Offenbarung
euch herüberkommen.
Ist das so viel verlangt? Ist dieser Preis so hoch?«
Rachmika wandte sich den anderen zu. Sie hatte das Gefühl,
Zeugnis für die Schatten ablegen zu müssen. »Sie
können herüberkommen, wenn der Massengenerator
eingeschaltet werden darf. Das ist eine Maschine im Herzen des
Haldora-Empfängers. Sie kann Körper herstellen, und dann
können die Bewusstseine durch den Bulk schlüpfen und diese
Körper besetzen.«
»Schon wieder Maschinen«, sagte Vasko. »Vor einer
Gruppe laufen wir davon, und dann verhandeln wir mit der
nächsten.«
»Wenn es nicht anders geht…«, sagte Rachmika.
»Im Übrigen sind sie nur deshalb Maschinen, weil sie nach
allem, was sie durchmachen mussten, keine andere Wahl hatten.«
Sie erinnerte sich an die kurzen hypnagogischen Visionen, die ihr die
Schatten von ihrem Leben im Universum übermittelt hatte: von
ganzen Galaxien, die grün gefärbt waren von der grausamen
Seuche; von Sonnen wie smaragdgrünen Laternen. »Früher
waren sie uns einmal sehr ähnlich«, fügte sie hinzu.
»Sie standen uns näher, als wir ahnen.«
»Es sind Dämonen«, sagte Quaiche. »Sie haben
nichts mit uns gemein. Es sind nicht einmal Maschinen.«
»Dämonen?«, fragte Grelier nachsichtig.
»Die natürlich geschickt wurden, um meinen Glauben auf
die Probe zu stellen. Mein Vertrauen in das Wunder zu
erschüttern. Meinen Geist mit Fantasien von anderen Universen zu
vergiften. Mir Zweifel daran einzuflößen, dass die
Auslöschungen Worte Gottes sind. Mich straucheln zu lassen in
der Stunde meiner größten Prüfung. Es ist
nämlich kein Zufall: Je mehr meine Pläne für Hela
ihrer Vollendung entgegenreiften, desto beißender wurde der
Hohn der Dämonen.«
»Sie hatten Angst, von Ihnen zerstört zu werden«,
sagte Rachmika. »Sie begingen den Fehler, Sie als
vernünftiges Individuum zu behandeln. Hätten sie sich als
Dämonen oder Engel ausgegeben, sie hätten vielleicht mehr
erreicht.« Sie beugte sich über ihn, bis sie seinen Atem
riechen konnte: alt und essigsauer wie ein aufgelassener Weinkeller.
»Für Sie mögen es Dämonen sein, Dekan, ich will
Ihnen da nicht widersprechen. Dennoch haben Sie kein Recht, sie uns
vorzuenthalten.«
»Es sind Dämonen«, sagte er. »Und deshalb kann
ich sie Ihnen nicht ausliefern. Ich hätte schon vor Jahren den
Mut aufbringen müssen, sie zu vernichten.«
»Bitte«, sagte Rachmika.
Vom Krankenstuhl kam ein neues Signal. Quaiche schürzte die
Lippen und schloss in Verzückung oder Angst die Augen.
»Es ist vollbracht«, sagte er. »Das Schiff befindet
sich in der Haltebucht. Ich habe mein Ziel erreicht.«
Auf dem Bildschirm war alles zu sehen. Die Sehnsucht nach
Unendlichkeit lag wie ein gefangenes mythisches Meeresungeheuer
von monströsen Ausmaßen in dem Trog, den Quaiche für
sie hatte bauen lassen. Die Halterungen und Träger des
Schlittens umfassten und stützten den Rumpf an hundert Stellen
und passten sich allen Unregelmäßigkeiten und
architektonischen Schnörkeln geschickt an. Der Schaden, den sich
das Schiff beim Landeanflug selbst zugefügt hatte – der
Abwurf der Rumpfverkleidung im Mittelbereich und die Abstoßung
so vieler innerer Teile –, war jetzt so deutlich sichtbar, dass
Quaiche sich schon fragte, ob seine Trophäe womöglich zu
geschwächt wäre, um die ihr zugedachte Aufgabe zu
erfüllen. Aber die Zweifel verflogen sofort wieder: Das Schiff
hatte den Belastungen des Anflugs und den brutalen Schlag beim
Aufsetzen auf den Schlitten überstanden. Das Gerüst war
darauf eingerichtet, den Aufprall der gewaltigen Massen zu
dämpfen, dennoch waren im Augenblick der Kollision alle
Belastungsindikatoren in den roten Bereich geschossen. Doch das
Gerüst – jedenfalls so viel davon wie nötig –
hatte standgehalten und das Schiff ebenfalls. Die Unendlichkeit hatte sich nicht das Rückgrat gebrochen, die Triebwerke
waren nicht von den Auslegern gerissen worden. Damit hatte sie den
schlimmsten Teil der Reise überstanden. Bei dem, was nun von ihr
verlangt wurde, wäre sie nicht mehr solchen Belastungen
ausgesetzt wie bei der Landung. Alle seine Erwartungen hatten sich
erfüllt.
Quaiche winkte sein Publikum näher heran. »Sehen Sie
sich das an. Das Heck des Schiffes wird soeben ein wenig angehoben,
damit die Abgase nicht Helas Oberfläche treffen. Ein kleiner,
aber sehr wichtiger Schritt.«
»Sobald die Triebwerke gezündet werden«, sagte
Vasko, »wird es sich aus Ihrer Haltebucht
losreißen.«
Quaiche schüttelte den Kopf.
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