezeichnet wie bei einem jungen Reptil,
die Augen waren teilweise hinter geschlitzten gelben Kontaktlinsen
verborgen. Das weiße Haar war kurz geschnitten und hing ihm in
albernen steifen Fransen in die Stirn. Mit seinen langen,
grünen, sichelförmig gekrümmten Fingernägeln
schlug er unentwegt gegen die Armaturen seines Korsetts.
»Wir waren bei der Evakuierung das letzte Schiff, das
herauskam«, sagte der Triumvir. »Nach uns starteten noch
weitere, aber sie schafften es nicht mehr.«
»Wie viele Systeme sind bisher gefallen?«, fragte
Quaiche.
»Acht… neun. Inzwischen vielleicht mehr. Die Nachrichten
brauchen Jahrzehnte, um zu uns zu gelangen. Die Erde soll noch intakt
sein, aber der Mars und die Jupitergemeinden einschließlich der
Demarchie Europa und Gilgamesch Isis wurden angegriffen, das ist
bestätigt. Von Zion oder Prospekt hat niemand etwas gehört.
Es heißt, früher oder später würden
sämtliche Systeme zerstört. Sie würden uns alle
finden, es sei nur eine Frage der Zeit.«
»Warum sind Sie dann überhaupt hierher gekommen?
Wäre es nicht besser gewesen, weiter nach draußen zu
fliegen, weg von der Bedrohung?«
»Wir hatten keine Wahl«, sagte der Ultra. Seine Stimme
war tiefer, als Rachmika erwartet hätte. »Wir hatten uns
vertraglich verpflichtet, unsere
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