Offensive Minotaurus
Geisteskranke war doch der Schlüssel gewesen.
Das Ziehen in meinem Kopf wurde heftiger. Ich blockte mich immer mehr ab, um nicht zu stark beeinflußt zu werden.
Sekunden später wurde Ludinow unruhig. Er spürte etwas. Draußen war es dunkel geworden. Einzelne Sterne erschienen am dunklen Himmel. Wir fuhren nach dem grellen Licht unserer Normalscheinwerfer.
»Ralf …!« stöhnte Ludinow plötzlich. Mehr konnte er nicht mehr sagen. Er war schneller überwältigt, als ich erwartet hatte.
Ich zerrte ihn aus dem Fahrersitz. Er schien zu träumen und leistete keine Gegenwehr. Aus blicklosen Augen starrte er nach vorn, bis er mit monotoner Stimme sagte:
»Der Wasserfall ist auch gefroren. Wir müssen anhalten.«
Ich schaute durch die beheizten Thermalscheiben. Von einem Wasserfall war nichts zu sehen, doch statt dessen entdeckte ich mit meinen Parasinnen einen konturlosen Flugkörper, der mitten auf dem Flußbett aufgesetzt hatte. Ludinow hielt ihn für ein natürliches Hindernis.
»Ja«, entgegnete ich stockend. »Wir müssen anhalten.«
Meine letzte Funkmeldung orientierte den Chef. Eine Antwort erhielt ich nicht mehr. Dazu passierte nun alles viel zu schnell.
6.
Nikolai Ludinow glich einem Roboter. Mit staksigen Schritten ging er auf den Flugkörper zu.
Ich zögerte im Luk des Traktors. Ein Gedanke machte mir zu schaffen. Ich sollte Widerstand leisten wie ein normaler Mensch.
General Reling hatte diesen Befehl vom grünen Tisch aus erlassen. Er konnte nicht genau wissen, was im sibirischen Urwald geschehen war. Natürlich mußte ich mich hüten, meine parapsychischen Fähigkeiten preiszugeben. Dennoch – würden mich die Unbekannten wie einen »normalen« Menschen einstufen?
Wenn ich nicht auf den Pseudo-Wolf geschossen hätte, wären sie wahrscheinlich dazu bereit gewesen. So aber hatte ich etwas getan, was gegen die Regeln verstieß.
Ich folgte meinem Instinkt. Wenn ich den kleinsten Fehler beging, war der Einsatz gescheitert.
Unbeholfen kletterte ich nach unten. Wie ein Schlafwandler tastete ich mit den Füßen nach den vereisten Kunststofftritten. Einen Sprung konnte ich nicht wagen. Ich mußte wenigstens den Eindruck der Benommenheit erwecken. So stieg ich weiter abwärts, bis ich bis zu den Oberschenkeln im Neuschnee versank.
Ludinow war schon zehn Meter entfernt. Hartnäckig kämpfte er sich durch den Schnee.
Ich überdachte nochmals mein Vorgehen. Die suggestiven Impulse schirmte ich soweit ab, daß ich sie nicht als Zwang empfand. Aber ich mußte informiert bleiben.
Ich nahm die durchgeladene Automatik in die Armbeuge und entsicherte mit dem Daumen. Wie hatte ich mich kurze Zeit vorher verhalten? Als der angebliche Wolf am Waldrand erschienen war und Ludinow eine mentale Reaktion gezeigt hatte, war ich einige Schritte auf die Blockhütte zugegangen, um dann überraschend zu schießen.
Ich hatte den Eindruck hervorgerufen, als wäre ich in den ersten Augenblicken ebenfalls »übernommen« worden, um unmittelbar darauf durch irgendwelche Umstände zu erwachen. Wenn ich konsequent bleiben wollte, mußte ich jetzt ähnlich handeln.
Zögernd schritt ich aus. Aus meinem Gebaren mußten die Beobachter bereits geschlossen haben, daß ich schwankte. Meine Gedanken überstürzten sich.
Für meine Unempfindlichkeit mußte es eine Begründung geben. Weshalb reagierte ich nicht vorbehaltlos auf den fremden Zwang? Mir blieb keine andere Wahl, als eine stichhaltige Ausrede zu finden. Wenn ich den Wolf nicht erschossen hätte, wäre alles einfacher gewesen.
Mein simulierter Strahlungsunfall fiel mir ein. War es möglich, daß im menschlichen
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