Oft
hier so plötzlich aufgetaucht ist, habe ich sowieso damit gerechnet, dass es herauskommt.«
»Möchtest du darüber reden?«
Lauren schüttelte den Kopf. »Nein, im Moment nicht. Ich bin viel zu durcheinander, um einen klaren Gedanken zu fassen.«
»Das ist verständlich. Wenn du jemandem zum Aussprechen brauchst, weißt du, dass ich für dich da bin. – Kann ich sonst etwas für dich tun?«
»Nein, aber danke.« Nach kurzem Zögern fügte Lauren hinzu: »Das heißt, eines könntest du tun – bitte erkläre Callan, dass Ryan keine Schuld daran trägt. Ich will nicht, dass er weiterhin wütend auf ihn ist oder ihn am Ende doch verprügelt. Ich bin verantwortlich für die ganze Situation, sag ihm das.«
Joyce nickte. »Ja, das mache ich.«
Gedankenverloren beobachtete sie Callan, der mit den beiden Jungs im See herumtobte, während sich in ihrem Kopf plötzlich einige Dinge zusammenfügten.
»Liebst du Ryan noch?«, fragte sie nach einer Weile leise.
Lauren zuckte zusammen. »Das tut nichts zur Sache«, sagte sie schroff. Als sie Joyces durchdringenden Blick bemerkte, fügte sie etwas ruhiger hinzu: »Es ist lange her, und es ist besser, nicht an alten Dingen herumzurühren.«
Kurze Zeit später machte Lauren sich mit Timmy und Ben auf den Heimweg. Sie verabschiedete sich von Joyce und ihrem Bruder, und es dauerte nicht lange, bis sie Stillwell erreichten. Nachdem sie Ben mitsamt Hund bei seinen Eltern abgeliefert hatten, fuhren sie die wenigen Straßen bis zu sich nach Hause, und als sie oben in ihrer kleinen Wohnung standen, atmete Lauren ein paar Mal tief durch.
»Okay Süßer, was möchtest du zum Abendbrot haben? Soll ich dir Hamburger machen?«
Timmy runzelte die Stirn. »Mom, stimmt etwas nicht? Ich darf abends sonst nie Burger essen, du sagst doch immer, das ist ungesund.«
Sie lächelte schief. »Ist es auch, aber manchmal kann man eine Ausnahme machen.«
In ihr nagte das schlechte Gewissen und irgendwie hatte sie den Drang, Timmy für etwas entschädigen zu müssen. Natürlich war das absoluter Blödsinn, ihr war völlig bewusst, dass sie das, was sie getan hatte, nicht durch einen Burger gutmachen konnte.
Zum ersten Mal in all den Jahren hatte sie plötzlich das Gefühl, einen Fehler begangen zu haben. Sie war immer überzeugt gewesen, dass ihre Entscheidung richtig und das Beste für alle war. Aber als sie vorhin den Schmerz in Ryans Augen gesehen hatte, waren ihr auf einmal Zweifel gekommen.
Sie wagte gar nicht daran zu denken, wie Timmy reagieren würde, wenn er die Wahrheit erführe. Auch wenn sie in guter Absicht gehandelt hatte, so hatte sie ihm doch seinen Vater vorenthalten, und er war zu klein, um ihre Beweggründe zu verstehen. Es würde ihn sehr treffen, und das musste sie um jeden Preis verhindern.
Sie würde mit Ryan sprechen – gleich morgen. Timmy durfte auf keinen Fall erfahren, dass er sein Vater war.
Nach dem Essen ließ Timmy sich widerstandslos ins Bett verfrachten. Das Herumtoben am See hatte ihn müde gemacht, und es dauerte nicht lange, bis er einschlief.
Liebevoll strich sie ihm über den blonden Haarschopf und betete stumm, dass sie Ryan davon überzeugen konnte, Stillschweigen zu bewahren.
Am Montagmorgen machte Lauren sich bereits früh auf den Weg zur Cactus-Bar. Timmy war in die Schule gegangen, und sie wollte das Gespräch mit Ryan so schnell wie möglich hinter sich bringen. Offenbar hatte er die gleiche Absicht gehabt, denn als sie die Bar betrat, saß er auf einem der Barhocker und starrte ihr schweigend entgegen. Obwohl die Läden vor den Fenstern verschlossen waren, drang noch genug Licht herein, sodass Lauren seine finstere Miene deutlich erkennen konnte.
Unbehaglich schob sie sich auf den Hocker neben dem seinen. Nach wie vor sprach er kein Wort, musterte sie nur stumm, und in seinem Blick lagen so viel Zorn und Verachtung, dass ihr Magen sich schmerzhaft zusammenkrampfte.
»Ich nehme an, du willst mir irgendeine fadenscheinige Erklärung abgeben?«, durchbrach er nach einer Weile die Stille und irgendwie klang er gefährlich ruhig.
»Ryan, ich …«
»Wusstest du es schon, als du mir damals den Laufpass gegeben hast?«, überging er ihre Worte, als hätte er sie überhaupt nicht gehört.
»Ja«, gab sie leise zu. »Ja, ich wusste es, aber …«
Wieder unterbrach er sie. »Dir ist klar, was jetzt passieren wird, oder?«
Eine eisige Hand griff nach ihrem Herzen. »Was hast du vor?«, fragte sie bang, obwohl sie tief in ihrem Inneren
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