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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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offenbaren, die einen weiteren
Versuch ermöglicht hätten. Unter den Gaben, die sie
verteilte, befand sich kein überlichtschneller
Raumschiffantrieb.
    Die Servomaten setzten eine weitere Klinge ein. Die Anlage hatte
schon vor einem Tag so ausgesehen, als wäre sie fertig, doch
seither waren noch dreimal so viele Maschinen hinzugefügt
worden. Seltsamerweise sah das Gebilde jetzt filigraner und
zerbrechlicher aus als zuvor. Scorpio fragte sich, wann es fertig
sein würde – und was genau es bewirken konnte
–, dann wandte er sich vom Fenster ab. Zukunftsängste
machten ihm das Herz schwer.
    »Scorp.«
    Er hatte nicht mit Gesellschaft gerechnet und war überrascht,
seinen Namen zu hören. Noch überraschter war er, als er
Vasko Malinin erkannte.
    »Vasko!« Er lächelte unverbindlich. »Was
führt Sie hier herunter?«
    »Ich bin auf der Suche nach Ihnen«, antwortete der junge
Mann. Er trug eine steife, nagelneue Sicherheitsdienstuniform. Sogar
seine Stiefel waren sauber, ein Wunder auf der Sehnsucht nach
Unendlichkeit.
    »Nun haben Sie mich gefunden.«
    »Man sagte mir, Sie wären wahrscheinlich irgendwo hier
unten.« Der rote Schein aus dem Schacht des hypometrischen
Geschützes fiel auf Vaskos Gesicht und ließ ihn
abwechselnd blutjung und barbarisch aussehen. Vasko warf einen Blick
durch das Fenster. »Beeindruckend, wie?«
    »Erst wenn es nicht mehr nur da hockt und hübsch
aussieht, glaube ich auch, dass es funktioniert.«
    »Immer noch skeptisch?«
    »Jemand muss doch vorsichtig sein.«
    Erst jetzt sah Scorpio, dass Vasko nicht allein war. Hinter ihm
stand noch eine Gestalt. Vor Jahren hätte er sie noch deutlich
sehen können; jetzt hatte er Mühe, bei schwachem Licht
Einzelheiten zu erkennen.
    Er kniff die Augen zusammen. »Ana?«
    Khouri trat in den roten Lichtschein. Sie trug einen schweren
Mantel und Handschuhe. Die riesigen Stiefel reichten ihr bis zu den
Knien und waren viel schmutziger als die von Vasko. Im Arm hielt sie
ein Bündel in einer silbernen Steppdecke, die oben nahe ihrem
Ellbogen eine winzige Öffnung hatte.
    »Aura?«, fragte Scorpio erschrocken.
    »Sie braucht den Inkubator nicht mehr«, sagte
Khouri.
    »Sie braucht ihn vielleicht nicht,
aber…«
    »Dr. Valensin sagt, sie bleibt damit nur zurück, Scorp.
Sie ist zu stark für den Brutkasten. Er schadet ihr mehr, als
dass er ihr nützt.« Khouri spähte durch die
Öffnung in die Augen ihrer Tochter. »Sie hat mir auch
selbst gesagt, dass sie hinauswollte.«
    »Hoffentlich weiß Valensin, was er tut«, sagte
Scorpio.
    »O ja, Scorp. Und vor allem weiß Aura, was sie
will.«
    »Sie ist noch ein Kind«, sagte er leise.
»Eigentlich nicht einmal das.«
    Khouri trat auf ihn zu. »Nimm sie.«
    Sie streckte ihm das Bündel entgegen. Scorpio wollte
abwehren. Es war nicht nur die Angst, etwas so Kostbares und
Zerbrechliches anzufassen. Er hörte auch eine innere Stimme, die
ihn warnte, mit Aura in physischen Kontakt zu treten. Doch eine
zweite – leisere – Stimme widersprach. Er habe sich ohnehin
schon durch ein Blutopfer an sie gebunden. Was sollte ihm jetzt noch
geschehen?
    Er nahm Aura und drückte sie gerade so fest gegen die Brust,
dass er sicher sein konnte, sie nicht fallen zu lassen. Sie war
erstaunlich leicht. Kaum zu fassen, dass dieses Mädchen –
dieses Kapital, das sie mit dem Leben ihres Anführers erkauft
hatten – so wenig Substanz haben sollte.
    »Scorpio.«
    Das war nicht Khouris Stimme, nicht die Stimme eines Erwachsenen;
nicht einmal die eines Kindes. Es war eher ein gurgelndes
Krächzen, das annähernd wie sein Name klang.
    Er schaute auf das Bündel nieder, schaute hinein in die
Öffnung. Aura wandte ihm ihr Gesichtchen zu. Die Augen waren
immer noch verklebt und fest geschlossen. Vor dem Mund bildete sich
eine Speichelblase.
    »Sie hat doch nicht etwa meinen Namen gesagt?«, fragte
er ungläubig.
    »Doch«, sagte Aura.
    Um ein Haar hätte er das Bündel am liebsten fallen
gelassen. Es war ihm unheimlich, wie es da in seinen Armen
lag. Dieses Ding hatte in diesem Universum nichts zu suchen. Doch die
Anwandlung ging schnell vorüber. Beschämt wandte er den
Blick von dem winzigen, rosaroten Gesichtchen ab und sah die Mutter
an.
    »Sie kann mich nicht einmal sehen«, sagte er.
    »Nein, Scorp«, bestätigte Khouri. »Das kann
sie nicht. Noch ist sie blind. Aber meine Augen funktionieren. Und
nur darauf kommt es an.«
     
    Scorpios Techniker waren Tag und Nacht damit beschäftigt,
überall im Schiff Abhörgeräte zu

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