Offene Rechnungen
hatte. Sehr nachdenklich fuhr Frank zurück nach Rendsburg.
*
Robert sah dem Hauptkommissar hinterher, der soeben in einen silbernen Passat stieg. Es war sehr riskant gewesen, dem Ermittler diese Variante der Ereignisse zu präsentieren. Aber Robert hatte unverschämtes Glück gehabt, wie er selbst einräumen musste. Ganz offensichtlich war der Kripo noch kein Licht aufgegangen, wie die verschiedenen Dinge zusammengehörten.
»Und vielleicht passiert das auch nicht mehr«, murmelte der Lehrer voller Hoffnung.
Er warf einen Blick auf die Fotografie mit seiner Frau und Tochter, er spürte dabei einen Stich in seiner Brust. Es war die Trennung gewesen, die Robert die Konsequenzen seines Verhaltens erstmals deutlich vor Augen geführt hatte.
»Das wird wieder Elke. Ganz bestimmt!«
Abrupt wandte Harmsen sich ab und eilte hinauf in den ersten Stock des Reihenhauses. Er hatte sich noch nicht völlig im Schreibtischstuhl mit der hohen Rückenlehne niedergelassen, da wählte er bereits eine Telefonnummer. Es gab noch ein Problem, um das er sich schleunigst kümmern musste. Während Robert dem Freizeichen im Hörer lauschte, gingen seine Gedanken zurück zu dem Zwischenfall auf dem Schulausflug.
*
Simon Vester betrat die Inspektion in der Moltkestraße mit einem flauen Gefühl in der Magengegend.
»Reuter weiß jetzt Bescheid über eure Ermittlungen, Simon. Ich musste ihn einweihen, damit wir eure Erkenntnisse mit in die laufenden Ermittlungen einfließen lassen können.«
Als Esther es ausgesprochen hatte, leuchtete dem Arzt zwar die Richtigkeit ihres Handelns ein, dennoch scheute er die Begegnung mit dem Kieler Hauptkommissar. Auf dem Gang vor Esthers Büro wartete eine sichtlich angespannte Juliane Wagenknecht.
»Endlich! Ich dachte schon, du würdest dich drücken und mich die ganze Suppe allein auslöffeln lassen.«
Juliane hasste es, wenn sie ihr Tun vor anderen Menschen rechtfertigen musste. Besonders in den Fällen, in denen sie sich nicht absolut korrekt verhalten hatte. Ihr Vater hatte eine spezielle Gabe dafür, einem allein durch seinen Blick in die Defensive zu treiben. An diesen Blick musste die Psychologin denken, seitdem Esther sie zu diesem Treffen in die Inspektion geladen hatte.
Unwillkürlich schmunzelte Simon, da er hinter dem aggressiven Tonfall der rothaarigen Frau die Nervosität spürte. Es tat ihm gut, dass die ansonsten viel selbstsichere Juliane ebenfalls weiche Knie hatte.
»Rede keinen Stuss, Jule! Du weißt genau, dass ich dich nie im Leben im Stich lassen würde. Ich stehe zu meinen Schandtaten und lasse nicht andere dafür den Kopf hinhalten. Du verwechselst mich da wohl mit einem Staatsanwalt, den wir alle gut kennen.«
»Ja, schon gut. Was denkst du? Wird Reuter uns die Leviten lesen?«
Juliane schämte sich ein wenig für die ungerechtfertigte Attacke gegen Simon, der tatsächlich ein treuer Freund und bestimmt kein Feigling war. Jedenfalls nicht in dieser Hinsicht. Das würde wirklich viel eher zu Clemens Wolter passen, genau wie Simon gesagt hatte.
»Darauf müssen wir uns einstellen, Jule. Trotzdem haben wir meines Erachtens richtig gehandelt. Wetten, dass Reuter von dieser Hehlergeschichte vorher keinen blassen Schimmer hatte?«
Da stimmte Juliane ihrem Freund zu und sie sah dem Gespräch mit weniger Nervosität entgegen. Kurz darauf erschien Esther auf dem Gang und begrüßte ihre Freunde.
»Ich habe Reuter bisher keinen Ton zu Scholz verraten. Vielleicht müssen wir ihn nicht mit in diese Geschichte hineinziehen, da ihm ansonsten möglicherweise sein Geschäft untersagt wird.«
Esther Helmholtz hatte dem Kieler Hauptkommissar zunächst mehr zufällig nur von Juliane und Simon berichtet. Als sie ihr Versäumnis erkannte, ging ihr die Bedrohung für Herbert Scholz auf. Sie hatte eine Weile mit sich gerungen und sich am Ende für eine vorläufige Zurückhaltung in dieser Sache entschieden. Daher war sie erleichtert, als sie Juliane und Simon noch auf dem Gang vor ihrem Büro antraf. Bei ihren Ausführungen tauschten die Psychologin und der Arzt einen Blick aus, bevor sie zustimmend nickten.
»Sehr schön. Sollte es jedoch notwendig werden, damit Reuter unserer Geschichte mehr Glauben schenkt, habe ich von Herbert die Einwilligung, auch seine Beteiligung offen zu legen.«
Esther war bei ihrem Gespräch mit dem Inhaber der Sicherheitsfirma selbst ein wenig über dessen Zustimmung erstaunt gewesen. Doch Scholz machte sich scheinbar weniger Sorgen um seine geschäftliche
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