Offensive Minotaurus
ununterbrochen ein, der Chef könnte sich nicht geirrt haben.
Hannibal sprach mich an. Er ahnte, womit ich mich soeben beschäftigt hatte.
»Abwarten«, erklärte er. »Wo bleibt Barts?«
Ich sah wieder auf die Uhr. Er mußte gleich kommen. Von Hypnos war weit und breit nichts zu spüren. Sie wußten, daß ihre menschlichen Gefangenen sicher verwahrt waren.
Kanopzki betrat das Krankenzimmer. Mit einem bedeutungsvollen Blick überreichte er mir dünne Kunststoffleinen und zwei Rollen Klebeband.
»Wenn der Ausbruch entdeckt wird, Sir, ergeht zweifellos der Suggestivbefehl zur Rückkehr in die Druckkuppeln. Sie und MA-23 können sich abschirmen, Barts und Label nicht. Wenn Sie bemerken sollten, daß die Männer plötzlich seltsam reagieren, bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als sie zu fesseln. Sie würden sonst den Zwangsbefehl ausführen.«
»Daran hätte ich nicht gedacht«, gab der Kleine zu.
Ich verstaute die Leinen in der Tasche. Wo blieb Barts? Er mußte Ludinow längst erreicht haben. Ich suchte nach Nikolai, dessen Hirnimpulse ich genau kannte.
Der Kontakt erfolgte nach wenigen Augenblicken. Ich nahm die Schwingungen auf, tastete mich bis zu Ludinows Bewußtseinszentrum vor und – schrak zurück.
Sein Wille war untergraben worden. Ich stellte mich auf seinen Gesichtssinn ein. Jetzt gewahrte ich ein aufgleitendes Schott. Nikolai war auf dem Wege nach draußen. Er achtete nur noch auf die Luftschleuse, die sich soeben vor ihm öffnete. Sein Geist war wie abgestorben.
Hannibal rief mich an. Ich schüttelte den Bann von mir ab.
»Was ist los?« fragte der Arzt erregt. Ich sah sein Gesicht nur verschwommen.
»Gefahr!« antwortete ich stockend. »Ludinow verließ soeben das Lager. Er steht unter Suggestivzwang. Man hat ihn gerufen. Was bedeutet das, Doc?«
Kanopzki legte die Hände vor das Gesicht und stöhnte leise auf.
»Verhör! Die Hypnos sind mißtrauisch geworden. Sie werden ihn befragen und dabei erfahren, wer Sie sind.«
Hannibal wollte auf die Tür zuspringen. Ich hielt ihn fest. Meine Ruhe kehrte zurück. Noch war nicht alles verloren.
»Ich hole ihn zurück, laß mich gehen«, fuhr er mich an.
»Du bleibst! Wir gehen ohne Ludinow. Es liegt nicht mehr in unserer Macht, ihn unauffällig zurückzuholen. Wir sind um eine halbe Stunde zu spät gekommen. Wir brechen sofort auf.«
»Und – und Ludinow?« warf Hannibal ein. Seine Stimme klang rauh.
Ich bemühte mich, nicht an das Schicksal eines einzelnen zu denken. Gleichzeitig erkannte ich, in welche Gewissensnöte ein kommandierender Offizier geraten konnte. Ich durfte unser Vorhaben nicht gefährden. Wenn wir uns jetzt um Nikolai gekümmert hätten, wäre alles verloren gewesen.
»Wir gehen ohne ihn«, wiederholte ich. Kanopzki sah mich an. Er wußte, welchen Kampf ich überstand.
»Ja, Sie müssen«, unterstützte er mich. »Noch wissen wir nicht, ob man Ludinow Ihretwegen gerufen hat. Es kann sich ebensogut um ein normales Verhör handeln. Es ist fällig. Er wird zurückkehren, aber Sie dürfen nicht länger warten, oder die Nacht ist nutzlos verstrichen. Bei Tagesanbruch müßte ich Sie im Kreuzer abliefern.«
Hannibal widersprach nicht mehr. Wir fühlten, daß Kanopzkis Mitteilung eine gnädige Lüge war. Die Hypnos hatten Verdacht geschöpft.
Ich streifte die Leine der Sauerstoff-Flasche über die Schulter und klemmte den Schlauch mit der Atemmaske fest. Zwei Minuten später schlichen wir uns aus dem Notausgang der Klinik. Wir kamen gerade zurecht, um Barts aufzuhalten.
Keuchend lehnte er sich gegen die Wand und erklärte, Ludinow sei unter Zwang aus der Baracke gekommen, als er sie hätte betreten wollen.
»Ich weiß. Wir können nichts mehr daran ändern.
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