Offene Rechnungen

wissen.«
Reuter nickte zustimmend, sah gleichzeitig auf ein großes Containerschiff, welches sich scheinbar in Zeitlupentempo durchs Land schob. Eine Illusion, wie er wusste, aber irgendwie passte sie zu dieser Stadt am Kanal.
»Entweder als Zeugin oder vielleicht war Ralph Wiese ja auch ihren schmutzigen Geschäften auf der Fährte. Tja, dann …«, ließ der Hauptkommissar seinen Gedanken unvollendet.
Esther sah auf die Seitentür und schüttelte einmal mehr fassungslos den Kopf.
»Und ich dachte immer, Rendsburg sei ein verschlafenes Nest, in dem kaum etwas passiert.«
     
    *
     
    Tobias Landau empfing die beiden Beamten mit abweisender Haltung, doch Frank ließ sich davon nicht beeindrucken.
»Es wird nicht lange dauern, Herr Landau. Wir müssen allerdings klären, wieso Sie uns angelogen haben.«
Die Eröffnung verschlug Landau zunächst die Sprache, dann färbte sich seine Gesichtshaut dunkelrot. Ihm ging dieser Hauptkommissar aus Kiel mächtig auf die Nerven. Reuter hatte keinerlei Respekt vor ihm und das machte Landau schwer zu schaffen. Er war es gewohnt, dass seine Stellung in der Gesellschaft ihn vor solchen Attacken schützte. Es wurde Zeit, diesem Herrn die Grenzen seiner Unverschämtheit aufzuzeigen.
»Sie! Was erlauben Sie sich eigentlich, Herr Reuter? Hat Staatsanwalt Wolter Ihnen nicht gesagt, mit wem Sie es zu tun haben?«
Landau war außer sich, Speichelfetzen flogen aus seinem Mund. Er sah aus, als wolle er sich auf Frank stürzen.
»Grundschule Achterwehr 1971 bis 1975. Erinnern Sie sich noch an Ihre Grundschuljahre, Herr Landau? Ja? Dann wissen Sie auch, mit wem Sie damals in einer Klasse gewesen sind. Ralph Wiese und Sie haben sogar den gleichen Sportverein besucht, also erzählen Sie uns nicht, dass Sie den toten Kollegen nur flüchtig gekannt haben!«
Frank hatte seine Ausführungen mit leiser Stimme angefangen, bis Landau sich ein wenig beruhigt hatte. Den letzten Satz schleuderte er aber mit deutlich erhobener Stimme dem Unternehmensberater ins Gesicht. Landau blinzelte mehrfach nervös, bevor er sich schwer in seinen Schreibtischstuhl fallen ließ. Ihm ging das Risiko einer Falschaussage durch den Kopf. Der Kieler Kripomann war besser informiert als vermutet, also bot sich eine Änderung in der Vorgehensweise dringend an.
»Verdammt, ich Trottel. Ja, natürlich kannte ich Ralph sehr gut. Auch hier in Rendsburg haben wir uns mehrfach getroffen. Ich wollte nicht mit seiner Ermordung in Verbindung gebracht werden, Herr Hauptkommissar. Können Sie das nicht verstehen?«
Frank sparte sich eine Antwort auf diese Frage, suchte bereits nach der nächsten Lücke in Landaus Verteidigungswall. Noch hatte der Unternehmensberater den Beamten nicht alles gesagt, was es zu sagen gab.
»Wann haben Sie Hauptkommissar Wiese zum letzten Mal vor seinem Tod getroffen?«
Landau runzelte nachdenklich seine Stirn, so intensiv dachte er nach.
»Ungefähr eine Woche vorher, als wir uns zufällig bei einer Party getroffen haben. Unsere Frauen waren nicht dabei und wir haben uns später ein Taxi geteilt. Danach aber bestimmt nicht wieder und mit seinem Tod habe ich auch nichts zu tun.«
Frank warf einen prüfenden Blick zu Esther, die jede Aussage von Landau sorgsam festhielt. Gut so.
»Dann kannten sich Ihre Frau und Ariane Wiese also auch?«
Der Unternehmensberater sah Frank forschend an, versuchte den Sinn dieser Frage zu erfassen. Was zum Teufel hatte denn Monika mit dieser ganzen Geschichte zu tun?
»Nein, nicht wirklich. Wir haben uns ein- oder zweimal in der Stadt getroffen, als wir in Begleitung unserer Frauen waren. Aber, Monika und Ariane kennen sich nicht weiter. Wieso?«
Erneut ignorierte Frank die Gegenfrage. Er lauschte vielmehr auf die Stimme von Landau, spürte den Zwischentönen nach.
»Sie waren vor einem knappen Jahr in eine Geschichte mit Werksspionage verwickelt, Herr Landau. Wie kam es dazu?«
Landau zuckte verwirrt zusammen, während Esther ihrem Kollegen einen staunenden Seitenblick zuwarf. Frank hatte auf Verdacht den Namen des Unternehmensberaters in verschiedene Suchmaschinen im Internet eingegeben. So war er auf diese Geschichte gestoßen, in die Landau involviert gewesen war. Da es nie zu einer öffentlichen Anklage gekommen war, sondern die Parteien sich außergerichtlich geeinigt hatten, gab es keine Informationen dazu in den Systemen der Behörden.
»Was hat denn diese alte Geschichte mit dem Mord zu tun? Es war viel harmloser, als es von den Medien aufgebauscht worden ist. Ich war