Offenbarung
schafften, an verschiedenen Stellen im Schiff
für Verwirrung zu sorgen und so die Bordverteidigung zu
stören, umso besser. Doch wenn das Signal einmal abgesetzt war,
spielte es keine Rolle mehr, ob Seyfarths Einheit überlebte oder
nicht.
So betrachtet war der Einsatz nicht schlecht gelaufen. Der
Hauptmann wusste aus fragmentarischen und nicht vollkommen
vertrauenswürdigen Berichten, dass der Massenangriff auf
unerwartet heftigen Widerstand gestoßen war. Jedenfalls waren
die Ausfälle bei der Kathedralengarde wohl höher als
geplant. Andererseits hatte er die Angriffsstärke gerade deshalb
so hoch bemessen, um trotz der zu erwartenden Verluste ein Scheitern
der Aktion auszuschließen. Schock und Einschüchterung:
Niemand verstand sich besser auf diese Taktik als Seyfarth. Und die
Schüsse aus anderen Teilen des Schiffes bestätigten, dass
es einzelnen Elementen der zweiten Welle tatsächlich gelungen
war, die Sehnsucht nach Unendlichkeit zu entern und die
Projektilwaffen an Bord zu bringen, die sie selbst niemals an dem
Hyperschwein hätten vorbeischmuggeln können.
Er stieß mit dem Fuß gegen ein Hindernis.
Seyfarth kniete nieder und verzog das Gesicht, als ihm der Geruch
in die Nase stieg. Er drehte die Leiche um, hob eine durchnässte
Hüfte aus der braunen Brühe. Der fleckige Lauf einer
Projektilpistole glänzte ihm entgegen.
Seyfarth zog sie aus dem Gürtel des toten Gardisten,
schüttelte den Schleim ab und kontrollierte den Munitionsgurt:
vollständig. Die Pistole war ein primitives Massenprodukt aus
billigem Metall, aber sie hatte keine elektronischen Bauteile,
nichts, was unter dem Bad im Schiffsschleim hätte leiden
können. Trotzdem gab Seyfarth probehalber einen Schuss in die
nächste Wand ab. Das Schiff ächzte. Der Hauptmann stutzte.
Das Schiff hatte in letzter Zeit ziemlich viel geächzt –
mehr als mit Materialgeräuschen allein zu erklären war. Er
war beunruhigt.
Aber nur für einen Moment.
Er warf das Messer weg und wog die schwere Pistole dankbar in der
Hand. Es hatte viel Mut erfordert, nur mit verborgenen Messern und
anderem Kleinkram an Bord zu gehen, aber er hatte immer gewusst, wenn
er erst so weit käme – wenn er erst wieder eine richtige
Waffe in der Hand hätte –, könnte ihn nichts mehr
aufhalten.
Es war wie das Ende eines bösen Traums.
»Wo wollen wir denn hin?«
Die Stimme kam von hinten. Aber das konnte einfach nicht sein: Er
hatte sich immer wieder umgesehen. Auch als er niederkniete, um die
Pistole aufzuheben, war niemand durch den Korridor gekommen: Seyfarth
war ein guter Soldat: Er war nie länger als ein paar Sekunden
ohne Rückendeckung.
Aber die Stimme klang ganz nahe. Und sie klang sehr vertraut.
Die Pistole war noch entsichert. Er hielt sie auf
Hüfthöhe und drehte sich langsam um. »Ich dachte, dich
hätte ich erledigt«, sagte er.
»So leicht erledigt man mich nicht«, gab das Schwein
zurück. Es stand unbewaffnet vor ihm, nicht einmal eine
Projektilwaffe hatte es in den Händen. Vor dem riesigen leeren
Raumanzug, der hinter ihm aufragte, wirkte es klein wie ein Kind.
Seyfarth verbarg seine Verblüffung hinter einem höhnischen
Grinsen. Das Schwein mochte sich immerhin im Dunkeln versteckt oder
sich gar tot gestellt haben. Aber der Raumanzug? Unvorstellbar, dass
er daran vorbeigegangen sein sollte, ohne ihn zu bemerken. Und dass
der Anzug in den paar Sekunden, in denen er sich umgedreht hatte, vom
anderen Ende des Korridors bis hierher gespurtet sein sollte, war
ebenso unwahrscheinlich.
»Das ist ein Trick«, sagte Seyfarth, »nicht
wahr?«
»Ich würde an deiner Stelle die Pistole fallen
lassen«, sagte das Hyperschwein.
Seyfarth krümmte den Finger um den Abzug. Einerseits
hätte er diese Missgeburt mit dem langen Rüssel am liebsten
weggepustet. Andererseits wollte er doch wissen, wieso das Schwein
sich anmaßte, in diesem Ton mit ihm zu sprechen.
Hatte es denn vergessen, was es war?
»Ich habe dich zum Trocknen aufgehängt«, sagte
Seyfarth. Ein Irrtum war ausgeschlossen. Es war dasselbe
Schwein. Er sah sogar die Wunden, wo er es an die Wand genagelt
hatte.
»Hör mir gut zu«, sagte das Schwein. »Du
wirfst jetzt die Pistole weg, dann können wir reden. Ich
möchte einiges von dir wissen. Zum Beispiel, was, zum Teufel,
Quaiche mit meinem Schiff vorhat.«
Seyfarth fasste sich mit einem Finger an den Helm, als wollte er
sich kratzen. »Wer von uns hat hier die Waffe in der Hand,
Schwein?«
»Du.«
»Richtig. Das wollte ich nur
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