Offenbarung
zum
Rumpf zu finden, dass ihnen nicht auffiel, wie sich an einer Seite
der Sehnsucht nach Unendlichkeit inmitten der komplexen
Transformationen des Captains ein goldgelber Spalt auftat. Eine
Tür ins All hatte sich geöffnet, scheinbar winzig, aber in
Wirklichkeit nur deshalb, weil das Schiff selbst so ungeheuer
groß war.
In der Öffnung erschien ein Objekt, das sich glatt und
fließend wie eine Maschine bewegte. Es sah nicht aus wie ein
Raumschiff, nicht einmal wie eins der plumpen Shuttles für
Flüge von Schiff zu Schiff. Es ähnelte eher einer
abstrakten Skulptur: einer surrealen Konstruktion aus
bronzegrünen Platten mit geschwungenen Rändern, ohne
Fenster, ohne Fugen, wie aus Seife oder Marmor geformt. Das ganze
Ding steckte in einem schwarzen Gehäuse, einem geodätischen
Gerüst mit Andockluken, Korrekturdüsen und Navigations- und
Zieleinrichtungen.
Es war ein Weltraumgeschütz der Höllenklasse. Die Sehnsucht hatte ursprünglich vierzig von diesen
Waffensystemen an Bord gehabt; nun war nur noch dieses eine
übrig. Die wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse,
denen es seine Entstehung verdankte, lagen im Vergleich zu dem Stand
der Forschung, auf dem die neuesten Errungenschaften im Arsenal des
Lichtschiffes, die Blasenminen oder die hypometrischen
Geschütze, entstanden waren, höchstwahrscheinlich weit
zurück. Mit letzter Sicherheit würde das niemand je
erfahren. Nur eines stand fest: Die neuen Waffen waren
Präzisionsinstrumente, rohe Gewalt war ihre Sache nicht, und
deshalb war das Weltraumgeschütz nach wie vor nicht
überflüssig geworden.
Es passierte die Öffnung. Die Korrekturdüsen am
Gehäuse flammten bläulich auf. Der harte grelle Schein fiel
auf die Sehnsucht nach Unendlichkeit und auf die wenigen
schwarzen Schiffe der Kathedralengarde, die noch übrig
waren.
Niemand bemerkte es.
Das Weltraumgeschütz drehte sich um die eigene Achse, das
Gerüst richtete sich auf Haldoras gewaltiges Antlitz aus. Dann
beschleunigte es und entfernte sich von der Sehnsucht nach
Unendlichkeit, vom Kampfgeschehen und von Helas zerkratztem
Gesicht.
Vasko und Khouri betraten das Turmzimmer mit den vielen Spiegeln.
Vasko sah sich um. Der Raum sah mehr oder weniger so aus, wie sie ihn
verlassen hatten: Der Dekan saß immer noch in der gleichen Ecke
in seinem Krankenstuhl. Rachmika wartete an dem Tisch in der Mitte
vor einem hübschen Teeservice. Vasko beobachtete sie aufmerksam
und suchte zu erkennen, wie viel von ihren Erinnerungen sich
inzwischen wieder eingestellt hatte. Selbst wenn sie nicht alles
abrufen konnte, das Gesicht ihrer Mutter musste irgendeine
Reaktion auslösen, dachte er. Manche Dinge durchstießen
doch alle Erinnerungsschichten.
Falls Rachmika irgendwie Wirkung zeigte, so sah er es nicht. Sie
neigte nur den Kopf und begrüßte die beiden wie beliebige
Besucher.
»Sie sind nur zu zweit?«, fragte Dekan Quaiche.
»Wir sind die Vorhut«, sagte Vasko. »Wir wollten
uns die Unterbringungsmöglichkeiten ansehen, bevor wir Dutzende
von Leuten herunterschickten.«
»Ich sagte Ihnen doch, es stehen genügend Zimmer zur
Verfügung«, sagte Quaiche. »Sie können so viele
Delegierte mitbringen, wie Sie wollen.«
Rachmika meldete sich zu Wort. »Sie sind nicht verrückt,
Dekan. Sie wissen doch, was in ein paar Stunden geschehen
wird.«
»Sie machen sich doch nicht etwa Sorgen wegen der
Überquerung?«, fragte Quaiche die Ultras, als wäre
schon die Vorstellung absurd.
»Ich würde sagen, wir möchten sie lieber aus
einiger Entfernung beobachten«, gab Vasko zurück.
»Dagegen ist doch nichts einzuwenden? In unserer Vereinbarung
stand nicht ausdrücklich, dass wir uns auf der Morwenna einquartieren müssten. Wenn wir auf eine größere
Abordnung verzichten, ist das doch nur zu Ihrem Vorteil.«
»Ich bin dennoch enttäuscht«, sagte Quaiche.
»Ich hatte gehofft, Sie würden das Erlebnis mit mir teilen.
Von ferne ist das Schauspiel sicher lange nicht so
eindrucksvoll.«
»Davon bin ich überzeugt«, erwiderte Vasko mit
einem Nicken. »Und deshalb werden wir Sie alleine lassen, damit
Sie es in Ruhe genießen können.« Er sah Khouri an und
sagte mit besonderer Betonung: »Wir möchten die heilige
Handlung nicht stören.«
»Von einer Störung kann nicht die Rede sein«,
versicherte ihm der Dekan. »Aber wenn dies Ihr Wunsch ist…
wer bin ich, Sie daran zu hindern? Bis zur Überquerung dauert es
allerdings noch zwölf Stunden. Kein Grund, nervös zu
werden.«
»Sind Sie denn
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