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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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nichts dagegen
haben.«
    »Sie sagten, es dauert nur einen kleinen Moment.«
    Er lächelte. »Nun, das könnte ein kleiner Schwindel
gewesen sein.«
    Im Offizium bat er sie, Platz zu nehmen, zeigte ihr die
Ergebnisse ihrer Blutanalyse und erklärte, er hätte sie mit
einer anderen Blutprobe verglichen, über deren Herkunft er sich
nicht weiter äußerte.
    »Mein Interesse galt Ihrer Begabung.« Grelier
stützte das Kinn auf den Knauf seines Krückstocks. Seine
Augen musterten sie zwischen schweren Lidern und dicken
Tränensäcken. »Ich wollte wissen, ob es eine
genetische Komponente gäbe. Verständlich, nicht wahr?
Immerhin bin ich Wissenschaftler.«
    »Wenn Sie meinen«, antwortete Rachmika.
    »Das Problem war, dass ich gegen eine Mauer stieß,
bevor ich überhaupt nach Besonderheiten suchen konnte.«
Grelier klopfte zärtlich auf seinen Medizinkoffer, der auf einer
Bank stand. »Blut ist meine Leidenschaft«, sagte er.
»Das war schon immer so und wird auch so bleiben. Genetik,
Klonen, was immer Sie wollen – letztlich läuft alles auf
das gute alte Blut hinaus. Ich träume sogar davon.
Blutbäche, reißende Blutströme. Ich bin da wahrhaftig
nicht zimperlich.«
    »Was Sie nicht sagen.«
    »Die Sache ist die, ich habe den Ehrgeiz, alles über
Blut zu wissen. Wer mir über den Weg läuft, wird
früher oder später angezapft. Die Archive der Morwenna ergeben ein umfassendes Bild der genetischen Entwicklung dieser
Welt im vergangenen Jahrhundert. Sie wären überrascht, wie
markant diese Entwicklung ist, Rachmika. Die Besiedlung von Hela
vollzog sich nicht schrittweise im Lauf von Jahrhunderten. Fast
jeder, der heute auf dieser Welt lebt, ist ein Nachkomme der
Kolonisten, die mit einer Hand voll Schiffe bis zurück zur Gnostische Himmelfahrt hierher kamen. Alle diese Schiffe kamen
von verschiedenen Ursprungswelten, und jede dieser Welten hat ein
charakteristisches genetisches Profil. Wer heute neu dazukommt –
Pilger, Flüchtlinge, Glücksritter –, kann am Genpool
nicht mehr viel ändern. Aber natürlich wird auch ihnen bei
der Ankunft Blut abgenommen, und die Proben werden
katalogisiert.« Er holte ein Röhrchen aus dem Koffer,
schüttelte es und begutachtete die schäumende himbeerrote
Flüssigkeit. »Das bedeutet, dass ich – es sei denn,
Sie wären eben auf Hela eingetroffen – sehr präzise
vorhersagen kann, wie Ihr Blut aussehen muss. Die Genauigkeit ist
noch größer, wenn ich weiß, wo Sie leben, und die
Kreuzungen mit berücksichtigen kann. Tatsächlich ist die
Vigrid-Region eines meiner besonderen Spezialgebiete. Ich habe sie
eingehend studiert.« Er klopfte mit dem Röhrchen an das
Display mit den Werten der bisher nicht identifizierten Blutprobe.
»Klassisches Vigrid. Unmöglich mit dem Blut von irgendeinem
anderen Ort auf Hela zu verwechseln. Er ist so typisch, dass es fast
schon unheimlich ist.«
    Rachmika schluckte, dann sagte sie: »Das Blut ist von Harbin,
nicht wahr?«
    »So ist es in den Archiven verzeichnet.«
    »Wo ist er? Was ist mit ihm passiert?«
    »Dieser Mann?« Grelier tat so, als lese er das
Kleingedruckte am unteren Rand seines Displays. »Wie es
aussieht, ist er tot. Bei Räumungsarbeiten ums Leben gekommen.
Wieso? Sie wollten doch nicht etwa behaupten, er wäre Ihr Bruder
gewesen?«
    Noch spürte sie nichts. Es war, als führe man über
den Rand einer Klippe, und es ginge einen Moment lang noch ganz
normal weiter, obwohl man bereits keinen Boden mehr unter den
Füßen hatte.
    »Sie wissen, dass er mein Bruder war«, sagte sie.
»Sie haben uns zusammen gesehen. Sie waren dabei, als Harbin
sich in der Kathedrale vorstellte.«
    »Ich war dabei, als jemand sich in der Kathedrale
vorstellte«, verbesserte Grelier. »Aber dieser Jemand kann
nicht Ihr Bruder gewesen sein.«
    »Das ist nicht wahr.«
    »Im streng genetischen Sinne ist es leider die
Wahrheit.« Er wies mit einem Nicken auf das Display, als wollte
er sie auffordern, ihre Schlüsse selbst zu ziehen. »Sie
sind mit ihm nicht enger verwandt als mit mir. Er war nicht Ihr
Bruder, Rachmika. Sie waren niemals seine Schwester.«
    »Dann hat man einen von uns beiden adoptiert«, sagte
sie.
    »Komisch, dass Sie das sagen, denn auf die Idee bin ich auch
schon gekommen. Und dann fiel mir ein, dass es vielleicht eine
Möglichkeit gäbe, Licht in dieses Dunkel zu bringen. Ich
müsste selbst ins Ödland fahren und mich ein wenig umsehen.
Und genau das habe ich vor. Es wird mich nicht länger als einen
Tag von hier fern halten. Soll ich

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