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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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sollten wir die Augen offen
halten.«
    Die Lichter an der Wand erloschen. Nur die Helmleuchten der
Gardisten drangen noch durch die Dunkelheit. Wieder war ein Teil des
Schiffes tot; ein Wunder, dass die Lichter so lange durchgehalten
hatten.
    Doch wie um diese These zum Gespött zu machen, gingen sie
gleich darauf flackernd wieder an.
     
    Irgendetwas stimmte nicht.
    »Sie lässt sich nicht mehr steuern«, sagte Quaiche.
»Das dürfte nicht sein.«
    Seine Privatfähre schob sich näher an die Plattform
heran. Der Spalt verringerte sich auf wenige Zentimeter.
    »Nein«, sagte Grelier mit plötzlichem Nachdruck.
»Riskieren Sie es nicht. Irgendetwas ist ganz offensichtlich
nicht…«
    Aber Quaiche hatte seine Chance erkannt und raste mit aller
Geschwindigkeit, die sein Krankenstuhl hergab, auf die geöffnete
Luftschleuse zu. Einen endlosen Moment lang hielt das Shuttle seine
Position. Es hatte den Anschein, als könnte er es schaffen, auch
wenn er eine inzwischen handbreite Lücke überwinden musste.
Doch dann entfernte sich die Dominatrix mit unkoordinierten
Schüben ihrer Steuerdüsen weiter von der Plattform. Die
Lücke vergrößerte sich von wenigen Zentimetern auf
fast einen Meter. Quaiche erkannte seinen Fehler und bremste. Seine
Hände rasten wie wahnsinnig über die Konsole. Aber der
Spalt vergrößerte sich immer noch mehr – der
Krankenstuhl würde nicht rechtzeitig zum Stehen kommen.
    Die Dominatrix war jetzt fünf oder sechs Meter von der
Landeplattform entfernt und versuchte immer noch verzweifelt, sich
auszurichten. Nun begann sie auch noch zu rotieren. Die offene
Luftschleuse geriet auf die andere Seite.
    Doch das spielte schon keine Rolle mehr. Quaiche schrie aus
Leibeskräften. Sein Krankenstuhl überfuhr die Kante.
    »Dummkopf«, sagte Grelier, noch bevor die Schreie
verhallt waren.
    Rachmika sah sich das Shuttle an. Es wandte ihnen nun die
Rückseite zu, und sie konnten endlich sehen, dass es schwer
beschädigt war. Der glatte Rumpf wies eine Reihe sonderbarer
Löcher auf. Sie waren vollkommen rund und eröffneten den
Blick in nahezu kugelförmige Hohlräume mit metallisch
glänzenden Schnittflächen. Es war, als hätten sich im
Rumpf Blasen aufgespannt, die beim Platzen mathematisch präzise
Höhlungen zurückließen.
    »Es wurde angegriffen«, sagte Grelier.
    Die Fähre fiel zurück und verlor an Höhe. Ihre
Korrekturversuche wurden zusehends hektischer und wirkungsloser.
    »Hinlegen«, befahl Grelier. Er stieß Rachmika auf
das Deck und warf sich neben sie. Dann presste er sich so flach wie
möglich an den Boden und drückte mit einer Hand auch das
Mädchen nach unten.
    »Was…?«, begann sie.
    »Augen zu!«
    Die Warnung kam zu spät. Sie bekam den Beginn der Explosion
noch mit. Das beschädigte Shuttle schlug auf Helas
Oberfläche auf. Der grelle Lichtschein drang durch ihre
Augenlider und bohrte sich gleich einer glühenden Nadel in ihren
Sehnerv. Die ganze Kathedrale erbebte, und die Erschütterungen
übertrugen sich auf ihren Körper.
     
    Als alle Luft entwichen war und der Sturm sich gelegt hatte, hielt
Glaur den Zeitpunkt für gekommen. Er hatte sowohl in die
Glasplatte wie in das Schutzgitter darunter ein mannsgroßes
Loch geschnitten. Darunter war Vakuum und – etwa zwanzig Meter
tiefer – Helas endlos dahinrollende Oberfläche.
    Noch einmal kontrollierte er seine Sicherheitsleine, dann schob er
sich mit den Beinen voran bis zum Bauch über die Kante. Die
geschmolzenen Glasränder waren abgerundet, er brauchte nicht zu
befürchten, dass er sich den Anzug zerriss. Einen Augenblick
verharrte er so, den Oberkörper noch im Maschinenraum, Beine und
Unterleib im Leeren hängend. Das war der Augenblick der
Kapitulation. Dann stieß er sich beherzt ab und spürte,
wie er schwerelos wurde. Eine Sekunde lang sah er verschwommen
Maschinenteile an sich vorbeischießen. Dann bremste das Kabel
seinen Sturz mit einem scharfen Ruck ab. Der Gürtel grub sich in
seine Taille; er kippte nach hinten und hing fast senkrecht mit dem
Kopf nach unten über dem Boden.
    Er schaute hinab: noch vier, vielleicht fünf Meter. Der Boden
glitt vorbei. Der Abstand war größer als gedacht,
wahrscheinlich würde ihm beim Aufschlag die Luft wegbleiben,
aber eigentlich sollte er aufstehen und sich das Eis abklopfen
können. Selbst wenn er das Bewusstsein verlöre, müsste
die Kathedrale über seinen Körper hinwegschreiten, ohne ihm
zu schaden. Die gepanzerten Beine mit den riesigen, stampfenden
Sohlenplatten waren zu

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