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Offene Rechnungen

Offene Rechnungen

Titel: Offene Rechnungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacobsen Harald
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Routine eingeschlichen. Mir wurde erst bewusst was mir gefehlt hatte, als Robert es mir gab.«
Juliane zeichnete die Sitzung wie üblich auf, da die Anstaltsleitung keine Einwände gegen die Mitführung des Aufzeichnungsgerätes gehabt hatte. So konnte die Psychologin sich komplett auf das Gespräch konzentrieren. Bei der Eröffnung von Ariane, dass sie eine Affäre mit einem Robert gehabt hatte, spürte Juliane eine ansteigende Neugier. War diese nur von beruflicher Natur? Schnell verdrängte sie den störenden Gedanken, folgte weiter den Ausführungen von Ariane Wiese.
»Er war von Anfang an sehr interessiert an mir. So etwas entgeht einem schließlich nicht. Ich fand es angenehm, von einem jüngeren Mann mit seinem Äußeren begehrt zu werden. Ich hielt Robert aber lange Zeit auf die nötige Distanz, machte ihm keine Hoffnung.«
Während Ariane mit leiser, aber fester Stimme den Verlauf ihrer Affäre schilderte, beschäftigte ein Teil von Julianes Hirn sich mit der Frage nach dem Liebhaber. Robert? Sie kannte ein oder zwei Männer mit diesem Vornamen, die ihrer Ansicht nach aber kaum als erotische Spielgefährten ihrer Patientin in Betracht kamen.
»Es war bei der Weihnachstauführung in der Regionalschule. Ich hatte Robert geholfen, eine Art Danceact mit Schülern der neunten und zehnten Klassen auf die Beine zu stellen. Irgendwann sind wir nach der Probe in den Uhrenblock gefahren und haben dort zusammen den Abend verbracht.«
Bei der Erinnerung an diese Phase der Affäre leuchtete Arianes Gesicht auf. Ganz offensichtlich hatte ihr die Beziehung zu dem Robert sehr gut getan, jedenfalls zu Beginn.
»Es lief nach dem gleichen dämlichen Muster wie in diesen Spielfilmen ab, Juliane. Er verheiratet, ich verheiratet. Was bleibt einem da? Wir haben uns in Kiel, Eckernförde oder Husum getroffen. In kleinen Pensionen, immer mit einer Mischung aus Vorfreude und Angst vor Entdeckung. Bei allen Klischees hat es mich sehr belebt.«
Was selbst die Erinnerungen noch schafften, wie Juliane mit einem Anflug von Neid erkennen konnte.
»Was geschah dann, Ariane? Sie haben sich doch von Robert getrennt oder?«
Ein tiefer Seufzer leitete die weniger schöne Phase der Schilderung ein. Mit der Zeit wurde Ariane das Doppelleben zu viel und sie suchte Klarheit.
»Ich habe meine Ehe auf den Prüfstand gestellt und mir daneben ein Leben mit Robert vorgestellt. Sagen Sie nichts! Natürlich waren meine Vorstellungen über ein Leben mit dem jüngeren Mann völlig verzerrt und Ralph hatte im Grunde keine Chance. Bei einem Treffen in Kiel sind wir mit der Fähre nach Laboe gefahren. Beim Spaziergang am Strand habe ich Robert mit meinen Überlegungen konfrontiert. Seine Reaktion war so eindeutig, er hätte mir genauso gut einen Eimer mit kaltem Wasser über den Kopf ausschütten können.«
In ungläubigem Erstaunen schüttelte Ariane fassungslos ihren Kopf bei den Erinnerungen.
»Er wurde hektisch und mir wurde die unglaubliche Dummheit meiner Illusionen bewusst. Robert hatte nur die Abwechslung gesucht oder mich einfach als interessante Eroberung betrachtet. Von einem dauerhaften Zusammenleben konnte in seinen Vorstellungen keine Rede sein.«
Juliane hörte sich die wortgewaltigen Ausreden des Mannes an und ermöglichte Ariane dadurch, über diese alten Verwundungen hinwegzukommen. Schließlich kam die Sprache auf den Schulausflug, bei dem es zu diesem Zwischenfall gekommen war. Vorsichtig näherte Juliane sich dem kritischen Punkt, wurde aber erneut von der Kraft ihrer Patientin überwältigt.
»Ha, dieser Mistkerl! Robert Harmsen war der umschwärmte Mann. Alle weiblichen Teenies himmelten ihn an, aber er war natürlich nicht so dumm, sich mit einer Schülerin einzulassen. Seinen Hormonstau wollte er an mir auslassen, dieser Bastard!«
Es war das erste Mal, dass Juliane die Lehrerin eine so derbe Rede führen hörte.
»Ich habe ihn mehrfach abblitzen lassen, aber er stellte mir weiter nach. Dann kam ich an dem Nachmittag in die Kantine, in der zu der Zeit eigentlich niemand sein sollte. Ich wollte einfach meine Ruhe haben. Dort vernahm ich aber leise Stimmen aus dem Küchenbereich und als ich vorsichtig um die Ecke schaute, sah ich Robert und Miriam. Die Situation war für mich eindeutig, auch wenn Robert es leugnete.«
Ariane schilderte den Verlauf des sich anschließenden Streits, der überhaupt kein Streit zwischen Liebenden gewesen war. Immer wieder verdeutlichte sie ihre Abscheu gegenüber dem Verhalten des Lehrers, der sich offenbar

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