Oh, diese Verwandschaft!
die ganze Verlegerbande. »Heutzutage erkennt eben niemand eine ehrliche Arbeit an. Das Manuskript mag ich nicht mehr anrühren.« Das klang sehr eindrucksvoll.
Derek ging dem vergrämten Autor möglichst aus dem Wege; aber eines Tages platzte er heraus: »Können wir denn nie allein sein? Jetzt sind wir fast ein Jahr verheiratet. Ehepaare haben doch auch ein Privatleben.«
»Ja, aber dann langweilen sie sich auf einmal, und einer von ihnen nimmt sich beim Frühstück die Zeitung vor. Dazu haben wir wenigstens noch keine Gelegenheit gehabt.«
Zum erstenmal machte sie ihn nervös. »Sei doch nicht gar so selbstlos! Ich hasse ergebene Dulderinnen. Es ist besser, mal jemandem den Kopf abzureißen.«
Sie war betroffen. Daß er sie tadelte, war neu. Doch sie entgegnete nur: »Ja, die ergebenen Dulderinnen sind langweilig. Demnächst werde ich um mich schlagen, vor allem, wenn ihr, du und Hugh, weiter mit Onkel Joseph streitet. Beim Lunch habt ihr mich fast wahnsinnig gemacht.«
Er lachte und küßte sie auf die Stirn. »Der alte Kerl geht einem auf die Nerven, und ich fürchte, er wird uns noch zwanzig Jahre zur Last fallen.«
»Nicht, wenn erst die Straße verlegt wird. Für eine Tasse Tee wird er keine halbe Meile weit laufen wollen.«
»Das stimmt. Und ich tue, was ich kann, damit sie sich beeilen. Halt uns den Daumen!«
Besänftigt ging er fort. Jedenfalls blieb Laura trotz ihres Anhangs guten Mutes, und im Augenblick schienen sie alle einigermaßen friedlich zu sein. Seit einem Monat hatte es bei Christine keine Aufregung gegeben; Eva war mit ihrem Job und ihren jungen Männern in der Stadt beschäftigt; und Lester hatte mit seinem Buch und seiner angebeteten Janice zu tun. Die weiteren Aussichten schienen günstig.
Weihnachten stand vor der Tür, und Derek dachte: Wenn wir doch nur unser erstes Weihnachtsfest für uns sein könnten! Laura hatte denselben Wunsch. Aber natürlich wurde nichts daraus.
»Zu Weihnachten kommen wir alle heim, wie immer«, erklärte Eva fröhlich, als sie eines Abends anrief. »Wir bringen alle was mit. Ich bringe das Obst für den Salat.«
Die meisten Mitbringsel, zum Beispiel Christines Schinken, mußten erst noch zubereitet werden, so daß Laura mehrere heiße und ermüdende Stunden mit der Vorbereitung für das Festmahl verbrachte. Sie erwachte sehr früh, und es ging ihr durch den Kopf, daß so ein Familien-Weihnachtsfest eigentlich überschätzt würde. Nichts als Strapazen! Sie würde Großmutters Ratschläge und ihre kritischen Anmerkungen vermissen. Sie seufzte so tief, daß Derek sich umdrehte und gleichfalls aufwachte.
»Kein guter Anfang für einen Feiertag«, sagte er. Dann gab er ihr einen Kuß und wünschte ihr fröhliche Weihnachten. Ein wenig schüchtern holte er eine kleine Schachtel unter seinem Kopfkissen hervor. »Es hat ziemlich lange gedauert«, meinte er. »Das ist jetzt endlich dein richtiger Verlobungsring.«
Er war sehr schön, und Laura war überwältigt. »Trotzdem werde ich den anderen auch immer tragen«, sagte sie, als sie ihn über den Finger streifte. »Ach, Derek, ich wünschte...«
»Ich weiß. Ich auch... Wir wären allein, in unserem eigenen Haus.«
Da lachte sie. »Aber denk doch an die armen >Waisen Sie sah so jung und entzückend aus, daß er ihr nicht widerstehen konnte. Deshalb half er ihr, wo er nur konnte: er führte das Gespräch bei Tisch in die richtigen Bahnen; er hielt die verschiedenen Tiere auseinander; er goß einen Drink ein, sobald ein Streit heraufzuziehen drohte; er war einfach ein unübertrefflicher Gastgeber. Laura sagte ihm das, als sie schließlich ins Bett krochen. Das Haus war vollbesetzt mit den »Waisenkindern«, die, bis auf Christine, sämtlich entschlossen waren, für einen oder zwei Tage dazubleiben. Derek stellte fest: »Es ist alles ganz gut gegangen, aber jetzt reicht’s allmählich. Du kannst nicht für den Rest deines Lebens ein Hotel führen.«
»Das will ich auch nicht. Denk an die Straße! Bald werden wir allein sein.«
Er wollte es ihr nur zu gern glauben.
So gab es ihnen einen Schock, als Laura eine Woche später bei Durchsicht ihrer Post ausrief: »Marie Elder kommt zu Besuch! Himmel, das muß Marie Barton sein! Die hatte ich fast vergessen! Sie kann jeden Tag eintreffen!«
Derek fragte mit beunruhigender Sanftmut: »Und wer ist Marie Barton?«
Laura antwortete nicht und las weiter. »Ach Gott, ihr
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