Offenbarung
einer
Hand voll treuer Freunde umgeben. In Liebesdingen bewies er einen
ausgefallenen, wenn nicht gar exotischen Geschmack, und manchmal
– wie mit Morwenna – scheute er auch das Risiko nicht. Aber
die drangvolle Enge auf Jasminas Schiff, wo alles von einem
süßlichen Geruch nach Paranoia und Intrige durchsetzt war,
weckte den Wunsch nach dem harten strengen Leben allein auf einem
Shuttle und einer Mission.
So empfand er die Dominatrix und ihre winzige
Landefähre wie ein eigenes Reich in der großen Welt der Himmelfahrt. Das Schiff erhielt ihn am Leben und las ihm mit
dem Eifer einer Kurtisane jeden Wunsch von den Augen ab. Je
länger er sich darin aufhielt, desto besser stellte es sich auf
seine Launen und Schwächen ein. Die Musik, die es für ihn
spielte, war mit Sorgfalt so ausgesucht, dass sie nicht nur zu seiner
jeweiligen Stimmung passte, sondern ihn auch davon abhielt, in
morbiden Grübeleien zu versinken oder vor Übermut den Kopf
zu verlieren. Mahlzeiten, wie er sie hier bekam, konnte er den
Nahrungssynthesizern der Himmelfahrt niemals entlocken, und
sooft er glaubte, die Bibliotheken ausgeschöpft zu haben,
tauchte eine neue Überraschung auf, die ihn entzückte. Das
Shuttle wusste, wann er Schlaf brauchte und wann zum Ausgleich eine
Phase fieberhafter Aktivität angebracht war. Es erzählte
ihm Geschichten, wenn er sich langweilte, und simulierte kleinere
Krisen, wenn er zu selbstgefällig zu werden drohte. Es kannte
ihn so gut, dass Quaiche hin und wieder der Verdacht beschlich, er
sei bereits fest mit ihm und seinen Systemen verwachsen. Die
Verschmelzung ging bis ins Biologische. Zwar sterilisierten die
Ultras die Dominatrix jedes Mal bis in den letzten Winkel,
wenn sie in ihre Parkbucht im Bauch der Himmelfahrt zurückkehrte, aber Quaiche war überzeugt, dass sie
inzwischen anders roch als damals, als er zum ersten Mal an Bord
gegangen war. Sie hatte den Geruch der Orte angenommen, an denen er
gelebt hatte.
Doch nun konnte ihm das Shuttle keine Zuflucht, kein sicherer
Hafen mehr sein. Der Eherne Panzer war eine ständige Mahnung
daran, dass Jasmina in sein Reich eingedrungen war. Eine weitere
Chance würde er nicht mehr bekommen. Nun hing alles von dem
System ab, das vor ihm lag.
»Miststück«, wiederholte er.
Quaiche hatte das Kommandodeck erreicht und zwängte sich in
den Pilotensessel. Das Deck war zwangsläufig winzig, denn die Dominatrix bestand hauptsächlich aus Triebwerken und
Treibstofftanks. Der Raum war eher eine knollenförmige
Erweiterung am Ende des schmalen Ganges, ähnlich wie das
Reservoir an einem Quecksilberthermometer. Durch das ovale Fenster
vor sich sah er nichts als den interstellaren Raum.
»Avionik«, befahl er.
Instrumententafeln schlossen sich wie Zangen um ihn und begannen
zu flackern. Animierte Diagramme und Eingabefelder leuchteten auf und
folgten jeder Bewegung seiner Augen.
»Anweisungen, Quaiche?«
»Lass mir einen Augenblick Zeit«, bat er. Zuerst nahm er
sich die kritischen Systeme vor und vergewisserte sich, dass es keine
Störungen gab, die der Unterpersönlichkeit entgangen waren.
Sie hatten etwas mehr Treibstoff verbraucht, als Quaiche an diesem
Punkt der Mission normalerweise erwartet hätte, aber das war
dank der zusätzlichen Masse des Ehernen Panzers nicht anders zu
erwarten. Die Reserve war groß genug, er brauchte sich keine
Sorgen zu machen. Ansonsten war alles in Ordnung: Beim Abbremsen
hatte es keine Probleme gegeben; alle Einrichtungen des Schiffes, von
den Sensoren bis zur Lebenserhaltung, funktionierten im
Normalbereich, und auch die kleine Landefähre, die wie ein
geburtsreifer Delfinfötus im Bauch der Dominatrix hockte,
war einsatzbereit.
»Schiff, wurden für diese Mission spezielle Vorgaben
gestellt?«
»Mir wurde nichts dergleichen mitgeteilt.«
»Das ist ja ungemein beruhigend. Und der Status des
Mutterschiffs?«
»Ich erhalte ständig telemetrische Daten von der Gnostische Himmelfahrt. Man erwartet Sie nach der
üblichen sechs- bis siebenwöchigen Erkundungsperiode
zurück. Die Treibstoffreserven sind für ein
Aufholmanöver ausreichend bemessen.«
»Verstanden.« Es wäre nicht logisch gewesen, wenn
ihn Jasmina ohne ausreichende Treibstoffvorräte im All
ausgesetzt hätte, aber es war doch erfreulich zu wissen, dass
sie wenigstens dieses eine Mal Vernunft bewiesen hatte.
»Horris?«, meldete sich Morwenna. »Bitte sprich mit
mir. Wo bist du?«
»Vorne«, sagte er. »Ich kontrolliere die Werte.
Bisher sieht alles mehr oder
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