Oh Happy Dates
Woche verlassen, und es tut immer noch weh.«
»Ach, du Armer«, sprudelt es aus mir heraus. »Das ist wirklich schlimm. Aber ich denke, es ist gut, dass du gekommen bist, manchmal muss man die Angst spüren und es trotzdem tun, weißt du, aus dem Bereich heraustreten, in dem man sich sicher fühlt. Vielleicht lernst du ja Freunde kennen. Alle hier haben Angst. Schau dir doch nur die Schweißränder bei diesem Mädchen an, und sag mir dann, dass sie keine Angst hat.«
Mir wird klar, dass das Deuten auf die Schweißränder eines anderen Mädchens kein netter Zug ist, aber ich bringe Wackelbauch damit zum Lachen und denke, Gott wird es mir verzeihen. Am Ende führen wir ein dreiminütiges Gespräch über Schmerz. Die Pfeife ertönt wieder, und mir gegenüber sitzt der nächste Mann. Ich schwöre, er könnte einen Job als Double von Ian Beale aus der BBC-Serie EastEnders kriegen.
»Wow«, platze ich sofort los. »Weißt du, wem du wirklich ähnlich siehst?«
Er starrt mich an. Dann holt er zweimal tief Luft. Dann ein drittes Mal, noch tiefer. Dann sagt er: »Ich hätte nicht herkommen sollen. Ich glaube nicht, dass ich das noch länger durchhalte.« Dabei schüttelt er heftig den Kopf. »Wenn ich heute noch mal höre, dass ich wie dieser verdammte Ian Beale aussehe, könnte ich gewalttätig werden.
Irgendwann kommt man an den Punkt, wo es einem reicht. Verstehst du?« Er ist sehr angespannt. Mir fällt keine Erwiderung ein. Aber sagen muss ich was, weil ich denke, er könnte mich sonst umbringen oder sich selbst.
»Ja, ich weiß. Zu mir sagen auch immer alle, ich sähe jemandem unglaublich ähnlich. Es ist immer eine andere Person und nie eine Berühmtheit. Üblicherweise heißt es: ›Oh, Sie sehen aus wie diese Frau aus dem Drogeriemarkt, die mir immer zu wenig rausgibt‹ oder so. Es ist ein Albtraum«, quatsche ich auf ihn ein. Er schaut mich nur an. »Kennst du irgendwelche Witze?«, ergänze ich sanft.
»Frag mich, ob ich eine Orange bin«, sagt er mit ausdrucksloser Miene.
»Bist du eine Orange?«, sage ich langsam.
»Nein.«
Ich warte auf den Rest. Er sagt nichts mehr. Ich versuche zu lachen. Wirklich. Dann trinke ich meinen Wein zu rasch. Die drei Minuten quälen sich dahin.
»Was machst du?«, fragt er mich.
»Ich bin Schauspielerin.«
Ich sage den Leuten nur ungern, dass ich Schauspielerin bin, weil sie darauf nur zwei Reaktionen kennen. Die eine ist Mitleid – »Oh, Sie armes Ding, das ist ja so ein schwerer Beruf, die Schwester der Freundin meines Neffen ist auch Schauspielerin. Armes Mädchen! Sie hat seit Jahren nicht mehr gearbeitet. Vergangene Weihnachten hat sie versucht, sich umzubringen. Ein derart schwerer Beruf« – oder sie fragen: »Waren Sie schon mal im Fernsehen?«
Das Ian-Beale-Double merkt jetzt auf. »Ach ja, mein Freund ist auch Schauspieler.« Dann fällt sein Gesicht wieder zusammen. »Nun, er war es. Er hat jetzt aufgegeben und ist Verkaufsleiter bei T-Mobile geworden.«
Ich treffe acht weitere Männer. Ein paar davon sind ganz nett. Ich würde zwar keinen von ihnen nackt sehen wollen, aber ich höre ein paar gute Witze.
Wieder geht die Pfeife, und ich darf fünfzehn Minuten lang Pause machen, ehe ich zurück an die Front muss. Ich lege meinen Kopf in die Hände. Julia steht schwankend über mir.
»Also wie ist es? Ich bin ein bisschen angeschickert.« Sie hat Schluckauf.
»Das willst du gar nicht wissen«, sage ich kopfschüttelnd. »Erzähl mir, was sie im Kühlschrank haben.«
»Die reden alle Quatsch und behaupten, es wären probiotische Drinks und Hühnchen drin.« Unser Kühlschrank zu Hause ist tatsächlich mit probiotischen Drinks und Hühnchen gefüllt. Simon lässt mir nur ganz wenig Platz für mein abgelaufenes Kichererbsenmus. Ich erzähl ihr einen der Witze. Sie meint daraufhin, mein Humor sei abartig. Ich hole mir Wein. Als ich von der Bar zurückkomme, bemerke ich, dass Julias Augen auf den Boden fixiert sind.
»Alles klar mit dir?«, frage ich.
»Deine Schuhe!«, stöhnt sie, ohne den Blick davon abzuwenden.
»Gefallen sie dir? Die habe ich mir heute gekauft.«
»Das sind aber richtige Aufreißerschuhe!« Sie seufzt anerkennend.
»Ich fand, dass ich für meine Abenteuer ein paar neue Schuhe haben musste«, strahle ich.
Es wird gepfiffen, und wir müssen zurück zu unserer Folter.
»In dieser Runde kommen die heißen Typen zu uns!«, flüstert Julia aufgeregt. Ich trage rasch noch mal Lipgloss auf.
Nach dem alten Keane-Album spielen sie
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