Offensive Minotaurus
Auf seiner Stirn standen Schweißtropfen.
Hannibal stieß einen seltsamen Laut aus. Barts übermütige Auskunft erheiterte ihn.
Auch Hannibal neigte dazu, seine Mitmenschen bei jeder unpassenden Gelegenheit zu verulken. In Heino Barts schien er eine gleichgesinnte Seele gefunden zu haben.
Die Fremden waren zu unserem Glück nicht in der Lage, den Hohn folgerichtig aufzufassen. Wahrscheinlich hielten sie die unverständliche Auskunft für das Produkt einer medizinischen Bildungslücke. Sie kannten Heino Barts als Techniker.
»Verlassen Sie den Raum«, befahlen die Hypnos.
Barts und Dr. Label zogen sich zurück. Der Rothaarige konnte es aber nicht unterlassen, fachmännisch nach meinem Puls zu greifen und dabei »festzustellen« :
»Schwankungsausschlag im Gehirn-Voltameter. Das ist schlecht.«
Ich war erleichtert, als Barts mitsamt seinen medizinischen Thesen verschwunden war. Die Hypnos gingen ebenfalls, ohne nochmals nach meinem Zustand gefragt zu haben.
Hannibal lag im Bett und lachte. Sein rechter Arm war bandagiert, die Schulterpartie mit transparentem Bioplast verklebt.
»Du scheinst dich schon wieder recht wohl zu fühlen, was?« sagte ich erbost. »Barts ist für meine Begriffe zu leichtsinnig. Es ist gefährlich, diese Intelligenzwesen so zu verhöhnen. Wenn sie ihm einmal auf die Spur kommen, gibt es Schwierigkeiten. Unsere Anschauungen über Witz und Ironie teilen sie bestimmt nicht.«
Der Kleine wandte den Kopf. Der Ausdruck seiner Augen war ernst. Forschend blickte ich in sein sommersprossiges Gesicht. Die zahlreichen Falten und Runzeln hatten sich vertieft.
Sein ohnehin schmächtiger Körper schien mir noch hagerer geworden zu sein. Major MA-23, unser unscheinbarster Einsatzagent, glich mehr denn je einem frühzeitig gealterten Schuljungen.
»Hast du Schmerzen?« fragte ich besorgt. »Die Verletzung war schwer, nicht wahr?«
»Wie kommst du darauf?«
»Leichtere Wunden wären in vierundzwanzig Stunden verheilt gewesen. Du liegst noch immer fest.«
»Der Lungenflügel machte Schwierigkeiten. Wenn Kanopzki nicht hiergewesen wäre, hätte ich dich kaum noch begrüßen können. Großer – wir sollten darüber keine Worte verlieren. Es geht um alles, was uns wertvoll ist.«
Wenn Hannibal in einem solchen Ton sprach, war es Zeit, nebensächliche Dinge zurückzustellen. Ich nickte und überflog mit den Blicken die Decke. Der Raum war einfach eingerichtet.
»Es gibt keine Abhöranlagen. Das habe ich schon festgestellt. Was übrigens Barts’ Verhalten betrifft, so solltest du darin einen passiven Widerstand gegen die Gewalt erkennen. Viele Männer der Marsbesatzung haben sich in einen gewissen Galgenhumor hineingeflüchtet, um nicht den Verstand zu verlieren.«
Ich begann zu verstehen. Die Situation in den Druckblasen des Mars war wesentlich angespannter, als ich angenommen hatte.
»Wie lange sind die Männer schon in Gefangenschaft?«
»Etwa zwei Monate. Das wäre normalerweise nicht lange, aber hier liegt der Fall anders. Sie haben täglich dem Tod ins Gesicht gesehen. Außerdem quälte sie die Ungewißheit über das Schicksal der Menschheit. Bis die ersten von der Erde entführten Wissenschaftler ankamen und Nachrichten mitbrachten, war das Marsteam überhaupt nicht informiert. Jetzt geht es etwas besser, was aber nicht bedeuten soll, daß wir noch viel Zeit zum Handeln hätten.«
»Wie weit sind die Hypnos mit ihren Forschungen?«
»Fast fertig. Sie wissen alles, was für sie wertvoll ist. Mit Kleinigkeiten halten sie sich nicht auf. Sie gehen völlig routinemäßig vor. Bei ihnen sitzt sozusagen jeder Handgriff.«
Hannibals wulstige Lippen verzogen sich schmerzhaft. Er
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