Offensive Minotaurus
vorstießen, um so öfter quälte mich der Gedanke, das Unternehmen »Stana Imorgin« sei sinnlos.
Der Himmel war schneeverhangen. Vor einer Stunde hatte Nikolai das Flußbett verlassen. Zur Zeit wühlten sich die Raupenketten durch dichte Waldungen und Windbrüche. Das Gelände war hügelig geworden, ohne zu einem echten Gebirge anzuwachsen.
Sibirien wäre nicht reich an hohen Bergen, hatte Ludinow erklärt. Selbst das nordöstlich der Lena liegende Wjerchojansskij-Gebirge wiese kaum einen tausend Meter hohen Gipfel auf.
Die Spezialkarte ruhte auf meinen Knien. In Abständen von zehn Minuten sprach unser Funkempfänger auf ein Peilzeichen an. Es wurde von jenen Männern gesendet, die im Auftrag des Geheimdienstes bei dem verschütteten Stollen Wache hielten.
Ludinow fand den Weg mit traumhafter Sicherheit. Gegen elf Uhr hielt er an. Vor uns lichtete sich der Wald. Schneebedeckte Felshänge stiegen in den Dezemberhimmel empor.
»Siehst du die Schlucht? Wir müssen hinein. Sie führt zu einem Hochplateau. Von da aus können wir den Stollen beobachten.«
Ich nickte zurückhaltend. Ludinow war ein angenehmer, humorvoller Begleiter, der meine Stimmung erkannt hatte. Wir hatten lange über die Erfolgsmöglichkeiten eines Verhörs diskutiert.
»Also denn – hinauf mit dem Fahrzeug«, seufzte Nikolai. »Brüderchen, dein Gesicht ist so trübe wie eine Sturmwolke.«
Ich zwang ein Lächeln auf meine Lippen und griff nach den Jagdgewehren. Als Büchse hatte man mir eine amerikanische Vollautomatik mitgegeben. Das Doppelmagazin enthielt acht Teilmantel-Raketengeschosse und im zweiten Zuführungsstreifen nochmals acht Projektile, die jedoch als Sprenggeschosse verfeuert wurden.
Als zweite Waffe verfügte ich über eine ebenfalls automatische Schrotflinte vom Kaliber 12. Ludinow hatte einen deutschen Drilling und einen halbautomatischen Armeekarabiner vom Kaliber 7,5 x 60.
Außerdem besaßen wir als Handfeuerwaffen je eine 22er Taruff, deren fingerlange Minirak-Geschosse hochexplosiv waren. Meine Einsatzautomatik unterschied sich äußerlich nicht von der des Astropiloten. Ich hatte jedoch den Umschaltstreifen des Doppelmagazins mit den geheimen Thermo-Rak-Projektilen der GWA geladen.
Der Traktor glitt die Schlucht hinauf. Die verschneiten Wände wurden niedriger, bis wir unvermittelt die mit Krüppelgewächsen bestandene Hochebene erreichten. Ludinow hielt erneut an.
Nach Tagesanbruch hatten wir die Thermalblenden eingefahren. Die Spezialscheiben der Fahrerkanzel gestatteten einen freien Rundblick.
»In vier bis fünf Stunden gibt es einen Schneesturm«, meinte Ludinow. Angestrengt sah er nach vorn. »Das Bergwerk ist noch etwa zwei Kilometer entfernt. Wenn wir die Lebensrettung plausibel gestalten wollen, muß es etwas geben, worauf ›zufällig‹ Vorüberkommende aufmerksam werden können. Was könnte das sein, großer Könner der GWA?«
Er blinzelte mich an und lachte. Ich stellte das Jagdgewehr in die Halterung zurück.
»Holzrauch. Wenn Fedor Imorgin im Stollen ein Feuer unterhält, muß der Qualm einen Abzug finden.«
Wir kreuzten ein Bachbett. Als der Traktor die Böschung emporfuhr, erhielt ich den ersten Kontakt. Drei oder vier Männer beobachteten uns.
Nikolai hielt an, ehe ich ihm meine Wahrnehmung mitgeteilt hatte.
»Wo sind die Schlafmützen?« fragte er. »Siehst du etwas?«
»Fahre nach rechts. Sie halten sich hinter dem Windbruch auf.«
Ich deutete auf ein Gewirr umgestürzter Kiefern. Ludinow zuckte zusammen, als hätte ich ihn mit einer Nadel gestochen.
»Zum Teufel«, sagte er gepreßt,
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