Offene Rechnungen
Security neben Simon Vester saß.
Esther hatte ihre Freunde im Laufe des Tages erreicht und die schlimme Nachricht mitteilen können. Alle hatten sich auf das Treffen an diesem Abend geeinigt.
»Was sagt Reuter zu dem beschädigten Golf?«, wollte Herbert Scholz erfahren.
Selbst ihm hatte die neue Entwicklung einen Teil der bisherigen Hoffnung genommen. Herbert war bisher ziemlich sicher gewesen, ausreichend Indizien gegen eine andere Person zu finden, um Ariane aus der Schusslinie der Kriminalpolizei zu bekommen. Dieser Anschlag mit dem Wagen der Lehrerin verdüsterte die Aussichten jedoch erheblich. Besonders Hauptkommissar Reuter hatte damit die lange gesuchte Trumpfkarte gegen Ariane erhalten.
Esther berichtete von dessen großen Zweifeln an Arianes Schuld, die jedoch durch die Tatsachen ausgeräumt worden waren.
»Spricht für ihn. Aber an den erdrückenden Indizien kommt er natürlich nicht vorbei, also muss er Ariane jetzt als Hauptverdächtige ansehen. Wir allerdings nicht.«
Bei der abschließenden Feststellung des ehemaligen Polizisten nickten Juliane und Simon zustimmend.
»Ich gebe zu, dass ich ein Problem habe. Ariane verhält sich so merkwürdig und ich weiß einfach nicht, was mit ihr los ist. Das macht sie leider verdächtig«, räumte Esther kleinlaut ein.
Juliane sah auf, setzte zum Sprechen an, zögerte einen Moment und überwand sich schließlich mit erkennbarer Mühe.
»Das geht mir leider genauso. Ich kann nicht über die Dinge reden, die Ariane mir als Therapeutin anvertraut. Dennoch gibt es da einiges, was mich verwirrt.«
Scholz und Vester tauschten einen überraschten Blick aus, dann legte sich drückendes Schweigen über die Gruppe.
»Gut, damit kommen wir aber auch nicht weiter. Ich schlage vor, dass wir unser Hauptaugenmerk auf die Frage richten, was Ralph am Abend des elften Aprils wirklich im Zentrum wollte.«
Scholz' Feststellung wirkte wie eine Initialzündung, denn umgehend sprudelten die Freunde vor Ideen. Es brauchte aber einige Zeit, bis man sich auf ein Vorgehen geeinigt hatte. Erneut war es Simon Vester, dem eine Schlüsselrolle bei den Ermittlungen zugedacht wurde.
*
Simon ging am Tag nach der lebhaften Besprechung zum zweiten Mal innerhalb einer Woche ins Zentrum, um dort zu Mittag zu essen. Ihm entging nicht, wie sich die Schwestern im Stationszimmer vielsagend anschauten. Es würde Tratsch geben, aber damit konnte der Stationsarzt ganz gut leben. Er wählte an diesem wechselhaften Apriltag das vegetarische Gericht und beglückwünschte sich nach wenigen Bissen. Um ihn herum herrschte lebhaftes Treiben, da offensichtlich viele Menschen von außerhalb, die gute Küche entdeckt hatten. An seinem Tisch saßen zwei Männer der Rendsburger Stadtwerke, die sich ausgiebig über Fußball unterhielten. Zunächst kamen die Mannschaften der ersten Bundesliga an die Reihe, dann gingen die beiden Männer zu den örtlichen Vereinen über. Simon interessierte sich wenig für Fußball, erfuhr im Verlaufe der Unterhaltung aber einiges über den Rendsburger Club und die Fußballabteilung von Büdelsdorf. Offenbar spielten die Kicker der Nachbarstadt erfolgreicher, sehr zum Missfallen des älteren Mannes. Simon gönnte sich noch einen Pudding zum Nachtisch, bevor er gut gesättigt die Cafeteria verließ. An der Tür stieß er fast mit zwei jungen Mädchen zusammen, die laut redend in die Cafeteria strebten. Simon entschuldigte sich und hielt den Teenagern die Tür auf, was ihm ein fröhliches Gelächter einbrachte. Derartige Formen der Höflichkeit waren anscheinend bei den Teenagern nicht mehr angesagt.
»Machen Sie sich nichts draus, Herr Doktor. Die jungen Mädchen wissen solche Gesten noch nicht zu schätzen.«
Simon wandte sich erstaunt um, als Ilona Specht ihn ansprach. Die attraktive Angestellte kam die letzten Stufen hinunter und sah lächelnd zu ihm hin.
»Moin, Frau Specht. Ja, da zähle ich wohl schon zum alten Eisen«, grüßte Simon ebenfalls lächelnd.
Durch diese mehr zufällige Begegnung konnte er ungezwungen mit zum Empfangstresen schlendern und sich mit Ilona über Banalitäten austauschen. Ihr Gespräch wurde öfter unterbrochen, da verschiedene Mieter sich bei der Angestellten nach ihrer Post oder eingegangenen Telefonaten erkundigten. Simons große Stunde schlug, als Norbert Martens das Zentrum verließ und Ilona für eine Frage mit einem Mieter in einem der Besprechungsräume verschwand.
»Dauert nicht lange, Herr Doktor.«
Er winkte lässig und vertiefte sich
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