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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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innen heraus.
    »Seien Sie vorsichtig«, sagte das Schiff.
    »Wieso – in diesem Ding steckt doch wohl kein lebendes
Wesen?«, fragte Quaiche. Dann ging ihm ein Licht auf, und er
erschrak. »Mein Gott. Da ist jemand drin. Wer?«
    »Ich habe Ihnen folgende Mitteilung zu machen: Im Ehernen
Panzer befindet sich Morwenna.«
    Natürlich. Natürlich. Was für eine exquisite
Logik.
    »Du sagst, ich soll vorsichtig sein. Warum?«
    »Ich habe Ihnen eine weitere Mitteilung zu machen: Der Panzer
ist darauf eingestellt, seinen Insassen zu euthanasieren, falls sich
jemand an der Verkleidung, den Schweißnähten oder den
Anschlüssen für die Lebenserhaltung zu schaffen machen
sollte. Nur Generalmedikus Grelier kann den Panzer abnehmen, ohne den
Insassen zu euthanasieren.«
    Quaiche wich zurück. »Heißt das, ich darf ihn
nicht einmal berühren?«
    »Es wäre unter den gegebenen Umständen nicht
ratsam.«
    Quaiche hätte fast laut aufgelacht. Jasmina und Grelier
hatten sich selbst übertroffen. Zuerst die Audienz bei der
Königin, bei der sie ihn glauben machte, ihre Geduld wäre
nun endgültig erschöpft. Dann die Komödie mit dem
Panzer, um ihm vorzugaukeln, die Strafe würde auf dem Fuße
folgen. Er hatte fest damit gerechnet, für mehrere Jahre bei
vollem Bewusstsein im Eis vergraben zu werden. Und zum Schluss –
der reine Hohn – die Begnadigung. Er bekam eine letzte Chance,
sich zu bewähren. Und diesmal war vollkommen klar: Es war die letzte Chance. Jasmina hatte ihm deutlich gezeigt, was ihm
bevorstand, wenn er noch einmal versagte. Und Jasmina machte keine
leeren Drohungen.
    Aber sie war noch raffinierter, als er ihr zugetraut hatte, denn
wenn Morwenna in diesem Panzer steckte, dann war ihm der Ausweg, an
den er gelegentlich gedacht hatte, gründlich versperrt. Dann
konnte er sich nicht mehr in einem System verstecken und warten, bis
die Gnostische Himmelfahrt außer Reichweite war. Nein
– dann blieb ihm gar nichts anderes übrig, als zur
Königin zurückzukehren. Um dann auf zwei Dinge zu hoffen:
erstens, dass er sie nicht enttäuschte; und zweitens, dass sie
Morwenna aus dem Panzer befreite.
    Das brachte ihn auf eine Idee. »Ist sie wach?«
    »Sie kommt gerade zu sich«, antwortete das Schiff.
    Morwenna war mit ihrer Ultra-Physiologie viel besser für die
Bremsphase gerüstet als Quaiche, dennoch hielt er es für
möglich, dass der Eherne Panzer modifiziert worden war, um ihr
einen gewissen Schutz zu bieten.
    »Können wir kommunizieren?«
    »Sie können mit ihr sprechen, wenn Sie wollen. Die
Schiff-Panzer-Protokolle werden von mir gesteuert.«
    »Schön, dann stell mich jetzt durch.« Er wartete
eine Sekunde, dann fragte er: »Morwenna?«
    »Horris?« Ihre Stimme klang unendlich schwach und wie
aus weiter Ferne. Kaum zu glauben, dass sie nur durch wenige
Zentimeter Metall von ihm getrennt war: Es hätten auch
fünfzig Lichtjahre Blei sein können. »Horris, wo bin
ich? Was ist geschehen?«
    Er hatte keinerlei Erfahrung damit, jemandem eine solche Nachricht
beizubringen. Wie machte man dem anderen behutsam begreiflich, dass
er bei lebendigem Leib in einen Metallpanzer eingeschweißt war? Ach ja, da wir gerade von Einkerkerung sprechen…
    »Morwenna, es ist etwas passiert, aber du darfst jetzt nicht
in Panik geraten. Alles wird gut, aber du darfst auf keinen Fall den Kopf verlieren. Versprichst du mir das?«
    »Was ist los?« Morwennas Stimme war deutlich schriller
geworden.
    Aktennotiz an sich selbst: Eine Warnung vor Panik war der
sicherste Weg, dieselbe auszulösen.
    »Morwenna, ich möchte, dass du mir erzählst, woran
du dich erinnerst. Ganz langsam und ruhig.«
    »Wo soll ich anfangen?« Er hörte das Zittern in
ihrer Stimme. Gleich würde sie hysterisch werden.
    »Weißt du noch, wie man mich holte, um mich zur
Königin zu bringen?«
    »Ja?«
    »Und weißt du auch noch, wie man mich wieder von ihr
wegführte?«
    »Ja… ja, ich erinnere mich.«
    »Hast du versucht, Jasminas Leute aufzuhalten?«
    »Nein, ich…« Sie hielt inne, schwieg lange. Er
glaubte schon, er hätte sie verloren – wenn sie nicht
sprach, war die Verbindung tot. »Warte. Ja, jetzt erinnere ich
mich wieder.«
    »Und danach?«
    »Nichts mehr.«
    »Sie brachten mich in den Operationssaal, Morwenna. Dahin, wo
mir Grelier schon so vieles angetan hatte.«
    »Nein…«, begann sie. Ein Missverständnis. Sie
dachte, Quaiche sei das Opfer und nicht sie selbst.
    »Sie zeigten mir den Ehernen Panzer«, fuhr er fort.
»Aber sie steckten nicht mich

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