Oh, diese Verwandschaft!
letzter Mann ist auch tot. Nach diesem Brief muß es Norman Elder gewesen sein. Nun hat sie sich entschlossen, nach Neuseeland zurückzukehren und hier zu leben. Sie kommt mit dem Flugzeug und muß schon bald da sein.«
Betont zurückhaltend fragte Derek abermals: »Ich wiederhole: wer ist diese Marie Elder oder Marie Soundso, und warum kommt sie zu uns zu Besuch?«
Laura ließ den Brief sinken und strich sich verwirrt das Haar aus der Stirn. »Ich kann mich ehrlich gesagt kaum mehr an sie erinnern. Aber sie ist eine Kusine von mir.«
»Zum Teufel, schon wieder eine?«
Sie lachte. »Nicht aus dem Zweig der Familie, zu dem die >Waisenkinder< gehören. Ich glaube, sie war eine Nichte von Großvater. Großmutter hatte sie sehr gern. Sie lebte hier, als ich noch klein war, und ehe sie ihre verschiedenen Männer heiratete.«
»Welche verschiedenen Männer?«
»Sie hat hier einen geheiratet — Barton hieß er, glaub ich. Ungefähr ein Jahr später kam er bei einem Jagdunfall ums Leben, und sie kehrte zu Großmutter zurück. Dann heiratete sie einen Engländer, einen sehr vermögenden Mann, und der nahm sie mit nach England. Seinen Namen habe ich vergessen. Er bekam Leukämie und starb nach vier oder fünf Jahren. Danach heiratete sie jemanden namens Norman Elder. Ich erinnere mich, Großmutter sagte, als sie den Brief erhielt: >Hoffentlich hat sie beim dritten Mal Glück.< Und dann sagte sie, daß jeder, der Marie zur Frau bekäme, glücklich sein müßte — aber anscheinend war das bei ihm nicht der Fall; denn vor drei Monaten ist er an einer Lungenentzündung gestorben. Nun hat sie in England alles verkauft und will hierherkommen, um sich umzusehen.«
»Das kommt mir alles verdammt merkwürdig vor. Drei Ehemänner, und alle sind vorzeitig gestorben, und was das schlimmste ist: uns wird noch jemand aufgehalst.«
Betrübt dachte sie: Es ist ihm nicht zum Lachen zumute. Er hat alles gründlich satt. Bald wird er mich auch satt haben. Aber laut sagte sie: »Die wird uns nicht aufgehalst. Ich weiß nicht viel mehr von Marie; aber Großmutter hatte sie sehr gern, und sie schien nicht von der Sorte, die einem zur Last fällt. Sie wird nicht lange bleiben wollen. Sie kann nicht mittellos sein, denn ihr zweiter Mann hinterließ ihr eine Menge Geld. Sie sucht einen Ort, wo sie leben möchte.«
»Wenn es nur nicht zu nahe bei uns ist. Wie sieht sie denn aus? Sie muß doch ziemlich alt sein.«
»Um die fünfzig, nehme ich an. Vor etwa fünfzehn Jahren übersiedelte sie mit ihrem zweiten Mann nach England. Ich weiß, ich ging damals noch zur Schule. Zu der Zeit waren immer so viele Leute hier, daß ich mich nicht mehr sehr gut an sie erinnern kann.«
»Ja, Mrs. Stapleton hat sie alle um sich versammelt und hat uns eine Menge von ihnen vererbt. Wann kommt sie an?«
»Sie schreibt, sie wolle uns von Auckland aus anrufen. Wenn ich mich nur besser auf sie besinnen könnte! Sie war, glaube ich, groß und ein bißchen steif und ziemlich ernst.«
Wie man sich doch so irren kann! dachte sie, als sie einige Tage später Mrs. Elder begrüßte.
Mrs. Elder war eine kleine hübsche Frau, die schnell und gewandt aus dem Auto sprang; sie hatte blaue Augen und silberweißes Haar, eine blendende Figur und war sehr elegant gekleidet. Sie machte kein Hehl aus ihrem Alter und war doch stolz, daß man es ihr nicht ansah. »Obgleich mir in diesem halben Jahrhundert eine ganze Menge aufgeladen wurde«, wie sie am Abend Laura erzählte. Ihre Gastgeberin stellte erleichtert fest, daß Marie eine höchst verständige und praktische Person mit viel Humor war.
»Ich kann mich gut an dich als kleines Kind erinnern, als ich bei Kusine Ada lebte. Aber du wirst kaum mehr eine Erinnerung an mich haben. Eigentlich ist es ein bißchen aufdringlich, daß ich so einfach zu dir komme. Aber ich wollte dich so gern sehen und auch das alte Haus wiedersehen. Ich war hier sehr glücklich; hier habe ich meinen ersten Mann kennengelernt.« Ruhig fuhr sie fort: »Diese Ehe war die glücklichste von meinen drei Ehen. Wir liebten uns sehr, weißt du. Es dauerte nur ein Jahr, und wir hatten nur ganz wenig Geld; aber es war eine sehr glückliche Zeit.«
Laura schloß sie gleich ins Herz und fand sie unterhaltend und sympathisch. Zu ihrer Erleichterung stellte sie fest, daß auch die Männer sie gut leiden konnten. Derek und Hugh freundeten sich schnell mit ihr an, und Joseph begann plötzlich, Wert auf sein Äußeres zu legen.
Es dauerte nicht lange, bis Marie
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