Offene Rechnungen
auch so sah Frank sich in seinem Verdacht gegen Ariane Wiese bestätigt.
KAPITEL 6
Esther organisierte sich einen Streifenwagen und fuhr damit zum Geschäftshaus am Nord-Ostsee-Kanal. Am Rande registrierte sie die lange Schlange von Fahrzeugen in der Nobiskrüger Allee.
»Wieder nur eine Fähre im Einsatz, hmm«, murmelte sie.
Dieses Phänomen zählte zu den ständigen Ärgernissen für die Menschen, die regelmäßig den Kanal zwischen Rendsburg und Schacht-Audorf überquerten. Erfahrene Autofahrer bogen oft beim Anblick des Staus in die Aalborgstraße ab und wählten lieber den längeren Weg durch Rendsburg, um dann den Kanaltunnel zu nutzen. Esther stellte den Streifenwagen neben dem Passat von Reuter ab, der mit einem Lächeln ausstieg.
»Wenn ich einmal eine unauffällige Annäherung möchte, sollte ich es lieber erwähnen.«
Verblüfft folgte Esther seinem Blick zum Streifenwagen, dann erkannte sie den Unmut in seinen grünen Augen.
»Wieso? Der zivile Dienstwagen ist immer noch in der Werkstatt. Hätte ich lieber mit dem Linienbus kommen sollen?«, konterte Esther verärgert.
Solange das zivile Dienstfahrzeug in der Werkstatt war, lautete eine interne Anweisung, dass die Kriminalbeamten einen Streifenwagen für ihre Einsätze zu nutzen hatten. Fahrten mit dem Privatwagen wurden nicht erstattet.
Reuter winkte ab und gab dann mit wenigen Sätzen sein Gespräch mit Herbert Scholz wieder. Esther staunte über die vielen Informationen, die ihr Kollege auf diesem Wege erhalten hatte. Einen Teil der Informationen konnte sie bestätigen, unter anderem was die Verbindung zwischen Landau und Ralph Wiese anging.
»Sehr gut, Esther. Welche Reihenfolge schlagen Sie vor? Erst Frau Sonntag oder erst den Unternehmensberater?«
Darüber musste sie nicht lange nachdenken.
»Zuerst Frau Sonntag. Wer weiß? Vielleicht kann sie uns ja noch mehr über Herrn Landau erzählen.«
Frank Reuter nickte zustimmend und so gingen die beiden Kriminalbeamten ins Zentrum, winkten der neugierig aufschauenden Ilona Specht hinterm Empfangstresen zu, bevor sie in die Cafeteria gingen. Esther war der Gesichtsausdruck der Angestellten hinterm Empfangstresen nicht entgangen, als sie Frank Reuter erkannt hatte. Diese Art Blicke von Ilona kannte Esther nur zu gut aus der Zeit, in der sie als Teenager gemeinsam ausgegangen waren.
»Sie haben da wohl eine Eroberung gemacht, Herr Kollege«, zog sie ihn auf.
Reuter sah sie Stirn runzelnd an. Esther nickte in Richtung von Ilona Specht, die sich wieder in ihre Arbeit vertieft hatte.
»Ach, so. Na, ja. Da habe ich schon schlimmere Eroberungen gemacht. Frau Specht macht doch einen ganz netten Eindruck.«
»Nett? Oh, Mann. Wenn Ilona hört, wie sie von ihr reden, sieht sie Sie nie wieder mit diesem Blick an«, warnte Esther ihren Kollegen, während sie die Tür zur Cafeteria hinter sich schloss.
Frank zuckte mit den Schultern, zog dann einen Stuhl vom Tisch weg und ließ Esther sich setzen. Neugierige Blicke der anderen Gäste streiften die beiden Beamten.
»Sie wissen aber schon, dass es hier nur Selbstbedienung gibt?«, fragte Esther nach einem Augenblick ihren Kollegen.
»Das gilt in unserem Fall nicht. Wetten?«
Gespannt sah sie ihren Kollegen an, als sich eine kleine Seitentür neben der Ausgabe öffnete und Heike Sonntag erschien.
»Eins zu null für Sie, Herr Reuter«, raunte Esther.
»Wollen Sie zu mir?«
Heike Sonntag war eine große Frau, die sicher schon eine Menge erlebt hatte. Links und rechts neben ihrer Nase hatten sich tiefe Furchen eingegraben.
»Hauptkommissar Reuter und das ist meine Kollegin Oberkommissarin Helmholtz. Setzen Sie sich doch einen Moment zu uns, Frau Sonntag. Wir haben einige Fragen, die mit dem Mord an unserem Kollegen zu tun haben.«
Nach einem prüfenden Blick über den Ausgabebereich zu den fleißig arbeitenden Mitarbeitern, sank Heike Sonntag auf den freien Stuhl. Mit einer müden Geste schob sie ein blondes Haar zurück, stopfte es automatisch unter das Haarband. Fast apathisch nahm sie Reuters Belehrung auf. Es war nicht die erste Belehrung dieser Art und längst hatte Heike es aufgegeben, das Leben anders nehmen zu wollen, als es sich eben zeigte. Sie gehörte nicht zu den Menschen, denen viele sonnige Momente gewährt wurden. Aber auch damit hatte sich die Frau aus einfachen Verhältnissen seit Langem abgefunden.
»Geht es etwa immer noch um das blöde Licht? Scholz war doch auch schon hier und ich habe es geklärt.«
»Herr Scholz ist nicht mehr bei der Polizei, Frau
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