Oh Happy Dates
Verschwitzte.
»Nein. Und du?«
»Meine Güte, ja! Schon acht Mal.«
Kein gutes Zeichen.
Der Typ aus der gehobenen Mittelschicht scheucht uns an unsere Plätze. Die Frauen bleiben den ganzen Abend über am selben Fleck sitzen, die Männer rotieren. Das Mädchen, das vor mir in der Runde sitzt, ist klein und sieht aus wie eine Spanierin, neben der ich nur verlieren kann. Der Platz nach mir ist leer und wartet vermutlich darauf, dass Julia ihn einnimmt. Mein Platz ist unglaublich unbequem. Ich befinde mich auf einer komischen kleinen Zwischenebene, eingeklemmt zwischen einem großen silbernen Masten und einer DJ-Kabine. Wenn ich meinen Hals recke, um zu sehen, ob Männer gekommen sind, die man gern anbeißen möchte, schlage ich mir ständig den Kopf am Mast an.
»Mist«, schimpfe ich und reibe mir gerade den Kopf, als ich Julia erspähe, die mit gerötetem Gesicht den Raum betritt. Julia ist umwerfend. Sie hat langes, dunkles welliges Haar, einen vollen Schmollmund und sehr große Brüste. Wäre sie Opernsängerin, würde sie immer die Carmen singen. Ob sie sich zum Speed-Dating eignet, weiß ich nicht so recht. Sie geht zwar immer wieder mit Männern aus, neigt aber dazu, sich schon beim ersten Treffen zu langweilen. Dann schläft sie normalerweise mit ihnen und sucht sich dann den Nächsten.
»In was hast du mich da reingezogen, Sare? Hast du gesehen, in was für einem Zustand die Männer sind? Was sollen wir mit denen nur reden?«
»Ich dachte, ich frage sie, ob sie irgendwelche Witze kennen, ich hasse diese ganzen ›Was machst du denn so?‹-Fragen.«
»Ja, ich auch. Was soll ich sagen?«
»Frag sie, was sie in ihrem Kühlschrank haben, und welches Sternzeichen sie sind«, empfehle ich ihr.
»Okay, dann können wir am Ende unsere Aufzeichnungen vergleichen. Ich möchte mir nur noch was zu trinken holen, bevor es losgeht. Was willst du?«
»Ein Glas Weißwein. Prost.«
»Ich hatte nach der Arbeit ein paar Cocktails und fühle mich ein wenig beschwipst.« Sie kichert und schwankt gegen meinen Mast.
Sie geht an die Bar und fängt sofort ein Gespräch mit zwei Männern an, die mir noch gar nicht aufgefallen sind. Sie scheinen Freunde zu sein und machen ganz den Eindruck, als könne man Spaß mit ihnen haben. Sie sind unrasiert und tragen ziemlich abgewetzte, teuer aussehende Turnschuhe. Der, dem ich den Vorzug gebe, hat braune Locken und ein Grübchen am Kinn. Er trägt ein blassrosa
Hemd. Ich liebe Männer in Pink. Über dem obersten Knopf sehe ich dunkles Brusthaar herausquellen. Ich liebe Brusthaar. Der andere steht hinter Julia und starrt ihr unverfroren ins Dekolleté. Ich denke gerade »Was für ein dreister Kerl«, als Julia plötzlich ihren Kopf nach hinten wirft und ihm damit einen Schlag auf die Nase verpasst. Ich muss lachen. Ich habe kein damenhaftes Lachen. Mein Lachen ist schmutziger als mein Zimmer. Mein Lachen ist schmutziger als eine Möwe auf der Müllhalde. Es ist schlimm. Ich lache so sehr, dass mir ein wenig Bier in die Nase steigt und ich niesen muss. Während ich nach Luft ringe, schaut der stoppelbärtige Mann im rosa Hemd zu mir her. Er lächelt. Ich versuche zurückzulächeln. Das ist nicht leicht, wenn man sich verschluckt hat. Ich freue mich über das Lächeln, obwohl ein Erste-Hilfe-Manöver angemessener gewesen wäre. Julia kommt mit meinem Wein angelaufen.
»Meine Güte, jetzt habe ich diesen umwerfenden Typen vor den Kopf gestoßen! Hast du ihn gesehen? Er ist wirklich süß.«
»Hm, ja, das sind sie beide«, sage ich mit funkelnden Augen.
»Vielleicht wird es doch nicht so schlimm.« Sie zieht ihr T-Shirt nach unten, um noch mehr Dekolleté zu enthüllen. Ich trage Lipgloss auf.
Die Pfeife ertönt. Die Schlacht beginnt. Mein erster Kombattant ist ein großer Mann mit einem Wackelbauch. Er quetscht sich um den Mast.
»Hallo.« Ich lächele ihn an.
»Oh, hi«, sagt er. Es folgt eine lange Pause. Die Kakofonie militanter Freundlichkeiten wird übertönt vom schwülstigen Geleier eines alten Keane-Albums. Es schockiert mich, dass man diese Musik für das Speed-Dating
gewählt hat. Jede Frau weiß doch, dass man sich Keane nur anhören sollte, wenn man in den frühen Morgenstunden vom Haus seines betrügerischen Freundes wegfährt.
»Na«, sage ich, »ziemlich ätzend, oder? Kennst du irgendwelche Witze?«
»Äh … nicht wirklich … Mal ganz ehrlich, ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt hier sein will. Ich hatte richtig Angst. Meine Freundin hat mich letzte
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