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Offene Rechnungen

Offene Rechnungen

Titel: Offene Rechnungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacobsen Harald
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anscheinend wieder in ein Prospekt eines der Unternehmen aus dem Haus. Kaum schloss sich die Tür zum Besprechungsraum hinter Ilona, legte Simon den Prospekt weg, warf prüfende Blicke in die Runde und zog dann blitzschnell die Tastatur aus der Umhängetasche, die Herbert Scholz ihm anvertraut hatte. Mit einem Satz war er hinterm Tresen, stöpselte die bisherige Tastatur ab und schloss die neue, absolut identisch wirkende Tastatur an. Mit fliegenden Fingern verstaute er die zum Computer gehörende Tastatur in der Tasche und lehnte sich schwer atmend wieder gegen den Tresen. Simon hatte schon den Prospekt in der Hand, als ihm ein Gedanke siedend heiß durch den Kopf fuhr. Mit einem leisen Fluch hetzte der Arzt wieder hinter den Empfangstresen und drückte die Tasten, die Scholz ihm mehrfach gezeigt hatte. Zu Simons Erleichterung erschien die erwartete Fehlermeldung auf dem Monitor und nun konnte er sich endlich wieder in Position stellen. Ein schneller Blick auf seine Armbanduhr verriet ihm, dass keine drei Minuten seit Ilonas Verschwinden verstrichen waren. Ihm kam es wie eine halbe Ewigkeit vor, aber so langsam setzte sich ein leichter Triumph durch. Simon hatte die ganze Zeit größte Zweifel gehegt, ob ihm so eine James-Bond-Nummer überhaupt gelingen könnte. Aber, es hatte geklappt!
»Oh, was ist denn jetzt passiert?«
Die Angestellte war hinter dem Empfangstresen erschienen und starrte ungläubig auf die Fehlermeldung, die hektisch auf dem Monitor vor sich hin blinkte. Bei Ilonas verblüfftem Ausruf gelang es Simon, den völlig Unbeteiligten zu mimen. Im Grunde fiel ihm diese Rolle gar nicht schwer, denn von Computern hatte er tatsächlich herzlich wenig Ahnung. Bald nach Ilonas Rückkehr verabschiedete er sich und fuhr in die Denkerstraße.
     
    *
     
    Frank fuhr mit Esther zusammen in die JVA nach Neumünster, um Ariane Wiese zu vernehmen. Die vielen Indizien gegen die Witwe des ermordeten Hauptkommissars reichten aus, um von ihrer Täterschaft ausgehen zu können. Auf der Fahrt über die A7 schwiegen die beiden Kriminalbeamten die meiste Zeit. Frank konnte sich denken, was in seiner Kollegin vorging. Ariane Wiese war ihre Freundin und noch immer fiel es der Oberkommissarin sehr schwer, an die Schuld der Witwe zu glauben. Er rechnete es seiner Rendsburger Kollegin hoch an, dass sie sich dennoch nicht von den Ermittlungen entbinden lassen wollte. In der Justizvollzugsanstalt durchliefen die beiden Polizisten das übliche Anmeldeverfahren, bis sie endlich im Vernehmungsraum ankamen. Der behandelnde Arzt hatte keine Bedenken gegen die Vernehmung geäußert, da sich der Schock gelegt hatte und Ariane sich normal artikulieren konnte. Frank betrat als Erster den Vernehmungsraum und stutzte, als er dort einen Mann sitzen sah. Er hatte sich eine Taktik für die bevorstehende Vernehmung während der Fahrt ausgedacht. Frank war sich sicher gewesen, die erkennbar angeschlagene Witwe des toten Kollegen zu einem Geständnis bringen zu können. Die unerwartete Anwesenheit des Fremden irritierte den Hauptkommissar.
»Hauptkommissar Reuter und das ist meine Kollegin Oberkommissarin Helmholtz. Wer sind Sie?«
Der kleine Mann mit dem lichten Haarkranz erhob sich und reichte Esther die Hand, bevor er sich an Reuter wandte.
»Volker Jahn, ich bin der Rechtsbeistand von Frau Wiese«, stellte er sich vor.
Frank nahm es mit Gleichmut zur Kenntnis, wohingegen seine Kollegin ihn unvermittelt um eine letzte Vorbereitung der Vernehmung bat. Er verstand ihr Anliegen zwar nicht wirklich, folgte der Oberkommissarin aber hinaus auf den Gang. Dort sprudelte seine Kollegin sofort los. Esther kannte den Kollegen von Dr. Malzahn nicht nur aus der Kanzlei, sondern hatte ihn bereits mehrfach vor Gericht und in der Inspektion erleben dürfen. Jahn sah nicht nur aus wie ein Terrier, er hatte auch das Naturell dieser kleinen Hunde. Mit Begeisterung verbiss er sich in seine Fälle, selbst wenn sie nahezu aussichtslos oder sogar lächerlich waren.
»Sie müssen sich auf ständiges Unterbrechen seitens Jahns einstellen, Frank. Der kleine Mann sieht sich als begnadeten Strafverteidiger und zieht generell eine Riesenshow ab.«
Mit Bitterkeit erinnerte Esther sich an diverse Zeugenaussagen vor Gericht, die Jahn mit teilweise unfassbaren Methoden zu durchlöchern versucht hatte. Mehr als einmal war dem Vorsitzenden Richter der Kragen geplatzt und in zwei Fällen gab es sogar Strafen für den quirligen Rechtsanwalt mit dem übersteigerten Ego.
Frank

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